»Ich sehe, daß Ihr viele Probleme habt, Bill, aber ich weiß nicht, was das mit mir zu tun hat. Ich weiß nur, daß es kein Scherz war, als Ihr mir durch den Quartiermeister habt ausrichten lassen, daß Ihr nur vier Fässer wolltet.«
»Oh, das hat noch sehr viel mehr mit Euch zu tun, darauf könnt Ihr Euch verlassen, Hooch. Sehr viel mehr. Denn ich bin noch nicht geschlagen. Der Prophet hat mir zwar meine ganzen Whisky-Roten genommen, und Ta-Kumsaw hat meine weißen Bürger in Angst und Schrecken versetzt, aber ich gebe nicht auf.«
»Nein, Ihr seid niemand, der aufgibt«, erwiderte Hooch. Du bist eine schleimige, hinterhältige Schlange von einem Mann, aber niemand, der aufgibt. Das sagte er natürlich nicht, weil Harrison es mit Sicherheit falsch aufgefaßt hätte — aber für Hooch war das ein Kompliment. Genau seine Sorte Mann.
»Es geht um Ta-Kumsaw und den Propheten, so einfach ist das. Ich muß sie töten. Nein, ich muß sie erst schlagen, um sie danach zu töten. Ich muß es mit ihnen aufnehmen und sie beide lächerlich machen, um sie danach zu töten.«
»Gute Idee. Da werde ich gerne die Wetten annehmen.«
»Darauf würde ich auch wetten. Daß Ihr einfach nur dasteht und Wetten annehmt. Nun, ich kann meine Soldaten nicht einfach nach Norden schicken, um Prophetstown dem Erdboden gleichzumachen, weil Brustwehr-Gottes sich mir vom ersten Schritt an in den Weg stellen würde. Wahrscheinlich würde er die Streitkräfte von Fort Wayne zur Hilfe rufen. Vielleicht würde er sogar dafür sorgen, daß ich meines Postens enthoben würde. Also muß ich dafür Sorge tragen, daß die Leute in Vigor Church und den ganzen Wobbish entlang mich darum anflehen, sie von diesen Roten zu befreien.«
Endlich verstand Hooch, was Harrison vorhatte. »Ihr wollt eine Provokation.«
»Darum geht es, Hooch. Ich will, daß einige Rote nach Norden gehen und dort ordentlich Unheil stiften und daß sie allen erzählen, sie handelten im Auftrag von Ta-Kumsaw und dem Propheten. Denen will ich alles in die Schuhe schieben.«
Hooch nickte. »Ich verstehe. Dazu würde es nicht genügen, wenn sie nur ein paar Kühe forttreiben. Nein, das einzige, was die Leute im Norden in Aufruhr versetzen würde, bis sie nach Rotenblut gieren, wäre etwas außerordentlich Häßliches. Wenn man, zum Beispiel, ein paar Kinder entführt und sie zu Tode foltert und dann Ta-Kumsaws Namen in die Leichen ritzt und sie liegenläßt, damit man sie findet. Irgend etwas in der Art.«
»Nun, ich würde nicht so weit gehen, irgend jemandem aufzutragen, etwas so Furchtbares zu tun, Hooch. Tatsächlich würde ich überhaupt keine genauen Anweisungen erteilen, etwas zu tun, das die Weißen im Norden aufwiegelt.«
»Aber es würde Euch nicht überraschen, wenn es auf Vergewaltigung und Folter hinausliefe.«
»Ich möchte nicht, daß sie auch nur eine weiße Frau anrühren, Hooch. Das käme nicht in Frage.«
»Ach ja, das also nicht«, bemerkte Hooch. »Also heißt es doch eindeutig, Kinder zu foltern. Männliche Kinder.«
»Wie ich schon sagte, so etwas würde ich nie jemandem auftragen.«
Hooch nickte sanft, er behielt die Augen geschlossen. Harrison mochte zwar niemandem dergleichen auftragen, mit Sicherheit aber würde er ihm auch nicht sagen, er solle es nicht tun. »Und natürlich könnten es auch keine Roten aus dieser Gegend hier sein, Bill, weil sie alle fort sind und weil Eure zahmen Roten der nichtsnutzigste Abschaum auf Gottes Erdboden sind.«
»Das stimmt wohl so ziemlich.«
»Also braucht Ihr Rote, die flußabwärts aus dem Süden kommen. Rote, die noch nicht die Predigten des Propheten gehört haben, so daß sie noch immer Branntwein haben wollen. Rote, die noch über genügend Gehirn verfügen, um die Sache richtig zu machen, und die blutrünstig genug sind, um Kinder langsam zu Tode zu quälen. Und meine Ladung braucht Ihr zur Bestechung.«
»Ihr liegt ziemlich richtig, Hooch.«
»Ihr könnt sie haben, Bill. Laßt die Anklage gegen mich fallen, dann bekommt Ihr meinen ganzen Fusel umsonst.
Gebt mir nur genug Geld, damit ich meine Schiffsjungen bezahlen kann, sonst stechen die mich auf dem Heimweg noch ab. Ich glaube, das ist wohl nicht zuviel verlangt.«
»Also Hooch, Ihr wißt doch, daß ich noch mehr brauche als das.«
»Aber das, Bill, ist nun einmal alles, was ich tun werde.«
»Ich kann nicht derjenige sein, der diesen Cree-Eks oder Choc-Taws sagt, was geschehen muß. Das muß ein anderer tun. Jemand, den ich jederzeit verleugnen kann, sollte die Sache jemals herauskommen. Jemand, der dazu seinen eigenen Whisky benutzt, von dem ich nichts wußte.«
»Bill, ich verstehe Euch zwar, aber Ihr habt von Anfang an richtig geraten. Ihr habt tatsächlich etwas gefunden, das so niederträchtig ist, daß ich nichts damit zu tun haben will.«
Harrison musterte ihn böse. »Einen Offizier tätlich anzugreifen, ist ein Vergehen, das in diesem Fort mit dem Strang bestraft wird, Hooch. Habe ich das nicht deutlich genug gemacht?«
»Bill, ich habe in meinem Leben gelogen, betrogen und manchmal auch getötet, um weiterzukommen, aber wenn ich etwas nicht getan habe, so ist es, jemanden zu bestechen, damit er irgendeiner Mutter die Kinder raubt und sie zu Tode foltert. Das habe ich, ganz ehrlich gesagt, noch nie getan. Und ebenso ehrlich gesagt: Ich werde es auch nicht tun.«
Harrison studierte Hoochs Miene und mußte feststellen, daß es stimmte. »Wer hätte das gedacht! Es gibt tatsächlich noch eine Sünde, die so schlimm ist, daß nicht einmal Hooch Palmer sie begehen würde, selbst wenn er deswegen sterben müßte.«
»Ihr werdet mich nicht umbringen, Bill.«
»O doch, das werde ich, Hooch. Und zwar aus zwei Gründen. Erstens habt Ihr mir die falsche Antwort auf meine Bitte gegeben, und zweitens habt Ihr sie überhaupt gehört. Ihr seid ein toter Mann, Hooch.«
»Das soll mir recht sein«, meinte Hooch. »Und nehmt auch einen ordentlich kratzigen Strick dazu und einen guten, hohen Galgen, von dem ich zwanzig Fuß in die Tiefe stürze. Ich will eine Hinrichtung, an die sich die Leute noch lange erinnern werden.«
»Ihr bekommt einen Ast an einem Bau, und wir werden den Strick ganz langsam hochziehen, damit Ihr erstickt, anstatt Euch das Genick zu brechen.«
»Hauptsache, man erinnert sich daran«, versetzte Hooch.
Harrison rief einige Soldaten und ließ Hooch ins Gefängnis führen. Diesmal traten und schlugen sie ihn auch, so daß Hooch einige neue Schürfungen und möglicherweise auch eine gebrochene Rippe davontrug.
Viel Zeit hatte er auch nicht mehr.
Also legte er sich ganz ruhig auf den Boden der Gefängniszelle. Die Betrunkenen waren verschwunden, aber die Ruhestörer waren noch da, sie hatten die Pritschen eingenommen, so daß ihm nur der Fußboden übriggeblieben war. Das war Hooch nicht sonderlich wichtig. Er wußte, daß Harrison ihm ein oder zwei Stunden Zeit gewähren würde, um sich die Sache noch einmal zu überlegen, danach würde er ihn hinausführen, ihm die Schlinge um den Hals legen und ihn töten. Natürlich würde er vielleicht versuchen, so zu tun, als gewährte er ihm eine letzte Chance, aber das würde er nicht ernst meinen, denn nun konnte er Hooch nicht mehr trauen. Hooch hatte ihm seinen Wunsch ausgeschlagen, so daß er ihm niemals mehr trauen würde, den Auftrag tatsächlich auszuführen, sollte er ihn doch laufenlassen.
Nun, Hooch hatte vor, seine Zeit klug zu nutzen. Er fing ganz einfach an. Er schloß die Augen und ließ etwas Hitze in seinem Inneren entstehen. Einen Funken. Und dann ließ er den Funken hervortreten. Das war es, was die Rutengänger ihrem eigenen Bekunden nach taten, wenn sie ihre Rute nämlich unter den Boden schickten, um nachzusehen, wie es dort aussah. Er schickte seinen Funken auf die Suche und war schon bald am Zieclass="underline" Gouverneur Bills eigenes Haus. Der Funke war nun schon zu weit entfernt, als daß er damit eine besondere Stelle im Haus hätte ausmachen können, er konnte also nicht genau zielen. Daher pumpte er seinen ganzen Haß, seinen Zorn und seinen Schmerz in den Funken hinein, ließ ihn heißer und heißer werden. Dabei ließ er sich gehen, wie er es noch nie zuvor in seinem Leben getan hatte. Und gab noch mehr Druck und noch mehr Druck, bis er schließlich das höchst willkommene Geräusch vernahm.