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»Nein, ich werde General Drakon den Ratschlag geben, sich mit Truppen auf den Weg dorthin zu begeben und in die Kämpfe einzugreifen.«

Einen Moment lang war Morgan anzusehen, wie sehr sie diese Antwort überraschte, dann aber grinste sie breit: »Das würde ich mir gern anhören.«

Seit Tagen schlief sie schlecht, und die letzten Stunden waren besonders übel gewesen. Schließlich verließ Iceni ihr Quartier auf dem Schweren Kreuzer so aufgebracht, dass die Crewmitglieder sich fast überschlugen, um ihr aus dem Weg zu gehen, während sie zur Brücke stürmte. »Warum zum Teufel ist dieses Schlachtschiff immer noch nicht in der Lage, sich von der Stelle zu rühren?«, wollte sie wissen, als sie auf der Brücke eintraf.

Kommodor Marphissa schluckte nervös, ehe sie antwortete: »Die Ingenieure und System-Spezialisten sagen, dass sie noch eine Stunde benötigen, Madam Präsidentin.«

»Das haben sie vor einer Stunde auch schon gesagt!«

»Madam Präsidentin.«

Sie wirbelte abrupt herum und sah, dass Sub-Executive Kontos soeben auf die Brücke gekommen war.

»Ich wollte Ihnen Bericht erstatten, Madam Präsidentin«, sagte Kontos. Er wirkte zwar noch immer ausgemergelt, aber inzwischen hatte er essen, trinken und sich ausruhen können, und er stand jetzt nicht länger schwankend auf seinen Beinen da, nicht mal im Angesicht einer tobenden CEO. »Noch eine Stunde, mehr nicht. Dafür garantiere ich persönlich.«

Auf der ohnehin schon mucksmäuschenstillen Brücke schien sich Totenstille auszubreiten. Im System der Syndikatwelten konnte die Ankündigung, man werde persönlich Verantwortung übernehmen, dazu führen, dass man dafür belohnt wurde, doch in den meisten Fällen nahm man damit eine drakonische Strafe auf sich.

Iceni betrachtete Kontos. »Ist Ihnen bewusst, was aus der letzten Person geworden ist, der es nicht gelungen ist, die von ihr versprochene Arbeit zu erledigen, Sub-Executive Kontos?«

»Nein, und es muss mich auch nicht kümmern, Madam Präsidentin. Es wird kein Versagen geben. Das Schlachtschiff B-78 wird in einer Stunde in der Lage sein, sich aus eigener Kraft von der Stelle zu bewegen.«

Seine Ruhe und sein Selbstvertrauen durchdrangen sogar Icenis Wut. Entweder war Kontos sehr tapfer und sehr fähig, oder aber er war ein Vollidiot, der gar nicht ahnte, welches Schicksal er sich mit seinen Worten selbst auferlegte. »Eine Stunde, Sub-Executive Kontos. Sonst könnte es passieren, dass Sie rausgehen und das Schlachtschiff zum Sprungpunkt schieben, allerdings ohne Schutzanzug.«

»Ich habe verstanden, Madam Präsidentin.« Kontos salutierte und verließ die Brücke.

Kontos’ Auftritt hatte Icenis Wut verrauchen lassen. Sie drehte sich zu Marphissa um, die immer noch auf die Stelle starrte, an der der junge Mann bis gerade eben gestanden hatte. »Der Junge ist völlig verrückt«, sagte Marphissa schließlich.

»Hätten Sie ihn gern als einen Ihrer Offiziere, Kommodor?«, fragte Iceni.

»Auf jeden Fall. Er wäre ein unglaublicher Gewinn. Wenn ich ihn nicht töten müsste.«

»Dann verrate ich Ihnen, was ich soeben entschieden habe. Wenn dieses Schlachtschiff in spätestens einer Stunde startbereit ist, wird Kontos Ihr Stellvertreter werden, sobald Sie das Kommando über die Midway übernehmen.«

Marphissas fassungsloser Blick richtete sich auf Iceni. »Mein Stellvertreter? Das ist eine Position für einen Sub-CEO oder einen Senior Executive.«

»Das hat er sich dann auch verdient, oder finden Sie nicht?«

Nach einer kurzen Pause nickte die Kommodor. »Doch, das finde ich.«

Siebenundvierzig Minuten nach dem Gespräch auf der Brücke meldete sich Kontos bei Iceni. »Das Schlachtschiff B-78 ist bereit und wartet nur auf Ihren Befehl, Madam Präsidentin.«

Marphissa warf einen Blick auf die Bereitschaftsanzeigen des Schlachtschiffs und nickte völlig verblüfft.

Iceni lehnte sich auf ihrem Platz nach hinten und betrachtete die Brücke des Schweren Kreuzers. Obwohl jede Station von ihrem zuständigen Spezialisten besetzt war, wirkte es nicht so überlaufen wie sonst. Da ein erheblicher Teil der Crew vorübergehend seinen Dienst auf dem Schlachtschiff verrichtete, herrschte auf dem Kreuzer eine ungewohnte Leere. »Alle Einheiten sollen sich bereithalten, um Kurs auf den Sprungpunkt nach Midway zu nehmen, Kommodor.«

Die mit dem Schlachtschiff verbundenen Schweren Kreuzer hatten sich längst wieder von ihm gelöst, die Leichten Kreuzer und die Jäger waren dagegen näher gerückt, um das gewaltige Schiff zu eskortieren. Sie waren endlich im Begriff, nach Midway zurückzukehren. Es war zu hoffen, dass sie Kane verlassen konnten, ohne einer Streitmacht der Syndikatwelten zu begegnen, die in diesem System für Ordnung sorgen wollte. Und genauso konnten sie auch nur hoffen, dass sie Midway erreichten, bevor sich die Syndikatwelten dort blicken ließen. Die Antriebsprobleme des Schweren Kreuzers C-818 hatten sich rückblickend als Segen erwiesen, denn sie hatten dieses Schiff nicht benötigt, während es daheim in Midway zumindest für ein wenig Schutz sorgen konnte, bis die Flotte heimgekehrt war.

Weit von ihnen entfernt waren die drei von den Schlangen kontrollierten Schiffe schon vor Stunden in den Sprungraum entkommen, der abgetrennte Teil ihrer Flotte hatte darauf kehrtgemacht, um zu den restlichen Schiffen zurückzukehren. »Sagen Sie der Unterflotte, sie soll den Kurs ändern und sich erst kurz vor dem Sprungpunkt nach Midway mit uns treffen«, wies Iceni Marphissa an.

Das Handelsschiff mit seiner neuen Fracht in Gestalt der evakuierten Bürger aus der Einrichtung der mobilen Streitkräfte hatte noch eine längere Strecke vor sich, ehe es den zweiten Planeten erreichen würde. Doch der Leichte Kreuzer, der zu seiner Bewachung abkommandiert worden war, wich nicht mehr von seiner Seite und sorgte so dafür, dass Senior Ship’s Controller Hafely nicht auf dumme Gedanken kam und die Evakuierten ins All beförderte.

Von der Einrichtung der mobilen Streitkräfte waren inzwischen nur noch verstreute Trümmer übrig, deren meiste Bruchstücke aus dem Orbit geschleudert worden waren. Nur ein Teil raste in das gierige Maul des Gasriesen und verschwand inmitten der bunten Wolken.

Auf dem zweiten Planeten drängten sich Menschenmassen auf den Straßen, aber auf der Position, die Icenis Flotte inzwischen erreicht hatte, ließ sich zu wenig von den Komm-Verbindungen auffangen, sodass sie nicht herausfinden konnten, wer dort unten was tat, nachdem die Schlangen sich davongemacht hatten. Waren die Feuer, die sie sehen konnten, nur Freudenfeuer? Oder hatten Unruhestifter Brände gelegt? Oder waren Feuer als Folge von Kämpfen ausgebrochen? Vielleicht war es ja auch eine Kombination aus verschiedenen Faktoren.

»An alle Einheiten«, sagte Marphissa. »Mit sofortiger Wirkung drehen Sie vier drei Grad nach Backbord und null eins Grad nach unten. Beschleunigen Sie auf 0,03 Licht und halten Sie Ihre Position relativ zum Schlachtschiff.«

Sie waren tatsächlich wieder unterwegs. Plötzlich bemerkte Iceni, dass sie begonnen hatte zu lächeln, auch wenn die Konturen des Gasriesen nur quälend langsam unter ihnen vorbeizogen. Nur ein Teil der Antriebseinheiten des Schlachtschiffs war funktionstüchtig. Doch das genügte immer noch, um es wie zugesichert von der Stelle zu bewegen. Allerdings war seine Beschleunigung deutlich träger als bei einem voll einsatzfähigen Schlachtschiff, weshalb es eine Weile dauern würde, bis es 0,03 Licht erreichte. Das bedeutete auch, dass es viel Zeit kosten würde, um am Sprungpunkt anzukommen, aber zumindest bewegten sie sich schon mal in die richtige Richtung. Iceni war über diese Situation tatsächlich glücklich und rief das Schlachtschiff. »Sub-Executive Kontos, würden Sie gern bei den mobilen Streitkräften des Midway-Sternensystems dienen?«

Kontos grinste sie an. »Ja, Madam Präsidentin.«

»Dann befördere ich Sie mit sofortiger Wirkung zum Kapitan-Leytenant und zum Stellvertreter des Befehlshabers der B-78. Meinen Glückwunsch.«