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Drakon dachte über diese Frage nach, weil er gelernt hatte, dass es nicht verkehrt war, auf Morgans Instinkt zu hören. »Danach zu urteilen, wie Sie die Frage formuliert haben, kann ich annehmen, dass Sie dafür jedoch keinen Beweis vorlegen können.«

»Den könnte ich aber beschaffen.«

»Echte Beweise, Morgan. Wir sind hier nicht beim ISD. Wir suchen nicht nach Wegen, um jemandem mit erfundenen Beweisen eine Schuld anzuhängen.«

Sie schüttelte den Kopf, aber Drakons Ermahnung schien sie nicht zu beeindrucken. »Nein, ich habe keine Beweise, aber ich halte Ausschau danach.«

»Das gehört zu Ihrem Job. Wollten Sie andeuten, ich soll Sie hier zurücklassen, damit Sie Rogero persönlich im Auge behalten können?«

»Nein, Sir. Ich wollte andeuten, dass Sie etwas gegen ihn unternehmen sollten, bevor es zu spät dafür ist.«

»Nein. Das wäre alles, Colonel Morgan.«

Togo stand vor Icenis Schreibtisch, seine übliche Reglosigkeit erschien ihr irgendwie eindringlicher als sonst. »Ich bin um Ihre Sicherheit besorgt, Madam Präsidentin.«

Das hörte sich nicht gut an. Sie richtete ihre ganze Aufmerksamkeit auf ihn. »Was haben Sie herausgefunden?«

»General Drakon wird dieses Sternensystem mit dem größten Teil seiner Senior-Offiziere verlassen.«

»Das ist mir bekannt.«

»Er lässt Colonel Rogero hier zurück«, fuhr Togo fort. »Den Mann, der zuvor versucht hat, Sie zu töten.«

Iceni schüttelte den Kopf. »Ich habe Rogeros Akte zweimal überprüft. Er ist ein exzellenter Schütze. Wenn er mich hätte erschießen wollen, als ich auf das Schlachtschiff kam, dann hätte er mich auch getroffen.«

»Das kann man nicht mit Sicherheit sagen, solange wir nicht genau wissen, ob er bei der Ausführung seiner Befehle versagt hat.«

»Sie glauben, Colonel Rogero bleibt hier, um dafür zu sorgen, dass ich umgebracht werde? Oder um mich persönlich zu töten?«

Togo nickte nachdrücklich. »Während General Drakon sich außerhalb dieses Sternensystems aufhält. Dann hat er das perfekte Alibi und kann leugnen, damit irgendetwas zu tun zu haben.«

Das war die Umkehr des vorangegangenen Arguments, was natürlich nicht bedeutete, dass es jeglicher Logik entbehrte. »Verfügen Sie über irgendwelche Informationen, die Colonel Rogero mit einem Attentatsplan in Verbindung bringen, der gegen mich gerichtet ist?«

Diesmal zögerte Togo. »Es gibt einige sehr beunruhigende Gerüchte über Colonel Rogero, Madam Präsidentin. Die lassen Zweifel an seiner Loyalität aufkommen und werfen die Frage auf, wessen Befehle er tatsächlich befolgt.«

Also war etwas durchgesickert, was Rogeros Verbindung zum ISD und zu dieser Frau aus der Allianz betraf. »Gerüchte?«, wiederholte Iceni. »Sie kennen meine Einstellung zu Gerüchten.«

»Ich habe nichts Belegbares, aber die Gerüchte deuten darauf hin, dass Colonel Rogero extrem gefährlich sein könnte. Er sollte ausgeschaltet werden, bevor …«

»Nein.« Iceni beugte sich vor, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen. »Das erlaube ich nicht. Wenn Sie Beweise finden, will ich sie sehen. Wenn Sie außer Gerüchten nichts zu bieten haben, bleibe ich bei meiner Haltung.«

»Aber, Madam Präsidentin …«

»Beweise.«

»Bei allem Respekt, Madam Präsidentin, aber es könnte sein, dass es Ihr Tod ist, der den Beweis liefert.«

»Das glaube ich nicht.« Sie lehnte sich wieder zurück und lächelte flüchtig. »Außerdem habe ich eine viel zu hohe Meinung von Ihren Fähigkeiten, um zu glauben, dass Colonel Rogero eine Gefahr für mich darstellen könnte, solange Sie in der Nähe sind.«

Togo stand auf und nickte erneut. »Ich werde Sie beschützen, Madam Präsidentin.«

»Natürlich werden Sie das.«

Sie sah ihm nach, wie er ihr Büro verließ, dann widmete sie sich mit einem leisen Seufzen wieder der Arbeit. Vielleicht stellte Rogero ja tatsächlich eine Bedrohung dar, aber sie zweifelte nicht daran, dass er allen möglichen Befehlen zum Trotz gezielt an ihr vorbeigeschossen hatte. Und dass er mit seinem Schuss eine Schlange getötet hatte, deren Absichten ihr gegenüber gar nicht erst erwähnt werden mussten. Allein dafür verdiente Rogero von ihrer Seite aus erst einmal eine Verschnaufpause.

Sie hatte Drakon versprochen, keine weiteren Hinrichtungen anzuordnen, ohne ihn zuerst zu informieren. Aber Attentate fielen nicht unter diese Zusage. Voraussicht, wie sie von den CEOs der Syndikatwelten angewandt wurde, hatte zur Folge, dass man auch mal einem Irrtum unterlag, wenn potenzielle Bedrohungen eliminiert wurden.

Aber ihr ging immer noch durch den Kopf, was Kommodor Marphissa darüber gesagt hatte, dass sichergestellt werden sollte, nur die tatsächlich Schuldigen zu bestrafen. Und Drakon schien ihr auch noch zugehört zu haben, als sie darauf zu sprechen gekommen war. Es hatte nicht so ausgesehen, als gaukele er bloß mit gelegentlichem Nicken Interesse an dem vor, was sie redete. Letzteres war nicht mehr so oft vorgekommen, seit sie CEO und nun Präsidentin war, doch als sie noch jünger gewesen war, hatte sie dieses Desinteresse immer wieder beobachten können. Heute gab man sich zudem auch viel mehr Mühe, Aufmerksamkeit vorzutäuschen. Nicht so Drakon. Er hatte tatsächlich aufgepasst. Einen Moment lang … nein, du kannst es dir nicht leisten, so zu denken. Du hast dich ihm gegenüber so geöffnet, weil du erleichtert darüber warst, heil zurückgekommen zu sein und bei der Ankunft gleich auch noch die Syndikat-Flotte zu vertreiben. Und weil du festgestellt hast, dass er nichts gegen dich unternommen hat. Aber das sagt nichts darüber aus, ob er womöglich doch an einem Plan gegen dich arbeitet, den er umsetzen wird, wenn du ihm nur die richtige Gelegenheit dafür bietest. Vertraue keinem, erst recht keinem anderen CEO. Und genau das ist Artur Drakon, auch wenn er sich jetzt General nennt.

Halt dir das immer vor Augen, Gwen. Du kannst ihm gegenüber nicht unachtsam sein. Wenn er dich erst mal ins Bett kriegt … oh.

Wow.

Ich wünschte, das hätte ich jetzt nicht gedacht.

Wie Iceni ganz zutreffend gesagt hatte, konnten Reisen durchs Weltall sehr langweilig sein, selbst wenn man unbegrenzt Zugriff auf Filme, Bücher und Musik hatte. Wobei man ohnehin nicht davon ausgehen durfte, dass ein Frachter überhaupt darauf eingestellt war, für die Unterhaltung und den Zeitvertreib einer halben Brigade sorgen zu können, die sich in umfunktionierten Frachträumen drängte.

Drakon genoss den Luxus eines eigenen Quartiers, wenn es auch kaum größer als ein Schrank war und außer Privatsphäre kaum etwas zu bieten hatte. Taroa war mit viereinhalb Tagen hinsichtlich der Zeit im Sprungraum nicht besonders weit entfernt, dafür erschien der Flug bis zum Sprungpunkt selbst umso länger. Und nach der Rückkehr in den Normalraum schloss sich eine lange, angespannte Reise an, die den vierten Planeten im Taroa-Sternensystem zum Ziel hatte.

Im System hielten sich derzeit tatsächlich keine Kriegsschiffe auf, aber es ließ sich nicht ausschließen, dass jeden Moment irgendeines hier eintraf. Es würde schon das Auftauchen eines Jägers oder einer Korvette genügen, um den Frachter in Bedrängnis zu bringen. Die kleinen schnellen Kampfschiffe, die sich noch bis vor Kurzem zu Verteidigungszwecken außerhalb der Planetenatmosphäre aufgehalten hatten, waren vor Monaten von Prime zurückbeordert und in irgendwelche andere Sternensysteme geschickt worden, um sich an dem letztlich doch aussichtslosen Kampf gegen Black Jacks Flotte zu beteiligen. Weder waren diese Schiffe zurückgekehrt noch hatte man Ersatz geschickt, sodass für den Augenblick keine Gefahr drohte.

Als der Frachter noch zwölf Stunden von den Hauptdocks im Orbit um den vierten Planeten entfernt war, unternahm Drakon einen Spaziergang durch die umgebauten Frachträume und die übrigen begehbaren Bereiche des Schiffs. Die zivile Crew verhielt sich ihm gegenüber unterwürfig. Sie alle wussten, dass ihnen jeden Augenblick der Tod drohte, wenn sie sich auf irgendeine Weise seinen Zorn zuzogen. Kurzzeitig hatte Drakon mit dem Gedanken gespielt, einem der nervösesten Besatzungsmitglieder zu sagen, wie sehr ihn dieses unterwürfige Verhalten anwidere, nur um die Reaktion darauf zu erleben. Er nahm jedoch davon schnell wieder Abstand, weil es einfach nur gehässig und grausam gewesen wäre. Immerhin wusste er aus eigener Erfahrung als junger Offizier, dass diese Art von Späßen nur für die Vorgesetzten witzig war, die sich solche Bemerkungen erlaubten.