Выбрать главу

Und dann drehte Al Miller zu den anderen Männern um, die ihn voller Ehrfurcht anschauten, als hätten sie zum ersten Mal in ihrem Leben seine Majestät geschaut. »Zehn Jahre lang haben wir hier nach Brustwehrs Pfeife getanzt. Aber für mich ist jetzt Schluß damit. Ich habe einen Jungen im Hatrack River auf dem Weg hierher verloren, und diese Stadt ist nach ihm benannt worden. Jetzt habe ich zwei weitere Jungen verloren. Ich habe jetzt nur noch fünf Söhne, aber eines sage ich euch: Denen werde ich persönlich die Gewehre in die Hand drücken, und ich werde sie mitten nach Prophetstown führen und diese Roten zur Hölle schicken, und wenn wir alle dabei draufgehen! Habt Ihr mich verstanden?«

Sie hatten ihn verdammt gut verstanden. Sie hatten ehrfürchtig gelauscht und schrien jetzt ihre Antwort heraus. Das war es, was sie im Augenblick hatten hören wollen, das Wort des Hasses und des Zorns und der Rache, und keiner war besser dazu geeignet, es ihnen zu geben, als Al Miller, der normalerweise ein friedliebender Mann war. Und daß er der Vater der entführten Jungen war, verlieh seinen Worten nur noch mehr Nachdruck.

»So, wie ich die Sache sehe«, fuhr Al Miller fort, »hat Bill Harrison die ganze Zeit recht gehabt. Kein roter und kein weißer Mann können sich dieses Land teilen. Und ich sage euch noch etwas: Ich bin es nicht, der von hier verschwinden wird. Dazu ist schon zuviel von meinem eigenen Blut vergossen worden, als daß ich jetzt meine Sachen packen und gehen würde. Ich bleibe, entweder auf diesem Grund und Boden oder darunter.«

Ich auch, sagten alle seine Jungen. So wird es sein, Al Miller. Wir bleiben.

»Dank unserem Brustwehr hier haben wir kein Staket und kein Fort der US-Armee, das näher läge als Carthage City. Wenn wir jetzt kämpfen, könnte es sein, daß wir alles und alle verlieren. Also wollen wir die Roten so gut abwehren, wie wir nur können, und Hilfe holen. Ein Dutzend Männer soll sich nach Carthage City begeben und Bill Harrison bitten, uns eine Armee zu schicken und vielleicht auch seine Kanonen, wenn er kann. Meine beiden Jungen sind von uns gegangen, und das Leben von tausend Roten für jeden meiner Söhne wird nicht genügen, um mir Genugtuung zu verschaffen!«

Schon am nächsten Morgen machten sich die zwölf Reiter auf den Weg nach Süden. Sie hatten sich auf der Gemeindewiese gesammelt, die von Wegen überfüllt war, als immer mehr Familien aus den fernen Farmen in die Stadt kamen, um bei Freunden und Verwandten unterzukommen. Doch Al Miller war nicht dort, um sie zu verabschieden. Gestern hatten seine Worte sie noch alle in Erregung versetzt, doch mehr würden sie von ihm nicht bekommen. Er wollte die Sache nicht leiten, er wollte nur seine Jungen wiederhaben.

In der Kirche saß Brustwehr-Gottes niedergeschlagen in der vordersten Reihe.

»Wir begehen einen schrecklichen Fehler«, sagte er zu Reverend Thrower.

»Das tun die Menschen immer«, meinte Thrower, »wenn sie ihre Entscheidungen ohne die Hilfe des Herrn fällen.«

»Es war nicht Ta-Kumsaw. Das weiß ich. Und der Prophet war es auch nicht.«

»Er ist kein Prophet, zumindest kein Prophet Gottes«, versetzte Thrower.

»Ein Mörder ist er aber auch nicht«, erwiderte Brustwehr. »Vielleicht hat Tack recht gehabt, vielleicht hatte Ta-Kumsaw tatsächlich irgend etwas damit zu tun. Aber eins weiß ich: Ta-Kumsaw ist auch kein Mörder. Gewiß, im Krieg tötet auch er, aber während seiner ganzen Überfälle unten im Süden hat er keine Menschenseele getötet. Wenn Ta-Kumsaw diese Jungen in seiner Gewalt hat, dann sind sie ebenso sicher, als lägen sie zu Hause bei ihrer Mutter im Bett.«

Thrower seufzte. »Ich vermute, daß Ihr diese Roten besser kennt als ich.«

»Ich kenne sie besser als jeder andere.« Er lachte verbittert. »Deshalb nennt man mich ja Freund der Roten und hört nicht auf das, was ich sage. Jetzt rufen sie diesen mit Whisky handelnden Tyrannen aus Carthage City herbei, um hier die Sache zu übernehmen. Egal, was er tut, er wird zum Helden werden. Dann werden sie ihn wirklich zum Gouverneur machen. Herrje, wahrscheinlich machen sie ihn sogar zum Präsidenten, wenn Wobbish sich jemals den USA anschließen sollte.«

»Ich kenne diesen Harrison nicht. Er kann unmöglich solch ein Teufel sein, wie Ihr ihn darstellt.«

Brustwehr lachte. »Manchmal, Reverend, glaube ich, daß Ihr vertrauensselig seid wie ein kleines Kind.«

»Was uns der Herr zu sein ja auch aufgetragen hat. Brustwehr-Gottes, seid geduldig. Alles wird so werden, wie der Herr es beabsichtigt.«

Brustwehr vergrub das Gesicht in seinen Händen. »Das hoffe ich, Reverend, das hoffe ich wirklich. Aber ich denke immer noch an Measure, ein so guter Mann, und an diesen jungen Alvin, diesen Jungen mit dem lieblichen Gesicht, und wie sehr sein Papa ihn schätzt und…«

Throwers Miene wurde grimmig. »Alvin Junior«, murmelte er. »Wer hätte gedacht, daß der Herr sich des Armes der Heiden bedienen würde, um sein Werk zu vollbringen?«

»Wovon redet Ihr da?« fragte Brustwehr.

»Nichts, Brustwehr, nichts. Nur davon, daß all dies genau, und zwar ganz genau das sein könnte, was der Herr vorhat.«

Oben auf dem Hügel im Haus der Millers saß Al noch immer am Frühstückstisch. Am Abend zuvor hatte er nichts gegessen, und als er heute versucht hatte, zu frühstücken, hatte er würgen müssen. Faith hatte alles wieder abgeräumt und stand nun hinter ihm, rieb ihm die Schultern. Nicht ein einziges Mal sagte sie zu ihm: Ich habe dir doch gesagt, daß du sie nicht wegschicken sollst. Doch beide wußten es. Wie ein Schwert hing es zwischen ihnen, und keiner von beiden wagte es, die Hand nach dem anderen auszustrecken, so sehr fürchtete er sich davor.

Die Stille wurde unterbrochen, als Wastenot eintrat, ein Gewehr über die Schulter geschlungen. Er stellte es neben der Haustür ab, schwang sich einen Stuhl zwischen die Beine und setzte sich nieder, um seine Eltern anzuschauen. »Sie sind fort, um die Armee zu holen.«

Zu seiner Überraschung senkte sein Vater nur den Kopf und legte ihn auf seine Arme, die verschränkt auf dem Tisch lagen.

Mutter sah ihn an, ihr Gesicht war hager vor Sorge und Trauer. »Seit wann kannst du mit dem Ding dort umgehen?«

»Ich und Wantnot haben geübt«, antwortete er.

»Wirst du Rote damit umbringen?«

Wastenot war überrascht von der Abscheu in ihrer Stimme. »Ich will es wirklich hoffen«, sagte er.

»Und wenn all die Roten dann tot sind und ihr ihre Leichen aufeinander häuft, werden Measure und Alvin dann irgendwie aus diesem Haufen hervorkriechen und zu mir nach Hause zurückkehren?«

Wastenot schüttelte den Kopf.

»Gestern abend ist irgendein Roter zu seiner Familie nach Hause zurückgekehrt, ganz stolz darauf, daß er gestern ein paar weiße Jungen getötet hat.« Ihre Stimme stockte, als sie es sagte, dennoch fuhr sie fort, denn wenn Faith Miller etwas zu sagen hatte, wurde es auch gesagt. »Und vielleicht hat seine Frau oder seine Mutter ihm dafür auf die Schulter geklopft und ihm das Abendessen zubereitet. Aber komm du mir nie durch diese Tür, um mir zu sagen, daß du einen roten Mann getötet hast. Denn dann bekommst du kein Abendessen und keinen Kuß, und man wird dir auch nicht auf die Schultern klopfen, und du bekommst kein einziges Wort zu hören und du bekommst kein Zuhause und keine Mutter, hast du mich verstanden?«

Er verstand sie sehr gut, doch es gefiel ihm nicht. Er stand auf, schritt zur Tür zurück und nahm das Gewehr auf. »Du kannst denken, was du willst, Mama«, sagte er, »aber das hier ist Krieg, und ich werde einige Rote töten, und ich werde auch nach Hause zurückkehren und werde dafür so stolz einstehen, wie ich nur kann. Und wenn das bedeutet, daß du dann nicht mehr meine Mutter sein willst, dann kannst du auch schon jetzt damit aufhören, meine Mutter zu sein, dann brauchst du nicht erst zu warten, bis ich zurückgekehrt bin.« Er öffnete die Tür, hielt aber noch inne, bevor er sie hinter sich zuschlug. »Freu dich nur, Mama, vielleicht komme ich ja auch gar nicht mehr zurück.«