Das war ein Witz. Zu schade, dass niemand sonst in diesem Sternensystem darüber lachen kann.
Eine weitere Nachricht ging ein, diesmal von Sub-CEO Akiri von der C-448. »Madam C- entschuldigen Sie, Madam Präsidentin, es hat eine unerwartete Entwicklung gegeben.« Akiri ließ eine Pause folgen und genoss es sichtlich, der Überbringer einer wichtigen Nachricht zu sein, während die Kunstpause Iceni schnell vor Wut kochen ließ. »Einer der Jäger, die mit der C-625 unterwegs waren, ist nicht mit den anderen mobilen Streitkräften ins Hypernet-Portal geflogen. Er ist im System geblieben, und eben haben wir eine Mitteilung von HuK-6336 erhalten, wonach man die ISD-Agenten und Anhänger der Syndikatwelten an Bord überwältigt hat und sich uns anschließen will. HuK-6336 meldet erhebliche Verluste bei der Überwältigung der Schlangen und der Loyalisten, aber sämtliche Ausrüstung soll funktionstüchtig sein.«
»Gut«, erwiderte Iceni. »Was ist mit unseren drei Jägern, die der C-625 gefolgt sind?«
»Die sind immer noch gut eine Lichtstunde vom Hypernet-Portal entfernt und warten auf neue Befehle.«
»Sagen Sie ihnen, sie sollen ihre Mission in die umliegenden Sternensysteme fortsetzen. Ich muss wissen, was in Lono, Taroa und Kahiki los ist. Weisen Sie die Befehlshaber dieser drei Jäger noch einmal ausdrücklich darauf hin, dass jeden, der weitere Kriegsschiffe für unser System rekrutiert, eine angemessene Belohnung erwartet.«
»Ja, Madam Präsidentin.« Akiri schaute ein wenig enttäuscht drein, wohl weil er keine Chance auf eine solche Belohnung hatte. Aber sie würde ganz sicher keinen ihrer Schweren Kreuzer in ein anderes System schicken, wenn sie jedes Schiff hier bei Midway brauchte.
Tja, diese Neuigkeiten waren alle nicht weltbewegend. Ein einzelner Jäger war nicht sonderlich nennenswert, was seine Kampftauglichkeit anging. Trotzdem war das eine erfreuliche Entwicklung, und sie würde den Jäger ganz sicher nicht wegschicken, schließlich brauchte sie jedes einzelne Kriegsschiff. Ich habe gut gespielt. Möchte wissen, ob Drakon eine Vorstellung davon hat, was ich ihm alles nicht gesagt habe; vor allem, was meine Sorge angeht, wie eine so kleine Flotte einen Versuch der Syndikatwelten abwehren soll, das Sternensystem wieder einzunehmen. Es heißt, die Sterne helfen denen, die sich selbst helfen, aber unsere Werften können wegen der Größe nur sehr bedingt maximal Schwere Kreuzer bauen, und davon auch nur dann zwei zur gleichen Zeit, wenn sie von mir die Anweisung bekommen, nichts anderes zu produzieren. Die Regierung auf Prime hätte früher oder später von der Revolte erfahren, aber die C-625 bringt diese Nachricht viel schneller zum Empfänger als erhofft. Dank Black Jack verfügt Prime nicht mehr über viel Material, allerdings ist auch gar nicht so viel nötig, um unsere kleine Flotte zu überrennen. Meine Jäger werden noch einige Zeit brauchen, ehe sie die Sprungpunkte erreicht haben, durch die sie zu den vorgegebenen Sternen gelangen. Zeit, die ich mir eigentlich nicht leisten kann.
Wenn wir nicht bald weitere Kriegsschiffe bekommen, könnte das eine sehr kurzlebige Revolution gewesen sein.
Sieben
Drei Tage ohne Katastrophen. Drei gute Tage in Folge.
Drakon saß über die neuesten Berichte gebeugt. Die Bürger zeigten sich begeistert von der Aussicht auf echte Wahlen für Volksvertreter auf den unteren Ebenen. Die Propaganda, die den Leuten einreden sollte, dass es nur zu ihrem Besten war, wenn man diesen Prozess mit Bedacht und Sorgfalt anging, schien zu wirken, da sich keine Hitzköpfe zu Wort meldeten, die alles sofort haben wollten. Vorsichtshalber wurden eventuelle Hitzköpfe zusätzlich von der Polizei beobachtet, damit man sie rechtzeitig auf die harte Tour abkühlen konnte, wenn sie zu überhitzen drohten.
Er unterbrach seine Arbeit und betrachtete ein Video, das Schlangenfamilien zeigte, wie sie in das Handelsschiff verfrachtet wurden, das sie nach Prime bringen sollte. Scharen von Schaulustigen beobachteten den Start der Shuttles und jubelten ausgelassen. Nachdem das Blut der eigentlichen Schlangen vergossen worden war, schienen sich die Leute erst einmal damit zu begnügen, deren Angehörige aus dem Sternensystem zu vertreiben. Während sich die Shuttles dem Handelsschiff näherten, zeigten die virtuellen Fenster der Passagierabteile Bilder von Dutzenden Schweren Kreuzern und zahlreichen kleineren Kriegsschiffen, die den Planeten anflogen oder sich im Orbit aufhielten. Der größte Teil dieser Schiffe war nichts als Illusion, aber es war zu hoffen, dass die Familien sich davon täuschen ließen und von einer entsprechenden Armada berichteten, sobald sie nach ihrer Ankunft auf Prime verhört wurden. Eine gute Idee Icenis. Ich wünschte nur, wir könnten uns sicher sein, dass wir tatsächlich jede Schlange in diesem System eliminiert oder zumindest aufgespürt haben.
Eigentlich bin ich ja davon überzeugt, dass uns genau das nicht gelungen ist. Da draußen sind noch mehr von ihrer Art unterwegs. Aber wenn die vier übergelaufenen Schlangen, die ich versteckt habe, mit jemandem von diesen anderen Kontakt aufnehmen, werde ich das augenblicklich erfahren. Allerdings habe ich meine Zweifel, dass sie etwas mit irgendeiner Art von streng geheimem Programm zu tun hatten. So haben diese Vipern nicht gearbeitet. Die haben vor den eigenen niederrangigen Arbeitern genauso viel geheim gehalten wie vor uns.
Alles schien bestens zu laufen, doch Iceni präsentierte sich mit jedem Tag etwas ungehaltener und gereizter. »Malin«, rief Drakon über das Komm-Band. »Gibt es etwas Neues darüber, was Präsidentin Iceni derzeit macht?«
»Ich habe vor Kurzem herausgefunden«, erwiderte Malin, »dass der Befehlshaber über einen der Schweren Kreuzer, ein Mann namens Akiri, auf einen Posten auf der Planetenoberfläche versetzt wurde. Sein neuer Titel lautet ›Berater der Präsidentin in Angelegenheiten der mobilen Streitkräfte‹.«
»Berater der Präsidentin? Und was genau macht er?«
»Wir haben keine Angaben zu seiner Tätigkeit, General.«
Ein Posten ohne genauen Aufgabenbereich? Ha! Dieses Manöver kenne ich. Iceni wollte Akiri ohne großes Theater loswerden, also hat sie ihn »befördert« und ihm einen bedeutungslosen Posten gegeben. »Was wissen wir über diesen Akiri?«
»Unauffällige Personalakte, kein Mentor oder Sponsor bekannt. Befehlshaber über diese Einheit war für ihn der höchste Posten, in den er aufsteigen konnte.«
Das passte zusammen. Wenn in ein paar Monaten niemand mehr davon Notiz nahm, würde Iceni diesem Akiri vermutlich irgendeine harmlose Arbeit zuteilen, die seinen begrenzten Talenten entsprach. »Wer hat jetzt das Kommando über den Kreuzer?«, wollte Drakon wissen.
»Eine Executive namens Asima Marphissa, die bisherige Stellvertreterin. Sie wurde zur Sub-CEO befördert. Es gibt einige Senior Executives, die zugunsten von Marphissa übergangen wurden.«
»Hmm. Das hört sich ja ganz so an, als würde Präsidentin Iceni diese Marphissa auf größere Dinge vorbereiten.«
Malin nickte und starrte nachdenklich in die Ferne. »Die neue Flottenbefehlshaberin?«
»Könnte sein, aber damit wird Iceni bestimmt noch ein oder zwei Monate warten wollen, um den Schein zu wahren. Immerhin hat sie diese Marphissa Leuten vorgezogen, die einen höheren Dienstgrad vorweisen können. Versuchen Sie mehr darüber zu erfahren, wieso Iceni ein solches Interesse an dieser Frau hat und ob es eine Beziehung zwischen Gönner und Begünstigtem sein könnte.«
»Jawohl, Sir. Sonst noch etwas?«
Drakon zögerte. »Präsidentin Iceni kommt mir in letzter Zeit zunehmend ungehalten vor. Gibt es irgendeinen Anhaltspunkt dafür, dass ihr etwas nicht behagt?«
»Sie ist Morgan begegnet, Sir.«
»Sehr witzig. Ich habe mit Morgan schon eine hochexplosive Frau am Hals, ich brauche von der Sorte keine zweite in der Gestalt von Präsidentin Iceni. Es entspricht nicht dem Verhalten, das ich von ihr kenne. Deshalb glaube ich, etwas beunruhigt sie ganz erheblich. Versuchen Sie dahinterzukommen, was das sein kann.«