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Das Gebiet dieser Farm erstreckte sich am linken Ufer des Vaal etwa 2 Meilen über das Lager hinaus und enthielt Alluvialboden, der in der Tat recht gut Diamanten bergen konnte, obwohl bis auf den heutigen Tag dafür kein weiterer Beweis erbracht worden war.

Um diese alberne Komödie desto wirksamer zu machen, hielt Annibal Pantalacci darauf, stets in Sicht und vor den Fenstern Mathys Pretorius' Aufstellung zu nehmen, und meist schleppte er auch mehrere Kameraden mit, um ihnen durch seine Neckereien einen Spaß zu bereiten.

Dann konnte man sehen, wie der hinter den Baumwollvorhängen halb erstarrte Mann ängstlich ihren Bewegungen folgte, jede Miene der Leute belauschte und sich immer bereit hielt, nach dem Stall zu laufen, um seinen Strauß einzuspannen und zu fliehen, wenn er einen feindlichen Einfall in sein Gebiet befürchten zu müssen glaubte.

Warum hatte er aber auch das Unglück gehabt, einem seiner Freunde anzuvertrauen, daß er Tag und Nacht seinen Zugvogel angezäumt halte und die Sitzkasten seines Wagens schon mit Mundvorrat versehen habe, um bei den ersten entscheidenden Erscheinungen Reißaus nehmen zu können?

»Dann gehe ich zu den Buschmännern!« sagte er. »Schon vor 10 Jahren trieb ich mit ihnen Elfenbeinhandel, und ich versichere Ihnen, es ist hundertmal besser, inmitten der

Wilden und der Löwen und Schakale zu leben, als unter diesen unersättlichen Engländern zu wohnen!«

Der Vertraute des unglücklichen Farmers hatte aber -nach unveränderlicher Gewohnheit aller Vertrauten - nichts Eiligeres zu tun, als diese seine Projekte aller Welt auszuschwatzen. Es braucht also wohl kaum darauf hingewiesen zu werden, daß Annibal Pantalacci sich das zunutze machte, die Leute in der Kopje weidlich zu amüsieren.

Ein anderes gewöhnliches Opferlamm der schlechten Späße des Neapolitaners war und blieb der Chinese Li.

Auch dieser hatte sich bei der Vandergaart-Kopje niedergelassen und dort eine Waschanstalt gegründet. Es ist ja bekannt, daß die Kinder des Himmlischen Reichs sich auf das Geschäft als Wäscher besonders verstehen.

Der berüchtigte rote Kasten, der Cyprien so viel Kopfzerbrechen verursacht hatte, als er sich in den ersten Tagen auf der Reise nach dem Griqualand befand, enthielt nichts als Bürsten, Soda, Seifenriegel und Neublau. Für einen intelligenten Chinesen reichte das schon aus, um hierzulande sein Glück zu machen.

Cyprien konnte sich wirklich nicht enthalten, aufzulachen, wenn er Li ganz ernsthaft und schweigend und beladen mit einem großen Korb begegnete, in dem dieser seinen Kunden die Wäsche überbrachte.

Dagegen ärgerte es ihn zu sehen, wie wahrhaft roh sich Annibal Pantalacci gegen den armen Teufel benahm. Er warf ihm Tintenflaschen in seinen Waschzuber, spannte vor seiner Tür Seile aus, um ihn zu Fall zu bringen, und befestigte ihn an seiner Bank, indem er einen Nagel durch seine Bluse trieb. Vor allem verfehlte er niemals, ihn, wenn sich irgend die Gelegenheit bot, mit einem Fußtritt zu regalieren und ihn »Hund von einem Heiden« zu schimpfen. Und wenn er ihm die eigene Kundschaft aufgenötigt hatte, so geschah das nur, um wenigstens wöchentlich einmal solche Roheiten ausführen zu können. Niemals fand er seine Wäsche in gutem Zustand, obgleich Li sie mit größter Sorgfalt wusch und bügelte. Das kleinste falsche Fältchen setzte ihn in wildesten Zorn und er behandelte den bedauernswerten Chinesen, als ob dieser sein Sklave gewesen wäre.

Solcher Art waren die groben Vergnügungen des Lagerlebens. Sie nahmen jedoch zuweilen auch einen noch ernsteren Charakter an. Wenn es zum Beispiel vorkam, daß ein in der Mine beschäftigter Neger eines Diamantendiebstahls beschuldigt wurde, so hielten es gleich alle für ihre Pflicht, ihn zum Richter zu begleiten, und ließen es schon im voraus an gehörigen Faustschlägen nicht fehlen.

Wurde der Angeklagte dann auch völlig freigesprochen, so hatte er wenigstens seine Tracht Prügel weg. Übrigens erfolgten in solchen Fällen Freisprechungen nur sehr selten. Der Richter war mit einem verdammenden Urteil meist schneller fertig, als er ein Orangenviertel mit Salz - Lieblingsgericht des Landes - hätte aufessen können. Das Urteil lautete gewöhnlich auf 14 Tage Zwangsarbeit und 20 Hiebe mit der cat of nine tails, »der neunschwänzigen Katze«, einer Art Geißel mit Knoten in den Riemen, der man sich noch in Großbritannien und den englischen Besitzungen bedient, um die Gefangenen auszupeitschen.

Es gab auch noch ein anderes Verbrechen, das die Diamantengräber noch weniger zu vergeben geneigt waren als den Diebstahl - die Hehlerei.

Ward, der Yankee, der gleichzeitig mit dem jungen Ingenieur nach dem Griqualand gekommen war, machte darin eines Tages eine traurige Erfahrung, weil er von einem Kaffern Diamanten gekauft hatte. Ein Kaffer darf nach gesetzlicher Vorschrift überhaupt keine Diamanten besitzen, denn es ist ihm verboten, diese in einem Claim zu kaufen, oder gar einen solchen auf eigene Rechnung auszubeuten.

Kaum war die Tatsache bekannt geworden - es war des Abends und zu der Stunde, wo gewöhnlich das ganze Lager in Aufruhr ist -, als sich schon eine wütende Menge nach der Kantine des Schuldigen wälzte, hier alles durcheinanderwarf und sie dann anzündete; jedenfalls wäre der Yankee an den Galgen geknüpft worden, den schon einige dienstwillige Leute aufrichteten, als zu seinem Glück ein Dutzend berittene Policemen dazukamen, die ihn dadurch retteten, daß sie ihn ins Gefängnis abführten.

Inmitten dieser gemischten, jähzornigen und halbwilden Gesellschaft gehörten natürlich gewalttätige Auftritte nicht zu den Seltenheiten. Hier vermengten sich alle Rassen zur buntscheckigen, lärmenden Versammlung! Hier trugen der Durst nach Gold, der Einfluß eines ausdörrenden Klimas sowie Enttäuschungen und Ekel an der Arbeit dazu bei, die Köpfe zu erhitzen und die Gewissen zu erweitern. Hät-ten all die Leute in ihren Erdlöchern Erfolge erzielt, so hätten sie sich vielleicht ruhiger und duldsamer benommen. Aber auf einen, dem es nach langer Zeit glückte, einen Stein von großem Wert zu finden, gab es wohl Hunderte, die nur mühsam ihr Leben fristeten und kaum so viel gewannen, um die nötigsten Lebensbedürfnisse zu befriedigen, wenn sie nicht gar in das größte Elend gerieten. Die Mine glich eben einem grünen Tisch, auf dem man aber nicht allein sein Geld, sondern auch seine Zeit, seine Arbeit und die Gesundheit auf eine Karte setzte.

Die Anzahl glücklicher Spieler, denen der Zufall die Haue bei der Ausbeutung ihrer Claims in der Vandergaart-Kopje führte, war von jeher sehr beschränkt.

Cyprien sah das Tag für Tag mehr und er fragte sich, ob er ein so wenig ergiebiges Geschäft noch fortsetzen solle oder nicht, als ein Zufall zu einer Änderung seiner Arbeitsmethode führte.

Eines Morgens traf er zufällig auf eine Gesellschaft von etwa einem Dutzend Kaffern, die nach dem Lager gekommen waren, um hier Beschäftigung zu suchen. Die Armen stammten aus dem Bergdistrikt, der das eigentliche Kaf-fernland vom Land der Bassutos trennt. Sie hatten längs des Oranjeflusses in endlosem Gänsemarsch über 150 Lieues zu Fuß zurückgelegt und dabei von dem gezehrt, was sie unterwegs finden konnten, das heißt von Wurzeln, Beeren und Heuschrecken. Jetzt erschienen sie ungeheuer mager und glichen eher Skeletten als lebenden Wesen. Mit ihren abgezehrten Beinen, dem langen, nackten Oberkörper mit lederbrauner Haut, die ein leeres Gerippe zu umschließen schien, mit vorspringenden Hüften und den hohlen Wangen, sahen sie mehr aus, als lüsterten sie nach einem Beefsteak von Menschenfleisch, als danach, schwere Arbeit zu leisten. Niemand schien auch geneigt dazu, sie anzuwerben, und so hockten sie beisammen an der Seite des Weges, ohne zu wissen, was sie in ihrem Elend beginnen sollten.

Cyprien war durch ihren Anblick ordentlich gerührt. Er verständigte sie durch Zeichen, ein wenig zu warten, und begab sich nach dem Wirtshaus, wo er gewöhnlich aß. Hier bestellte er einen tüchtigen Kessel voll mit Wasser angerührtem Maismehl und ließ diesen nebst einigen Büchsen mit konserviertem Fleisch und zwei Flaschen Rum zu den armen Teufeln hinbringen.