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Bei dem Gedanken daran und an das, was die Schlangen hier versucht hatten, und schließlich bei der Vorstellung, was von diesen Arbeitern geleistet worden war, eine Leistung, durch die Icenis Erfolg überhaupt erst möglich geworden war, spürte sie, wie etwas in ihr zerbrach. »Es wird keine Arbeitslager mehr geben. Da, wo ich etwas zu sagen habe, wird niemand je wieder ein Arbeitslager einrichten.« Sie ging weiter, während Rogero und die Ärztin ihr zweifellos rätselnd hinterherschauten. Ihre Schritte hallten in den leeren Korridoren des Schlachtschiffs wider, und die Soldaten, die auf sie aufpassen sollten, mussten sich beeilen, um nicht den Anschluss zu verlieren.

»Zwei Leichte Kreuzer wollen sich uns anschließen«, berichtete Marphissa. Die C-448 hatte an einer Seite des Schlachtschiffs angedockt und wirkte wie ein Neunauge, das sich an einem Wal festklammerte. Auf diese Weise war es leichter, Personal und Ausrüstung von einem Schiff aufs andere wechseln zu lassen. »Außerdem zwei Jäger. Der andere Leichte Kreuzer und die übrigen zwei Jäger wollen in die Sternensysteme zurückkehren, aus denen der größte Teil der Besatzungen stammt.«

»Welche Sternensysteme sind das?«, wollte Iceni wissen und lehnte sich im Kommandosessel auf dem Schlachtschiff nach hinten. Nur wenige der vorhandenen Kontrollen waren derzeit funktionstüchtig, dennoch fühlte es sich großartig an, dort zu sitzen. Da nur sie und Marphissa derzeit anwesend waren, wurde es noch deutlicher, wie riesig und beeindruckend die Brücke des Schlachtschiffs im Vergleich zu der ihres Schweren Kreuzers war.

»Der Leichte Kreuzer will nach Cadez reisen, die Jäger haben Dermat und Kylta zum Ziel.«

»Keines dieser Systeme liegt in der Nähe«, seufzte Iceni, die sich mit einem Mal ungewöhnlich erschöpft fühlte, nachdem nach den errungenen Erfolgen die Anspannung der letzten Tage von ihr abgefallen war. »Aber wenn das die Heimat dieser Besatzungen ist, dann wünsche ich ihnen viel Glück. Was ist mit dem Leichten Kreuzer und den zwei Jägern, die sich auf den Weg zum zweiten Planeten gemacht haben?«

»Die befinden sich inzwischen im Orbit um den Planeten. Wir konnten Shuttlebewegungen beobachten. Allerdings gibt es auf dem Planeten selbst keine Anzeichen dafür, dass es dort Ärger geben könnte. Auch der Komm-Verkehr ist unauffällig.« Marphissa hielt inne und ließ ihren Blick über die praktisch menschenleere Brücke wandern. »Ich habe mit Colonel Rogero darüber geredet. Wir sind beide der Meinung, dass die Bürger hier abwarten, was einerseits Sie tun werden, Madam Präsidentin, und was andererseits die Senior-Schlangen vorhaben.«

»Das ist eine gute Einschätzung. Bürger, die nicht lernen, dass sie abwarten müssen, um zu sehen, was ihre Vorgesetzten vorhaben, bezahlen dafür in aller Regel einen hohen Preis.« Iceni lächelte Marphissa an. »Haben Sie und der Colonel sich inzwischen angefreundet, Kommodor?«

»Als Freundschaft würde ich das nicht bezeichnen, eher als gegenseitigen Respekt. Außerdem bin ich nicht so verrückt, dass ich mich mit einem Schmutzfresser einlassen würde. Nicht mal dann, wenn von ihm nicht diese Schwingungen ausgehen würden, dass er anderweitig liiert ist.«

»Tatsächlich?«

»Das ist bloß der Eindruck, den ich habe. Sie wissen doch, dass manche Leute den Eindruck erwecken, einen Ehering zu tragen, obwohl sie das gar nicht tun. Bei Colonel Rogero habe ich dieses Gefühl.«

»Hat er versucht, sich Ihnen zu nähern?«

Das ließ die Kommodor laut lachen. »Nein. Ich bin mir sicher, wenn er so etwas beabsichtigen würde, dann würde er wissen, dass so was bei mir vertane Zeit ist.«

»Sind Sie mit jemandem liiert?«, fragte Iceni. Es konnte nie schaden, Details aus dem Leben anderer Leute zu wissen, die sich später vielleicht noch als nützlich erweisen konnten.

Diesmal reagierte Marphissa mit einem betrübten Lächeln. »In meinem Leben gab es nur zwei Männer, mit denen ich hätte liiert sein wollen. Der eine starb im Kampf gegen die Allianz bei Atalia, bevor es dazu kommen konnte. Der andere sagte mir nach der Verhaftung meines Bruders durch die Schlangen, dass es seiner Karriere schaden könnte, wenn er noch länger mit mir zu tun hat.«

»Wie nett«, kommentierte Iceni.

»Ich bin mir sicher, nachdem man ihn aus dem Krankenhaus entlassen hatte, ist irgendeine andere naive Frau auf ihn reingefallen.« Wieder sah Marphissa sich auf der Brücke um. Es war unzweifelhaft, dass sie das Thema wechseln wollte. »Woher sollen wir genug Leute kriegen, um dieses Schlachtschiff zu bemannen?«

»Die werden wir rekrutieren müssen, womöglich in anderen Sternensystemen wie zum Beispiel Taroa. Da werden sicher viele Leute daran interessiert sein, so schnell wie möglich von da wegzukommen.« Iceni warf Marphissa ein flüchtiges Lächeln zu. »Dieses Schlachtschiff benötigt auch einen Befehlshaber. Kennen Sie jemanden, der dafür geeignet wäre?«

»Ich … werde mir die Personalakten aller Befehlshaber der mobilen Streitkräfte ansehen müssen, die dafür infrage kommen könnten.«

»Kommodor Marphissa, das war jetzt der Augenblick, in dem Sie hätten sagen sollen: ›Es wäre mir eine Ehre, wenn Sie mich für einen solchen Posten in Erwägung ziehen würden.‹«

Marphissa sah sie ungläubig an. »Vor zwei Monaten habe ich noch nicht mal einen Schweren Kreuzer befehligt.«

»Vor zwei Monaten war ich eine CEO, aber keine Präsidentin. Das Individuum, das dieses Schiff befehligt, muss jemand sein, dem ich vertrauen kann. Jemand, der mit der Verantwortung zurechtkommt, und jemand, der als mein Senior-Befehlshaber der mobilen Streitkräfte agieren kann.« Und jemand, der nicht übermäßig ehrgeizig ist. Hätten Sie sofort sich selbst vorgeschlagen, wären Sie vermutlich nicht mal in die engere Wahl gekommen. »Wenn Sie wollen, bekommen Sie den Posten.«

»Ihr Vertrauen und Ihre Zuversicht in meine Fähigkeiten ehrt mich, Madam Präsidentin. Ja, es würde mir gefallen, einen solchen Posten einzunehmen.« Sie sah sich erneut auf der Brücke um, diesmal jedoch mit einem fast schon besitzergreifenden Ausdruck in den Augen. »B-78. Irgendwie kommt es mir so vor, als sollte das Schiff mehr als nur diese Bezeichnung tragen.«

»Ja? So wie es bei der Allianz der Fall ist? Die Inexplicable oder die Undesirable oder die Insufferable?«

Marphissa grinste sie an. »Die Crews geben den mobilen Einheiten jetzt auch schon Spitznamen.«

»Ich weiß. Als ich noch eine Sub-Executive war, diente ich auf dem Schweren Kreuzer C-333. Die Manager nannten ihn immer Cripple Three, wenn sie glaubten, dass kein Offizier etwas davon mitbekam.«

»Die Crew der C-448 nennt den Kreuzer Double Eight. Wenn unsere Kriegsschiffe schon Namen zugeschrieben bekommen, haben sie dann nicht Besseres verdient als so etwas?«

»Zum Beispiel?«, gab Iceni zurück. »Wie sollte die B-78 genannt werden?«

Kommodor Marphissa überlegte einen Moment lang. »Die B-78 wird das Flaggschiff des Midway-Sternensystems sein?«

»Ja, natürlich.«

»Dann könnten wir als Namen Midway nehmen. Schlachtschiff Midway. Ich bin mir sicher, sie würde diesen Namen mit Stolz repräsentieren.«

»Hmm«, machte Iceni. Sie? Schon seltsam. Kaum hatte ein Schiff einen Namen, wurde es von den Leuten vermenschlicht und wie ein lebendiges Wesen behandelt. Aber das hatten die Besatzungen von Schiffen ohnehin schon immer so gehandhabt. Etwa alle zehn Jahre machte irgendwer aus den Reihen der höheren Dienstgrade den Vorschlag, den mobilen Einheiten individuelle Namen zu geben, und begründete den Vorstoß mit einer Verbesserung der Moral und einem stärkeren Zusammengehörigkeitsgefühl. Aber jeder dieser Vorschläge war anschließend in den Fängen der Bürokratie zugrunde gegangen, da man die Kosten dagegenhielt, auf fehlende stichhaltige Belege für den Nutzen einer solchen Maßnahme verwies und man es sowieso für überflüssig hielt, einer mobilen Einheit auch noch einen Namen zu geben, die bereits über eine völlig ausreichende individuelle Bezeichnung verfügte. Einer der wenigen Fälle, in denen die Bürokratie ihre ablehnende Haltung wiederholt damit begründet hat, die Maßnahme sei überflüssig. Und ein paar von meinen Vorschlägen haben sie genauso abblitzen lassen. Es wäre schön, so etwas zu verwirklichen, allein schon, um die Erbsenzähler zur Weißglut zu treiben. »Ich werde drüber nachdenken.«