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»Das weiß ich«, entgegnete Ta-Kumsaw.

»Ihr habt mir eine Armee von zehntausend Roten versprochen, Ta-Kumsaw. Statt dessen höre ich ständig von einer Stadt mit zehntausend Quäkern!«

»Es sind keine Quäker.«

»Wenn sie dem Krieg abschwören, läuft das auf dasselbe heraus.« Plötzlich klang Napoleons Stimme weich, liebevoll und eindringlich. »Ta-Kumsaw, ich brauche Euch, ich bin von Euch abhängig, laßt mich nicht im Stich.«

Ta-Kumsaw lachte. Napoleon hatte schon vor langer Zeit gemerkt, daß seine Tricks zwar auf Weiße wirkten, aber nicht halb so gut auf Rote, und auf Ta-Kumsaw schon gar nicht.

»Ihr macht Euch nichts aus mir, und ich mache mir nichts aus Euch«, versetzte Ta-Kumsaw. »Ihr wollt eine Schlacht und einen Sieg, damit Ihr als Held nach Paris zurückkehren könnt. Ich will eine Schlacht und einen Sieg, damit ich das Entsetzen in die Herzen der Weißen tragen und eine noch größere Armee von Roten unter mein Kommando bringen kann. Dann wollen wir das Land südlich von hier überrennen und die Engländer über die Berge zurücktreiben. Eine Schlacht, ein Sieg — deshalb arbeiten wir zusammen, und wenn das erledigt ist, werde ich nie wieder an Euch denken, und Ihr werdet nie mehr an mich denken.«

Napoleon war zwar wütend, doch er lachte. »Zur Hälfte stimmt das sogar«, meinte er. »Ich werde mir zwar nichts mehr aus Euch machen, aber an Euch denken werde ich doch. Ich habe von Euch gelernt, Ta-Kumsaw. Daß die Liebe zu ihrem Befehlshaber seine Männer besser kämpfen läßt als die Liebe zu ihrem Land; und die Liebe zum Land besser als die Hoffnung auf Ruhm; und die Hoffnung auf Ruhm besser als Plünderung; und Plünderung besser als Lohn. Am besten aber ist es, für eine Sache zu kämpfen. Für einen großen und edlen Traum. Ich habe immer die Liebe meiner Männer besessen. Sie wären für mich gestorben. Für eine Sache aber würden sie sogar ihre Frauen und Kinder sterben lassen und meinen, daß der Preis nicht zu hoch sei.«

»Wie habt Ihr das von mir lernen wollen?« fragte Ta-Kumsaw. »Das ist die Rede meines Bruders, aber nicht die meine.«

»Eures Bruders? Ich dachte, der wäre der Meinung, daß es sich für nichts zu sterben lohne.«

»Nein, mit dem Sterben ist er sehr großzügig. Nur vom Töten will er nichts wissen.«

Napoleon lachte, und Ta-Kumsaw fiel in dieses Lachen ein. »Ihr habt recht. Wir sind keine Freunde. Aber ich mag Euch. Mich verwundert jedoch etwas. Wenn Ihr gesiegt habt und alle weißen Männer verschwunden sind, wollt Ihr dann wirklich fortgehen und alle Stämme so gewähren lassen wie vorher, stark und uneins?«

»Glücklich. Das waren wir vorher. Viele Stämme, viele Sprachen, aber ein einziges, lebendiges Land.«

»Stark«, sagte Napoleon wieder. »Wenn ich mein ganzes Land einmal unter meine Fahne vereinigt habe, Ta-Kumsaw, dann werde ich es so lange und so fest vereinigt halten, bis daraus ein großes Volk geworden ist, ein großes und starkes Volk. Und sollte ich das jemals tun, dann könnt Ihr Euch auf eins verlassen: Dann werden wir zurückkehren und Euch Euer Land nehmen, wie wir uns alle anderen Länder auf der Erde nehmen werden. Verlaßt Euch darauf.«

»Das liegt daran, daß Ihr böse seid, General Bonaparte. Ihr wollt alles Eurem Gehorsam unterwerfen, alles und jeden.«

»Das ist doch nicht böse, törichter Wilder! Wenn alle mir gehorchten, wären sie glücklich und sicher, es würde Frieden herrschen, und zum erstenmal in der Geschichte wären alle frei.«

»Ja, sie wären in Sicherheit, es sei denn, sie stellten sich gegen Euch. Sie wären glücklich, es sei denn, sie haßten Euch. Sie wären frei, es sei denn, sie wollten etwas tun, das nicht Eurem Willen entspricht.«

»Man stelle sich das vor, ein roter Mann, der philosophiert! Wissen diese Bauernsiedler südlich von hier überhaupt, daß Ihr Newton gelesen habt, Voltaire, Rousseau und Adam Smith?«

»Ich glaube nicht, daß sie überhaupt wissen, daß ich ihre Sprachen lesen kann.«

Napoleon beugte sich über seinen Schreibtisch. »Wir werden sie vernichten, Ta-Kumsaw, Ihr und ich gemeinsam. Aber Ihr müßt mir eine Armee bringen.«

»Mein Bruder prophezeit, daß wir vor Jahresende eine Armee haben werden.«

»Eine Prophezeiung?«

»Alle seine Prophezeiungen werden wahr.«

»Sagt er auch, daß wir siegen werden?«

Ta-Kumsaw lachte auf. »Er sah, daß Ihr als der größte europäische General gelten werdet, der je gelebt hat. Und ich werde als der größte aller Roten geachtet werden.«

Napoleon fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und lächelte, jetzt wirkte er fast jungenhaft. »Mir scheint, daß der Frage damit ausgewichen wird. Auch tote Männer kann man groß nennen.«

»Aber Männer, die Schlachten verlieren, werden niemals groß genannt, nicht wahr? Edel vielleicht oder heldenhaft. Aber nicht groß.«

»Das ist wahr, Ta-Kumsaw. Aber Euer Bruder legt sich nicht fest. Er ist wie ein Orakel.«

»So etwas kenne ich nicht.«

»Natürlich kennt Ihr kein Orakel. Ihr seid ja auch nur ein Wilder.« Napoleon goß Wein ein. »Ich vergesse meine Manieren. Wein?«

Ta-Kumsaw schüttelte den Kopf.

»Für den Jungen wohl auch nicht, vermute ich?«

»Er ist erst zehn«, erwiderte Ta-Kumsaw.

»In Frankreich heißt das, daß wir das Wasser zur Hälfte mit Wein verdünnen. Was tut Ihr mit dem weißen Jungen, Ta-Kumsaw? Nehmt Ihr inzwischen schon Kinder gefangen?«

»Dieser Weiße Junge«, versetzte Ta-Kumsaw, »ist mehr, als es den Anschein hat.«

»In einem Lendenschurz sieht er nicht nach viel aus. Versteht er Französisch?«

»Kein Wort«, antwortete Ta-Kumsaw. »Ich bin gekommen, um Euch etwas zu fragen — könnt Ihr uns Gewehre geben?«

»Nein«, erwiderte Napoleon.

»Wir können nicht mit Pfeilen gegen Kugeln kämpfen«, meinte Ta-Kumsaw.

»La Fayette weigert sich, Euch Gewehre auszuhändigen. Paris ist seiner Meinung. Man traut Euch nicht. Man befürchtet, daß alle Gewehr, die man Euch aushändigt, eines Tages gegen uns gerichtet werden könnten.«

»Was nützt es mir dann, eine Armee auszuheben?«

Napoleon lächelte und nippte an seinem Wein. »Ich habe mich mit ein paar Händlern der Irrakwa unterhalten.«

»Die Irrakwa sind der Urin kranker Hunde«, erwiderte Ta-Kumsaw abfällig. »Bevor die Weißen kamen, waren sie grausame, heimtückische Tiere, und nun sind sie noch schlimmer geworden.«

»Seltsam. Die Engländer scheinen in ihnen verwandte Seelen zu sehen. Und La Fayette himmelt sie an. Aber das einzige, was jetzt zählt, ist folgendes: Sie stellen Gewehre her, in großer Anzahl und billig. Nicht unbedingt die zuverlässigsten Waffen, aber sie verwenden genau die gleiche Munition. Das bedeutet, daß sie Kugeln herstellen, die enger in den Lauf passen und die treffsicherer sind. Und doch verkaufen sie sie zu einem niedrigeren Preis.«

»Werdet Ihr sie für uns kaufen?«

»Nein. Ihr werdet sie kaufen.«

»Wir besitzen kein Geld.«

»Pelze«, erwiderte Napoleon. »Biberpelze. Nerze. Hirschhäute und Büffelleder.«

Ta-Kumsaw schüttelte den Kopf. »Wir können diese Tiere nicht darum bitten, für Gewehre zu sterben.«

»Schade«, meinte Napoleon. »Aber die Irrakwa wollen auch noch etwas anderes außer Pelze.«

»Wir besitzen nichts, was sie begehren könnten.«