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Die altbewährte Sprungtechnologie würde aber dafür sorgen, dass die Flotte Kane in gut sechs Tagen erreichte. Die Schiffe nahmen eine Abkürzung durch eine Dimension, in der diese Strecken erheblich kürzer waren, auch wenn man über den Sprungraum an sich noch immer erschreckend wenig wusste.

Als sie sich schließlich dicht vor dem Sprungpunkt befanden, fragte Marphissa: »Erlaubnis, mit dem Sprung nach Kane fortzufahren?«

»Erlaubnis erteilt. Alle Einheiten befinden sich in Gefechtsbereitschaft, wenn wir bei Kane den Sprungraum verlassen.«

»Ja, Madam Präsidentin.« Marphissa gab den Befehl an die übrigen Kriegsschiffe weiter, dann ordnete sie den Sprung an.

Iceni verspürte das übliche sonderbare Gefühl, das sich einstellte, wenn das endlose Sternenmeer in der schwarzen Ewigkeit des Alls von dem monotonen, matten Nichts des Sprungraums ersetzt wurde. Auch wenn von Menschen gesteuerte Schiffe seit Jahrhunderten durch den Sprungraum reisten, war er noch nie richtig untersucht worden, da keine Methode zu seiner Erforschung bekannt war. Schiffe konnten auf den kurzen Strecken zwischen zwei Sprungpunkten nicht von ihrer Flugbahn abweichen, und die Sensoren erfassten nichts weiter als die graue Leere.

Und dann waren da noch die Lichter. Während Iceni auf ihr Display sah, zog eines der mysteriösen Lichter des Sprungraums vorüber. Niemand hatte bislang herausfinden können, was es mit diesen Lichtern auf sich hatte, wodurch sie verursacht wurden oder welche Bedeutung ihnen zukam. Natürlich gab es allerlei Gerüchte und Aberglauben. Wenn Iceni sich im Normalraum oder auf einem Planeten aufhielt, dann amüsierte sie sich insgeheim über diejenigen, die die Lichter für Zeichen irgendeiner immens überlegenen Macht hielten, die die Menschen beobachtete. Aber wenn sie selbst im Sprungraum unterwegs war, in dieser Region, in der die Menschen nichts verloren hatten, dann verspürte Iceni einen eisigen Schauer, sobald sie ein Licht sah. Dann kam es ihr vor, als würde sie etwas anschauen, das der menschliche Geist einfach nicht begreifen konnte. In diesen Momenten kamen ihr die alten Geschichten ihres Vaters über die lebenden Sterne mit einem Mal viel eindringlicher vor.

Es war im Sprungraum auch nicht möglich, Nachrichten zwischen Kriegsschiffen auszutauschen. Ebenso konnte man keinen Kontakt zum Normalraum herstellen. Was andererseits den Vorteil barg, dass Geheimnisse auch nicht verraten werden konnten. »Kommodor, es wird Zeit, unsere Mission zu besprechen.«

Kommodor Marphissa nahm Icenis Ausführungen mit professioneller Gelassenheit zur Kenntnis. »Ein Schlachtschiff, sagen Sie?«

»Ja.«

Marphissa machte eine unschlüssige Geste. »Das dürfte … interessant werden.«

»Ja«, antwortete Iceni erneut und hoffte insgeheim, dass es nicht zu interessant wurde.

Sechs Tage später befand sich der Schwere Kreuzer in voller Gefechtsbereitschaft, und Marphissa machte einen sehr entschlossenen Eindruck, während sich die Flotte zum Verlassen des Sprungraums bei Kane bereit machte. »Wenn das Schlachtschiff einsatzbereit ist und sich in der Nähe des Sprungpunkts aufhält, dann wird der Kampf nur von kurzer Dauer sein«, sagte sie an Iceni gewandt.

»Sind Sie bereit, das herauszufinden, Kommodor?«, fragte Iceni und versuchte, völlig selbstsicher zu erscheinen.

»Ja, Madam Präsidentin.«

Das graue Nichts des Sprungraums wurde durch die Sterne inmitten der endlosen Schwärze ersetzt, und Iceni hatte wie immer Mühe, die Auswirkung dieses Vorgangs auf ihren Körper unter Kontrolle zu halten, damit sie sich ganz auf ihr Display konzentrieren konnte, um herauszufinden, was sie bei Kane erwartete.

Neun

Alarmsirenen gellten durch den Kreuzer, und Zielerfassungssysteme, auf die der Wechsel vom Sprungzurück in den Normalraum keinerlei Auswirkungen gehabt hatte, konzentrierten sich auf das große Schiff nahe dem Sprungpunkt, warteten aber die Freigabe durch die menschliche Crew ab, ehe sie das Feuer eröffneten. Mit ein paar Tricks, die sie sich vor langer Zeit angeeignet hatte, gelang es Iceni, das Gefühl der Orientierungslosigkeit zu verdrängen und sich ganz auf das Display zu konzentrieren.

Da befand sich tatsächlich ein großes Schiff, aber …

Nervöses Gelächter machte sich auf der Brücke breit, als auch die anderen auf ihre Displays sahen und begriffen.

»Ein Frachter«, stellte Marphissa fest. Das riesige, kastenförmige Handelsschiff war weniger als eine Lichtminute vom Sprungpunkt entfernt, durch den es zusammen mit seiner Fracht das System verlassen wollte. Die Syndikatwelten mochten zwar zerfallen, und Gewalt und wirtschaftliche Unsicherheit würden womöglich überall um sich greifen, aber Geschäft war immer noch Geschäft. »Sollen wir sie abfangen?«

»Nein«, erwiderte Iceni. »Der Handel in dieser Region darf nicht zum Erliegen kommen. Wir müssen die Leute dazu ermutigen, mit uns Handel zu treiben. Wünschen Sie der Frachterbesatzung alles Gute, und versichern Sie ihnen, dass Midway für jeden ein sicherer Ort ist, der mit uns Geschäfte abschließen will.«

Während Marphissa den Befehl ausführte, befasste sich Iceni eingehender mit ihrem Display. Sie waren an dem Sprungpunkt ins System gekommen, der nur fünf Lichtstunden vom Stern Kane selbst entfernt lag. Das gesamte Sternensystem hatte einen geringeren Durchmesser als Midway. Der Planet in unmittelbarer Nähe der Flotte war nur zwanzig Lichtminuten entfernt und damit so weit weg von der Sonne, dass es auf ihm sehr, sehr kalt war. Näher am Stern kreisten zwei Gasriesen; einer war drei Lichtstunden, der andere eineinhalb Lichtstunden entfernt. Von Iceni aus gesehen hinter den beiden und damit so nah am Stern Kane, dass seine Wärme zum Überleben reichte, zogen drei innere Planeten ihre Bahnen. Einer davon war etwas zu kalt für eine Besiedlung durch Menschen, ein anderer zu heiß, während der dritte Planet mit einem Abstand von nur sieben Lichtminuten zu Kane genau in der richtigen Entfernung war, um von Menschen bewohnt zu werden. Auf diesem Planeten fand sich auch der größte Teil der menschlichen Bevölkerung im Sternensystem, die in kleinen und großen Städten an den Rändern der Kontinente lebten, die man so gut wie gar nicht besiedelt hatte.

Doch Icenis Interesse galt in erster Linie jenem Gasriesen, dessen Abstand zum Stern eineinhalb Lichtstunden betrug. Sie sah die Einrichtung der mobilen Streitkräfte im Orbit um den Planeten, der außerdem von einem Mond umkreist wurde. Aber ein Schlachtschiff war dort nicht zu entdecken. Entweder hatte man es gleich hinter dem Planeten versteckt, oder die Informationen trafen nicht zu, und sie waren völlig vergebens hergekommen.

Es dauerte noch fast fünf Stunden, ehe die Menschen auf der besiedelten Welt auf die Ankunft der Flotte aufmerksam werden konnten, doch Iceni wusste, dass sie ihnen eine Nachricht senden sollte, die zu der Zeit bei ihnen eintraf, wenn sie auch das Eintreffen der Kriegsschiffe bemerkten. Der Inhalt ihrer Nachricht war bis zu diesem Moment ganz davon abhängig gewesen, wie der Empfang in diesem System ablaufen würde.

»Nirgendwo in diesem Sternensystem scheint es Kämpfe zu geben«, meldete Kommodor Marphissa. »Es werden nur friedliche Kommunikation und normale Bewegungen festgestellt.« Sie deutete auf ihr Display. »Aber es gibt eine Sache, die uns Sorgen bereiten könnte.«

Gut vier Lichtstunden von der Flotte entfernt zogen mehrere Kriegsschiffe ihre Bahnen um Kane, wobei sie sich in der Nähe des Gasriesen hielten. »Ein Schwerer Kreuzer, drei Leichte Kreuzer und sechs Jäger«, bestätigte der Ablauf-Spezialist ungewöhnlich schnell. Seit Iceni angeordnet hatte, dass aus den Managern auf der Brücke Spezialisten werden sollten, war die Moral der Crew spürbar in die Höhe geschnellt.