Выбрать главу

»Sie hatten mir etwas zu sagen, Monsieur Mere«, sagte sie mit Interesse.

»Ich wollte von Ihnen Abschied nehmen, Miss Alice! ... Ich reise noch heute ab!« antwortete er mit ziemlich unsicherer Stimme.

Das leichte Rot, das den zarten Teint von Miss Watkins belebte, war urplötzlich verschwunden.

»Abreisen? ... Sie wollen fortgehen ... nach ...?« fragte sie ganz verwirrt.

»Nach meiner Heimat . . . nach Frankreich«, erwiderte Cyprien. »Meine hiesigen Arbeiten sind vollendet . . . meine Mission ist damit erfüllt. Ich habe im Griqualand nichts mehr zu schaffen und bin deshalb verpflichtet, nach Paris zurückzukehren . . .«

Während er so mit zögernder Stimme sprach, nahm er schon mehr den Ton eines Angeklagten an, der sich zu entschuldigen sucht.

»Ah ... ja ...! Ganz richtig! ... Das geht ja nicht anders!« stammelte Alice, ohne recht zu wissen, was sie sagte.

Das junge Mädchen war wie vom Donner gerührt, diese Nachricht traf sie in ihrem unbewußten Glück wie ein Keulenschlag. Bald sammelten sich große schwere Tränen in ihren Augen und perlten an den langen, diese umschattenden Wimpern herab. Aber als ob dieser plötzliche Schmerz sie zur Wirklichkeit zurückführte, fand sie doch die Kraft, lächelnd zu sagen:

»Also abreisen wollen Sie ? . . . Nun, und Ihre ergebene Schülerin wollen Sie einfach verlassen, bevor diese den an-

gefangenen Kurs in der Chemie vollendet hat? Sie wollen, daß ich beim Sauerstoff stehenbleibe und mir die Geheimnisse des Stickstoffs ein Buch mit sieben Siegeln bleiben sollen? ... Das ist nicht nett von Ihnen, Monsieur Mere!«

Wohl versuchte sie ihre Worte in scherzhaftes Gebilde zu kleiden, nur strafte sie der Ton ihrer Stimme Lügen. Unter diesem Scherz verbarg sich ein schwerer Vorwurf, der dem jungen Mann tief zu Herzen ging. In gewöhnlicher Sprache lautete er nämlich:

»Nun, und ich? ... Mich rechnen Sie also für nichts? ... Sie werfen mich einfach in die frühere Unwissenheit zurück! . . . Sie wären nur hierher gekommen, um sich unter den Buren und den habgierigen Minengräbern als höheres, bevorzugtes, stolzes, interesseloses Wesen zu zeigen! Sie hätten mich in Ihre Studien und Arbeiten eingeweiht, hätten mir Ihr Herz und sein ehrgeiziges Streben eröffnet, Ihre wissenschaftlichen Schatzkammern und Ihre künstlerischen Keime gewiesen; Sie hätten mir nur die Entfernung hervorheben wollen, die sich zwischen einem Denker wie Sie und den anderen Zweihändern, die mich umgeben, auftut! ... Das alles hätten Sie getan, um sich bewundern und lieben zu lassen, und wenn Ihnen das gelungen, dann erklären Sie ohne alle Umstände, daß Sie wieder weggehen, daß alles zu Ende ist, daß Sie nach Paris zurückkehren und sich beeilen wollen, mich ganz zu vergessen? Und Sie glauben auch, daß ich eine solche Lösung bestehender Verhältnisse mit philosophischem Gleichmut hinnehmen werde?«

Ja, das alles lag in Alices Worten, und ihr feuchtes Auge unterstützte es noch so deutlich, daß Cyprien sich fast versucht fühlte, auf diesen nicht ausgesprochenen und doch so beredten Vorwurf zu antworten. Es fehlte nicht viel, daß er ausgerufen hätte:

»Es muß sein! ... Gestern hab' ich bei Ihrem Vater um Ihre Hand angehalten! . . . Er hat mich zurückgewiesen, ohne mir nur ein Fünkchen Hoffnung zu lassen. Begreifen Sie nun, weshalb ich fortgehe?«

Noch zur rechten Zeit erinnerte er sich aber des gegebenen Versprechens. Er hatte sich ja verpflichtet, der Tochter von John Watkins niemals von dem schönen Traum zu reden, den er sich gewebt hatte, und er hätte sich für verächtlich gehalten, wenn er ein gegebenes Wort brach.

Gleichzeitig empfand er freilich, wie dieser Plan einer überstürzten Abreise, den er unter dem Druck des erlebten Mißgeschicks gefaßt hatte, doch etwas rücksichtslos erscheinen mußte. Es schien ihm unmöglich, das reizende Kind, das er liebte, und das ihm - sah er's jetzt doch allzu deutlich - ebenfalls eine aufrichtige, tiefe Zuneigung entgegenbrachte, so ohne alle Vorbereitung, ohne Aufschub zu verlassen.

Der Beschluß, der sich ihm 2 Stunden früher mit dem Charakter unbedingter Notwendigkeit aufgedrängt hatte, erschreckte ihn jetzt selbst, und er wagte nicht, ihn ganz auszusprechen. Ja, er verleugnete seine eigentliche Absicht jetzt gleich völlig.

»Wenn ich vom Abreisen sprach, Miss Alice, so meine ich damit nicht diesen Morgen, auch nicht den heutigen

Tag. Ich habe noch verschiedenes aufzuzeichnen ... noch Vorbereitungen zu treffen . . . jedenfalls werd' ich noch die Ehre haben, Sie wiederzusehen und mit Ihnen über einen weiteren Studienplan zu sprechen!«

Sich schnell auf den Fersen umdrehend, entfloh Cyprien nach diesen Worten wie ein Irrsinniger, stürmte in seine Hütte und warf sich hier in einen hölzernen Stuhl, wo er in tiefes Nachdenken versank.

Sein Gedankengang hatte jetzt eine ganz andere Richtung angenommen.

»Auf soviel Schönheit und Liebreiz verzichten, wegen Mangels an ein wenig Geld!« murmelte er für sich. »Den Kampf schon beim ersten Hindernis aufgeben! Zeigt das soviel Mut, wie ich's mir dachte? Wär's nicht besser, einige Vorurteile zu opfern und danach zu streben, ihrer würdig zu werden? . . . So viele Leute erwarben schon durch Dia-mantgräberei binnen wenigen Monaten ein hübsches Vermögen; warum sollt' ich selbst das nicht versuchen? Wer hindert mich daran, auch einen Stein von 100 Karat zu finden, wie es anderen geglückt ist, oder noch besser, gleich eine neue Fundstätte zu entdecken? Ohne Zweifel besitze ich mehr theoretische und praktische Kenntnisse als die Mehrzahl jener Leute. Warum sollte mich die Wissenschaft nicht erreichen lassen, was anderen durch rauhe Arbeit mit ein wenig Zufall geglückt ist? Alles in allem wage ich ja bei dem Versuch nicht besonders viel! Selbst mit Rücksicht auf meine Sendung hierher erscheint es am Ende nicht nutzlos, selbst die Hacke in die Hand zu nehmen und das Geschäft als Minengräber zu versuchen. Und wenn es mir gelingt, wenn ich durch dieses einfache Mittel gar reich würde, wer weiß, ob John Watkins dann nicht mit sich reden und zum Widerruf seiner ersten Entscheidung bewegen ließe. Der Preis verdient es wahrlich, das Abenteuer zu wagen!«

Cyprien begann wieder in seinem Labor auf und ab zu gehen; diesmal aber blieben seine Hände untätig - seine Gedanken allein waren in Bewegung.

Plötzlich blieb er stehen, ergriff seinen Hut und ging hinaus. Nachdem er den Fußsteig erreicht, der nach der Ebene hinunterführte, wandte er sich schnellen Schritts der Van-dergaart-Kopje zu. In kaum 1 Stunde traf er dort ein.

Eben jetzt strömten die Gräber in hellen Haufen nach dem eigentlichen Lagerplatz zum zweiten Frühstück zurück.

Als Cyprien die vielen sonnverbrannten Gesichter an sich vorüberkommen sah, fragte er sich, wer wohl imstande sein möchte, die ihm nötige Auskunft auf das, was er zu wissen wünschte, zu erteilen. Da erkannte er unter einer Gruppe Männer das ehrliche Gesicht Thomas Steels, des früheren Bergmanns aus Lancashire. Zwei- oder dreimal schon hatte er seit ihrer gemeinsamen Ankunft im Gri-qualand Gelegenheit gehabt, ihm zu begegnen und sich zu überzeugen, daß der wackere Mann sichtlich wohl gedieh, wie das seine heiteren Züge, der ganz neue Anzug und vor allem der breite Ledergürtel bewies, den er um die Hüften geschlungen trug.

Cyprien beschloß, sich an diesen zu wenden und ihm seine Absichten mitzuteilen, was denn auch bald mit wenigen Worten geschehen war.

»Einen Claim pachten? Nichts leichter als das, wenn Sie das dazu nötige Geld haben«, antwortete ihm der Bergmann. »Gerade neben dem meinigen ist jetzt einer frei. 400 Pfund Sterling (10.000 Francs = 8000 Mark) ist er unter Brüdern wert. Mit fünf bis sechs Negern, die ihn auf Ihre Rechnung bearbeiten, können Sie sich darauf verlassen, pro Woche 7- bis 800 Francs Diamanten zu >machen<!«