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Robin schüttelte den Kopf.

»Nun, dieser Ring gehört einem Ismailiten, ganz ohne Zweifel, und wie es aussieht, keinem gewöhnlichen Krieger oder Kaufmann. Du zusammen mit dem Ring bist die kostbarste Ware, die ich je besessen habe.«

Ismailiten? Salim hatte ihr erklärt, er sei ein Tuareg, und er wusste so viel über dieses stolze Wüstenvolk zu erzählen, dass ihr niemals auch nur der leiseste Zweifel am Wahrheitsgehalt seiner Behauptung gekommen war. Aber auf der andern Seite hätte er ihr ebenso gut erzählen können, er stamme vom Mond, und sie hätte es vermutlich auch geglaubt. »Was sind Ismailiten?«

»Du wirst sie kennen lernen«, erwiderte Omar, während er wieder zum Fenster schlenderte und hinaussah. Er fuhr fort, ohne sich zu ihr herumzudrehen: »Ich war in den vergangenen Tagen unterwegs, um deine Freunde zu benachrichtigen. Darüber hinaus hat auch Al-Malik al Mustafa Omar, der Herrscher über diese Stadt, Interesse an der wunderschönen weißen Sklavin bekundet, von der er gehört hat. Ich bin noch nicht sicher, wem ich den Zuschlag geben werde. Die Ismailiten sind mächtig und einflussreich und niemand möchte sie zum Feind haben, aber Al-Malik ist nicht nur der Herrscher über diese Stadt, er ist auch ein Neffe Sultan Saladins.« Omar drehte sich nun doch zu ihr herum und sah sie nachdenklich an. »Wer weiß, vielleicht schicke ich auch noch einen Boten in die mächtige Burg deiner Freunde nahe Hama, um die Prinzessin, die man in einem Rittergewand aus dem Meer gefischt hat, zum Verkauf anzubieten.«

In seiner Stimme war plötzlich etwas Lauerndes, ein Unterton, der Robin warnte und sie davor bewahrte, die unbedachte Antwort zu geben, die Omar zweifellos hatte provozieren wollen. Schweigend hielt sie seinem Blick stand, schließlich zuckte Omar mit den Schultern, stieß sich von der Wand neben dem Fenster ab und ging mit langsamen Schritten zur Tür.

»Harun al Dhin wird später wieder zu dir kommen«, sagte er. »Ich rate dir, seinen Lektionen aufmerksam zu folgen, denn wenn der Neffe Saladins dich ersteigern sollte, dann wäre es besser für dich, wenn du mehr als blasse Haut und goldfarbenes Haar zu bieten hättest. Das Leben einer Haremsdame, deren Herr das Interesse an ihr verloren hat, kann sehr unerfreulich sein.«

»So wie das Leben einer Sklavin, deren Ziehsohn sein Interesse an ihr verloren hat?«, fragte Robin.

Omar blieb mitten im Schritt stehen und drehte sich zu ihr herum. In seinen Augen blitzte es auf. Für einen Atemzug verdüsterte Wut sein Antlitz, und Robin wäre nicht überrascht gewesen, hätte er sie geschlagen. Dann aber entspannte er sich wieder und sagte: »Gegen die, die man am meisten liebt, muss man manchmal am grausamsten vorgehen, wenn man als gerechter Herr gelten will. Naida hat mich beschämt und gedemütigt. Glaube mir, dass der Schlag, den ich ihr versetzt habe, mich mehr schmerzt als sie. Aber wenn ich sie ungestraft davonkommen lasse, wird vielleicht ein anderer Sklave herauszufinden versuchen, wo seine Grenzen sind. Und ihn müsste ich dann töten lassen.« Er deutete zum Fenster. »Du solltest dich nicht zu oft dort zeigen. Und wenn, dann verschleiere dich. Es sei denn, du willst mit ansehen, wie ich diesem leichtsinnigen Trottel dort unten die Augen ausstechen lasse.«

9. KAPITEL

Der Tag neigte sich dem Ende zu. Robin war müde, sie hatte Kopfschmerzen, jeder Muskel in ihrem Leib tat weh und sie hatte sowohl Omar als auch Naida, ja selbst das Geheimnis um ihren Ring, vergessen, denn sie war seit mehr als zwei Stunden voll und ganz damit beschäftigt, sich Haruns Beschimpfungen und Vorwürfe anzuhören. Außerdem musste sie erdulden, dass Aisha den Forderungen ihres Herrn mit unnötiger Härte Nachdruck verschaffte. Sie wusste nicht, ob es an ihrem Ungeschick lag oder ob Omar ihrem Tanz- und Anstandslehrer entsprechende Anweisungen gegeben hatte; jedenfalls kam ihr Harun al Dhin an diesem Tag weit weniger geduldig und auch nicht annähernd so großherzig vor wie bei ihrem ersten Zusammentreffen. »O Allah, was habe ich nur getan, dass du mich so hart strafst?«, wimmerte er gerade. »Eher bringe ich einem dreibeinigen Kamel das Tanzen bei als dieser Ungläubigen!«

Schnaufend und wie ein Berg aus Fleisch, dessen Fundament langsam unter seinem eigenen Gewicht nachgibt, ließ sich Harun auf einem Stapel Kissen nieder. Aisha, die bislang unmittelbar hinter Robin gestanden hatte, um sie mit wachsendem Vergnügen herumzuschubsen, zu kneifen oder ihr auch schon mal einen Schlag zu versetzen, wenn sie nicht schnell genug reagierte, eilte an seine Seite und begann, ihm mit einem Fächer aus bunten Federn Luft zuzufächeln. Harun japste, als stünde er kurz vor dem Erstickungstod, und legte den Kopf in den Nacken.

»Komm her zu mir, meine Heimsuchung«, keuchte Harun und winkte Robin zu sich. Sie wartete lange genug, um sicher zu sein, dass er sich über ihr Zögern ärgerte, dann trat sie gehorsam näher.

»So schwer kann es doch nicht sein, zwei Schellen im Takt deiner Tanzschritte zu schlagen«, sagte Harun mit weinerlicher Stimme. »Obwohl... wenn ich es mir recht überlege, war es ja vielleicht im Takt deiner Schritte.«

Robin erwiderte vorsichtshalber nichts. Vermutlich hatte Harun Recht. Die Schellen, von denen er sprach, waren etwas mehr als münzgroße, nach innen gewölbte Silberplättchen, die mittels kleiner Lederschlaufen an ihren Daumen und Mittelfingern befestigt waren, sodass sie klingelnde Töne abgaben, wenn sie die Finger aneinander schlug. Robin kam sich ziemlich albern dabei vor, aber das galt ja nahezu für alles, was Harun al Dhin von ihr verlangte.

Auf ihr Schweigen hin seufzte Harun abermals tief, scheuchte Aisha mit einer unwilligen Geste davon und schlug mit der anderen Hand auf das Kissen neben sich. »Setz dich zu mir, Kind. Ich werde dir zeigen, wie man die Schellen benutzt. Sieh genau hin.«

Robin zögerte erneut - nicht ganz so lange diesmal -, dann ließ sie sich widerwillig neben ihrem Lehrer auf den Boden sinken, jedoch nicht auf das Kissen. Harun registrierte auch diesen kleinen Akt des Ungehorsams sehr wohl, beließ es jedoch bei einem ärgerlichen Zusammenziehen der Augenbrauen. »Deine Hände«, verlangte er.

Robin streckte gehorsam die Arme aus.

Harun machte sich einen Moment an ihren Händen zu schaffen. Es war ein sehr unangenehmes Gefühl. Seine Haut war verschwitzt und fühlte sich klebrig an. Plötzlich beugte er sich weiter vor und verdrehte Robins Hände mit einem Ruck so, dass er ihre Handflächen betrachten konnte. Er tat es ziemlich lange und aufmerksam und schüttelte mehrmals verwundert den Kopf.

»Sieh dir das an, Aisha«, sagte er.

Aisha folgte der Aufforderung und Harun fuhr in aufgeregtem Ton fort: »Ihre rechte Hand ist auf der Innenseite voller Schwielen. An der linken Hand sieht man jedoch nichts dergleichen.« Er ließ Robins Arme los. »Was für Arbeiten hast du verrichtet, Weib?«

Robin druckste einen Augenblick verlegen herum und beschimpfte sich selbst in Gedanken dafür, nicht auf diese Frage vorbereitet gewesen zu sein. Schließlich war es nicht das erste Mal, dass Harun sich mehr oder weniger verwundert darüber äußerte, dass sie sich eher wie ein Mann bewegte. Sie schwieg. Sie hatte es sich zur Gewohnheit werden lassen, kaum mehr als die Hälfte von Haruns Fragen zu beantworten, und von dieser Hälfte wiederum nur einen geringen Teil zu seiner Zufriedenheit. Vermutlich hielt er ihr Schweigen auch jetzt nur für Verstocktheit, was ihr nur recht sein konnte.

»Das ist wirklich seltsam«, sagte Harun. »Wärst du ein Mann, dann würde ich sagen, das ist die Hand eines Kriegers, der lange Zeit täglich mit dem Schwert geübt hat, während er um den linken Arm einen Schild geschnallt hat.« Er starrte Robin so durchdringend an, dass sie sich ertappt fühlte. Verzweifelt überlegte sie, wie sie sich herausreden konnte, aber Harun nahm ihr die Mühe ab, denn plötzlich warf er den Kopf in den Nacken und fing lauthals an zu lachen.

»Aber wer hätte je von einem Weib gehört, das im Schwertkampf unterrichtet wurde? Das hieße, den Willen Allahs und den des Propheten zu verhöhnen.«