Выбрать главу

So etwas als einen verzweifelten Plan zu bezeichnen, wäre eine massive Untertreibung. »Malin?«

Der schüttelte den Kopf. »Colonel Morgans Plan ist eine schwache Grundlage, um davon unser Überleben abhängig zu machen. Allerdings sehe ich keine Alternativen, die uns bessere Chancen einräumen würden. Das Einzige, was ich noch bieten könnte, wäre zu beten.«

»Beten?« Aller Anspannung zum Trotz entlockte das Drakon ein Lächeln. »Wen sollte ich anbeten, Colonel Malin? Und wer sollte einen Grund haben, auf mein Gebet zu hören?«

»Diese Fragen kann niemand außer Ihnen selbst beantworten, General.«

»Wenn Ihnen danach ist, dann können Sie ruhig anbeten, wen immer Sie wollen, solange er uns heil aus dieser Sache hier rausbringt. Aber setzen Sie auch Morgans Plan in die Tat um.« Ihm war bewusst, dass dieses Vorhaben eigentlich keine Chance hatte. In dem Moment, in dem er kapitulierte, würde die Bevölkerung in Unruhe versetzt werden und dagegen protestieren, sich wieder der Kontrolle durch das Syndikat zu unterwerfen. Sie würden seine Truppen bestürmen. Die Befehlshaberin der C-818 würde unterdessen feststellen, dass sich gar keine Sprengladung an Bord befand, und hatte dann genügend Spielraum, entweder Kurs auf ein fernes Sternensystem zu nehmen oder ihren Schweren Kreuzer Gathos’ Flotte zu überlassen.

Aber eine winzige Chance war immer noch besser als gar keine. Drakon hielt seine Hand dicht über der Antworttaste.

»General!«, rief eine verdutzt klingende Morgan. »Sie haben kehrtgemacht!«

»Was?« Er schaute auf sein Display, und tatsächlich hatte CEO Gathos’ Flotte vor sechs Stunden abermals Kurs auf das Hypernet-Portal genommen. »Was soll denn das?«

»Vielleicht hat sie die Nerven verloren?«

»Aber wieso? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie einen Blick in meine Dienstakte geworfen hat.«

Sie verfolgten weiter die Bewegungen auf dem Display, aber die Syndikat-Flotte blieb auf dem Vektor, auf den sie soeben eingeschwenkt war. Drakon sah auf die Zeit. Das dreißigminütige Limit war fast abgelaufen. »Vielleicht will Gathos uns an der Nase herumführen, damit wir nicht kapitulieren und sie einen Vorwand hat, das System in Schutt und Asche zu legen.«

Morgan hatte die Flugbewegungen der Flotte mit zusammengekniffenen Augen verfolgt, jetzt schüttelte sie den Kopf. »Nein, sie ergreift die Flucht. Darauf würde ich mein Leben verwetten.«

»Das tun Sie gerade.«

»Ja, stimmt«, meinte sie grinsend. »Aber vielleicht bekomme ich Gathos ja noch zu fassen, bevor ich sterbe.«

In dem Moment, in dem ein weiterer Alarm ertönte, begann Malin schallend zu lachen, und er zeigte auf das Display. »Jetzt wissen wir, warum CEO Gathos es sich mit der Eroberung dieses Sternensystems noch einmal anders überlegt hat.«

Am Sprungpunkt nach Kane war eine andere Flotte aufgetaucht. Schwere Kreuzer, Leichte Kreuzer und Jäger, die sich um die unverkennbaren Konturen eines Schlachtschiffs geschart hatten. »Präsidentin Icenis Einheiten sind dem Sprungpunkt nach Lono näher als uns, darum hat das Licht ihrer Ankunft die Flotte von CEO Gathos zuerst erreicht. Sie wird sofort diese andere Flotte gesehen und der CEO eine Drohung geschickt haben, die sie in dem Moment erreicht haben muss, als sie auch das Eintreffen von Präsidentin Icenis Flotte bemerkte.«

Auch Drakon begann zu lachen. Vom Planeten aus betrachtet ließ das Schlachtschiff nicht erkennen, dass es so gut wie gar nicht einsatzbereit war, vielmehr schien der gewaltige, hässlich und wunderschön zugleich schimmernde Rumpf des Schiffs etwas Boshaftes auszustrahlen. »Präsidentin Iceni, hier spricht General Drakon. Ich bin wirklich sehr froh darüber, Sie zu sehen. Willkommen daheim. Für das Volk. Drakon, Ende.«

»Knapper hätte es nicht sein können«, murmelte Morgan.

An Malin gewandt fragte Drakon: »Haben Sie gebetet, Colonel?« Der Mann nickte. »Was immer Sie gewünscht haben, jemand hat anscheinend zugehört.«

Malin lächelte flüchtig. »Ich habe dafür gebetet, dass Sie das bekommen, was Sie verdienen, General.«

Erstaunt hielt Drakon inne, dann musste er abermals lachen. »Tja, dann hat Ihnen wohl doch niemand zugehört. In dem Fall wäre ich nämlich bei der Erstürmung von Gathos’ Flaggschiff umgekommen. Sie beide können jetzt übrigens aufhören, dieses Selbstmordkommando zu planen. Begeben Sie sich lieber an die Vorbereitungen für die Operation Taroa.«

Präsidentin Iceni saß ihm gegenüber am Tisch und musterte ihn verhalten. Sie sah erschöpft aus, nachdem sie mit einem Schweren Kreuzer zum Planeten vorausgeflogen war, während der Rest der Flotte beim Schlachtschiff geblieben war. Aber in ihren Augen funkelte auch Erleichterung auf. »Neutrales Gebiet. Absolut sicher. Keine Assistenten, keine Adjutanten. Worüber wollen Sie mit mir reden? Mir ist bereits zu Ohren gekommen, dass es Ihnen nicht gefällt, dass ich eine Hinrichtung angeordnet habe.«

Drakon nickte. »Ja, die Hinrichtung ist ein weiterer Punkt, und ich möchte nicht, dass er unter den Tisch fällt. Es hat mir nicht gefallen, aus heiterem Himmel erfahren zu müssen, dass jemand auf Ihren Befehl hin erschossen wurde.«

»Vorrecht eines CEOs«, gab Iceni zurück.

»Sie haben hier nicht als Einzige das Sagen. Bei solchen Dingen will ich ein Mitspracherecht haben. Ich will wissen, was der Todeskandidat getan hat, und ich will die Gelegenheit haben, die jeweiligen Umstände zu beurteilen.«

Sie legte den Kopf ein wenig schräg, während sie ihn ansah. Dabei tippte sie mit einem Fingernagel auf die Tischplatte. »Glauben Sie, ich habe jemanden zum Schweigen gebracht?«

»Möglich wäre es. Sie kennen doch den Spruch, dass tote Anwälte keine Anekdoten erzählen können.«

»Anwälte hatten mit dieser Sache nichts zu tun.« Schweigend betrachtete sie ihn abermals. »Aber Sie glauben, es könnte sich um so etwas gedreht haben.«

»Woher weiß ich, dass es nicht so war?«

»Eine berechtigte Frage.« Iceni lächelte ihn an, aber es war ein gefühlloses Lächeln. »Ich werde mich einverstanden erklären, Sie künftig im Voraus von Hinrichtungen in Kenntnis zu setzen, solange das eine beiderseitige Abmachung ist. Sie werden ebenfalls niemanden hinrichten lassen, ohne mir vorher Bescheid zu geben.«

Er hatte ein solches Angebot von ihr erwartet, ein Angebot, das nach mehr klang, als es tatsächlich darstellte. Es gab nämlich ein riesiges Schlupfloch, da sie nur von Hinrichtungen gesprochen hatte. Attentate oder Neutralisationen dienten dem gleichen Zweck, bestimmte Personen aus dem Weg zu räumen, aber per Definition waren das nun einmal keine Hinrichtungen. Keiner von ihnen würde sich damit einverstanden erklären, auf außergesetzliche Methoden zu verzichten, um jemanden zu eliminieren. Aber das ging so schon in Ordnung. Sie kannte seine Bedenken, und sie wusste, er würde sehr genau hinsehen, ob sie Leute zum Schweigen bringen wollte, die die verkehrten Dinge wussten. »Gut.«

Iceni zeigte ihm nicht länger ihr falsches Lächeln. »Ich will offen mit Ihnen reden, General. Ich habe über einige Dinge nachgedacht, was Strafen und andere rechtliche Angelegenheiten betrifft.«

»Was meinen Sie damit?«

»Ich möchte sicherstellen, dass bei Gerichtsverfahren tatsächlich versucht wird, Schuld und Unschuld gleichermaßen zu ergründen, damit nur diejenigen bestraft werden, die tatsächlich schuldig sind.«

»Machen Sie Witze?« Drakon suchte nach Hinweisen auf irgendeinen verdrehten Humor, womöglich sogar Wahnsinn.

»Nein, das ist mein voller Ernst. Ich muss wohl nicht ausdrücklich erwähnen, dass ich natürlich nichts tun werde, was Sie oder mich in Gefahr bringen oder was für Unruhe unter der Bevölkerung sorgen könnte.«

»Gut«, sagte er. »Ich habe nichts dagegen einzuwenden, mich mit solchen Dingen zu beschäftigen, solange wir uns einig sind, wie wir vorgehen werden. Also gut, so viel zum zweitrangigen Thema. Reden wir über den Grund, warum ich mich mit Ihnen treffen wollte: Taroa.«