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Ah, darum ging es also? Selbst sie wusste, dass sie nichts gegen Colonel Rogero, Kai oder Gaiene unternehmen konnte, wenn sie das nicht vorher mit Drakon abstimmte. Und wie es schien, war sie auch noch dahintergekommen, dass Drakon über Rogero längst Bescheid wusste. Das konnte ihr nur Malin erzählt haben, und mit Sicherheit hatte er sich daran geweidet, ihre Reaktion beobachten zu können.

Betont gelassen lehnte Drakon sich nach hinten, während er antwortete: »Colonel Rugero hat ein paar Jahre lang für den ISD gearbeitet.«

»Und das haben Sie mir nicht gesagt?« Morgan kochte vor Wut und wirkte zudem noch äußerst gefährlich.

»Ich dachte mir, Sie finden es schon heraus.«

»Aber Sie haben es Malin gesagt.«

»Er hat es auch herausgefunden«, erwiderte er und verkniff sich ganz bewusst den Zusatz »lange vor Ihnen«. Als die Nachricht an Rogero eingegangen war, während die Allianz-Flotte das Sternensystem durchquerte, war es letztlich unvermeidbar gewesen, dass Morgan und Malin früher oder später auf die Quelle des Ganzen stoßen würden.

Morgan beugte sich vor und stützte sich auf seinem Schreibtisch ab. Sie war wütend, aber es schimmerte auch Neugier durch. »Wieso? Wieso lebt Rogero noch? Er hat die Schlangen mit Informationen versorgt. Er hätte uns alle auffliegen lassen können, bevor wir die Vipern erledigen konnten.«

»Nein.« Drakon bewahrte weiter die Ruhe. »Ich wusste vom ersten Tag an, dass Rogero vom ISD angesprochen worden war. Sie haben ihn mit Drohungen zur Mitarbeit gezwungen. Er hat ihnen nur das erzählt, was sie über mich erfahren sollten. Rogero hat mitgeholfen, die Schlangen glauben zu lassen, dass ich nicht irgendwelche Pläne schmiede.«

»Dann war er Ihr Agent? Und die Schlangen haben geglaubt, er spioniert für sie? Und was ist mit der Tatsache, dass Rogero sich mit einem Miststück aus den Reihen der Allianz eingelassen hat?«

»Darüber wusste ich auch Bescheid. Ich wusste davon, als ich Rogero unter mein Kommando zurückholte, wofür ich etliche Hebel in Bewegung setzen musste. Die Regierung wollte Rogero als Aufpasser in einem Arbeitslager auf irgendeinem mörderischen Planeten verrotten lassen. Dort lernte er auch diese Offizierin der Allianz kennen. Nachdem man ihn dorthin versetzt hatte, weil er in einer Krisensituation seinen Verstand benutzte, anstatt blindlings den Vorgaben zu folgen.« Drakon griff nach seiner Tasse und trank einen Schluck Kaffee. »Ich redete einem Executive der Schlangen ein, er solle doch Rogero als Quelle gegen die Allianz einsetzen, und daraufhin half der ISD mir, das Ganze über die Bühne zu bringen. Der ISD arrangierte die Freilassung dieser Frau, und Rogero tauschte mit ihr anschließend Informationen aus. Ich wusste, dass er auch über mich Berichte abliefern sollte, aber auf diese Weise kannte ich einen der Spione des Sicherheitsdienstes.«

»Sie haben mit den Schlangen zusammengearbeitet, um sich einen Spion in Ihre eigenen Reihen zu holen?« Morgan schwieg einen Moment, dann musste sie lachen. »Sie sind verrückt!« Ihr Tonfall klang, als sei er mit einem Mal der begehrenswerteste Mann der Galaxis.

Unwillkürlich musste er grinsen. »Ich bekenne mich schuldig.«

»Gut so. Dann wurde Rogeros Allianz-Flittchen vom ISD freigelassen und nach Hause geschickt? Und wo ist die Frau jetzt? Ich meine, ich weiß, dass sie zu Black Jacks Flotte gehört, aber was genau macht sie da?«

»Sie befehligt einen Schlachtkreuzer der Allianz-Flotte.«

Wieder verschlug es ihr für einen Moment die Sprache, dann wurde ihr Grinsen noch breiter. »Sie ist die Befehlshaberin eines Allianz-Schlachtkreuzers? In Black Jacks Flotte? Und sie ist scharf auf Rogero? Verzeihen Sie, General, aber Sie sind nicht nur verrückt, sondern genial verrückt!«

»Danke.« Er zuckte mit den Schultern. »Ob sie noch immer etwas für ihn empfindet, weiß ich nicht. Die Nachricht, die sie ihm geschickt hat, als die Flotte das letzte Mal hier war, bestand praktisch nur aus einer Frage: ›Hi, wie geht’s?‹ Sie hat damit zwar verklausuliert nach Informationen gefragt, aber es gibt keinen Hinweis auf ihre momentanen Gefühle ihm gegenüber.«

Morgan ließ sich auf das Sofa fallen und legte ein Bein über die Armlehne. »Was hat unser Liebhaber geantwortet?«

»Rogero hat nicht geantwortet. Iceni konnte ihm keine Nachricht zukommen lassen, ohne dass die Schlangen darauf aufmerksam wurden. Aber jede Mitteilung an die Flotte wäre aufgefallen, und es war ihm nur erlaubt, mit ihr zu reden, wenn der ISD dabei einbezogen wurden. Das hätte besonders viel Aufmerksamkeit von deren Seite bedeutet, was wiederum uns vermutlich zum Verhängnis geworden wäre.«

»O ja.« Morgan starrte nachdenklich die gegenüberliegende Wand an, eine Hand strich beiläufig über die Waffe, die sie im Halfter an der Hüfte trug. »Aber was empfindet Rogero jetzt? Will er sich mit dem Miststück aus dem Staub machen?«

Drakon beugte sich leicht vor und sagte mit etwas mehr Nachdruck: »Rogeros Gefühle sind ganz allein seine Sache, solange er sich mir gegenüber loyal verhält. Außerdem empfehle ich Ihnen dringend, diese Allianz-Frau nicht so zu bezeichnen, wenn die Chance besteht, dass Rogero Sie hören könnte.«

»Oooch, ist der Gute sooo verliebt?«, spottete sie. »Männer sind so verdammt leicht zu durchschauen. Wahrscheinlich träumt er davon, sich ein Shuttle zu nehmen und zu seiner Süßen zu fliegen, damit sie sich auf irgendeiner Hinterwäldlerwelt in der Allianz vergnügen können. Aber, Boss, Sie können nicht zulassen, dass jemand, der so viel weiß wie Rogero, zur Allianz überläuft.« Sie redete ganz lässig, doch ihre Hand schloss sich wie aus eigenem Antrieb um den Griff der Waffe.

»Wenn Rogero diese Entscheidung trifft, ist das seine Sache. Er hat sich das verdient, außerdem weiß ich, dass er der Allianz nichts verraten würde, womit er mir schaden könnte.«

»Sir, ganz ernsthaft. Sie sind genial verrückt, aber Sie wollen nicht immer das tun, was Sie tun müssten.« Sie lächelte ihn an. »Und genau dafür brauchen Sie mich.«

Drakon sah sie finster an. »Ich brauche auch Rogero. Ihm wird auf keinen Fall etwas zustoßen, wenn ich das nicht ausdrücklich anordne.«

»General …«

»Das ist mein Ernst, Morgan. Ich will wissen, was er dieser Allianz-Frau erzählt, wenn Black Jacks Flotte hierher zurückkehrt.«

»Falls die Flotte zurückkehrt, wollten Sie wohl sagen«, konterte Morgan. »Die sind ins Enigma-Gebiet vorgedrungen. Nichts von dem, was wir hingeschickt haben, ist jemals zurückgekommen.«

»Sie ausgenommen«, hielt Drakon dagegen.

Ihre katzengleiche Selbstsicherheit war mit einem Mal verschwunden, ihre Augen nahmen kurz einen eisigen Ausdruck an, als könnte man in ihnen die endlosen Weiten des Alls sehen. »Die haben jemand anderes hingeschickt. Sie trug meinen Namen, und sie sah auch aus wie ich, aber sie ist gestorben. Dafür bin ich zurückgekommen.« Die Kälte wich von ihr und wurde durch Morgans gewohnte eindringliche Art ersetzt. »Diesmal könnte Black Jack den Mund zu voll genommen haben.«

»Mag sein. Aber im Gegensatz zu uns hat er die Enigmas schon einmal schlagen können.«

Morgans Augen blitzten wieder auf, diesmal loderten sie wie eine Glut. Drakon konnte diese Reaktion nur zu gut verstehen. Es ärgerte ihn auch, dass ein Offizier der Allianz, der eigentlich seit hundert Jahren tot sein müsste, nicht nur die mobilen Streitkräfte der Syndikatwelten in Grund und Boden geschossen hatte, sondern dass es ihm auch noch gelungen war, einen Angriff der Enigma-Flotte auf das Midway-Sternensystem abzuwehren. Die Syndikatwelten hatten über hundert Jahre lang von der Existenz der Enigma-Rasse gewusst, in dieser Zeit aber kaum etwas über sie herausgefunden, während die Allianz-Flotte einen Bruchteil der Zeit benötigt hatte, um die fremde Spezies zu durchschauen. Black Jack hatte sie alle gerettet, aber ihre Dankbarkeit paarte sich auch mit Neid und Ablehnung.