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Dann machte er sich's zum Vergnügen, zuzusehen, wie diese sich über das Mehl hermachten, das für sie noch ganz neu schien.

Wahrlich, man hätte glauben können, Schiffbrüchige vor sich zu haben, die nach 14tägigem Fasten und schweren Entbehrungen von einem Floß gerettet worden wären. Sie verschlangen alles mit einer Gier, daß sie nach Verlauf einer Viertelstunde wie eine Bombe hätten platzen können. Aus Rücksicht auf ihre Gesundheit mußte diesem Liebesmahl ein Ende gemacht werden, sonst wäre wahrscheinlich die ganze Gesellschaft einfach erstickt.

Nur einer der Neger, ein Bursche von intelligentem Aussehen und seiner Erscheinung nach der jüngste von allen, hatte sich bei der Stillung seines Heißhungers doch einige

Zurückhaltung auferlegt; und was noch auffallender ist, er versuchte auch, seinem Wohltäter zu danken, woran die anderen gar nicht dachten. So näherte er sich Cyprien, ergriff mit ungekünstelter und nicht ungraziöser Bewegung dessen Hand und legte sie auf seinen Krauskopf.

»Wie heißt du?« fragte ihn auf gut Glück der junge Ingenieur, dem dieser Zug von Erkenntlichkeit wohlgefiel.

Der Kaffer, der zufällig einige englische Worte verstand, antwortete sofort:

»Matakit!«

Sein offener, vertrauenerweckender Blick machte auf Cyprien einen recht guten Eindruck, deshalb kam ihm auch der Gedanke, den wohlgewachsenen jungen Mann in seinem Claim arbeiten zu lassen, und diese Idee konnte nur gut sein.

»Es ist ja weiter nichts«, sagte er für sich, »als was alle Welt hier im Distrikt tut. Für den armen Kaffer ist es jedenfalls besser, mich zum Herrn zu haben, als einem Pantalacci in die Hände zu fallen.«

Dann fuhr er fort:

»Nun, Matakit, du kamst doch wohl hierher, um Arbeit zu suchen?« fragte er diesen.

Der Kaffer bejahte das durch ein Zeichen.

»Willst du bei mir arbeiten? Ich werde für deine Nahrung sorgen, dir die Werkzeuge liefern und noch 20 Shilling den Monat geben.«

Das war der gewöhnliche Tarif, und Cyprien wußte, daß er nicht mehr anbieten durfte, ohne den Zorn des ganzen

Lagers auf sich zu laden. Im stillen behielt er sich aber vor, diesen geringfügigen Lohn durch Geschenke an Kleidungsstücken, Eßgeschirr und was sonst in den Augen eines Kaffern von Wert erscheint, aufzubessern.

Statt aller Antwort zeigte Matakit lachend die zwei Reihen seiner weißen Zähne und legte nochmals die Hand seines Beschützers auf den Kopf. Der Vertrag war damit geschlossen.

Cyprien führte also seinen neuen Diener sogleich mit sich fort. Er nahm aus seinem Koffer eine Leinenhose, ein Flanellhemd und einen alten Hut und gab das Matakit, der kaum seinen Augen trauen mochte. Sich gleich bei seiner Ankunft im Lager auf so kostbare Art bekleidet zu sehen, das überstieg weit die kühnsten Träume des armen Teufels. Er wußte seine Erkenntlichkeit und Freude gar nicht auszudrücken und hüpfte, lachte und weinte gleichzeitig.

»Matakit, du scheinst mir ein guter Bursche zu sein«, sagte Cyprien. »Ich sehe wohl, daß du ein wenig Englisch verstehst. Kannst du denn kein einziges Wort sprechen?«

Der Kaffer verneinte durch ein Zeichen.

»Nun, wenn es so steht, werd' ich es unternehmen, dich Französisch zu lehren!« erklärte Cyprien.

Ohne Zögern begann er mit seinem Schüler die erste Lektion, indem er ihm die Namen der gewöhnlichsten Gegenstände nannte und diese wiederholen ließ.

Matakit erwies sich dabei nicht nur als ein braver Bursche, sondern auch als recht guter Kopf, der ein außergewöhnliches Gedächtnis besaß.

Binnen kaum 2 Stunden hatte er mehr als hundert Worte gelernt und sprach diese auch ziemlich richtig aus.

Erstaunt über eine solche Fassungsgabe, beschloß der junge Ingenieur, sich diese ehrlich zunutze zu machen.

Der junge Kaffer brauchte 7 bis 8 Tage Ruhe und stärkende Nahrung, um sich von den Strapazen seiner Reise zu erholen und in den Stand zu kommen, arbeiten zu können. Diese 8 Tage wurden indes von seinem Lehrer ebenso wie von ihm so vortrefflich angewendet, daß Matakit am Ende der ersten Woche schon imstande war, seine Gedanken, wenn auch noch unkorrekt, doch jedenfalls genügend verständlich französisch auszudrücken.

Cyprien veranlaßte ihn nun, seine Lebensgeschichte zu erzählen. Diese war sehr einfach.

Matakit kannte nicht einmal den Namen seines Heimatlands, das an der Seite der Berge lag, wo die Sonne aufgeht. Er konnte nur mitteilen, daß die Menschen dort ein sehr elendes Dasein fristeten. Dann hatte er, dem Beispiel einiger ausgewanderter Krieger seines Stammes folgend, sein Glück versuchen wollen und war wie sie nach den Diamantenfeldern gewandert.

Was hoffte er wohl hier zu gewinnen? Nichts als einen roten Mantel und 10 mal 10 Silberstücke.

Die Kaffern verachten nämlich das Gold. Das rührt von einem unausrottbaren Vorurteil her, das die ersten mit ihnen Handel treibenden Europäer den rohen Naturkindern beigebracht haben.

Und was dachte der ehrgeizige Matakit mit seinen Silber-stücken anzufangen ? Nun, er wollte sich einen roten Mantel, eine Flinte und Pulver verschaffen und dann nach seinem Kraal zurückkehren. Hier würde er sich eine Frau kaufen, die für ihn arbeiten und sein Maisfeld bestellen mußte. Unter solchen Verhältnissen wäre er dann ein hervorragender Mann, fast ein Häuptling. Alle würden ihn um seine Flinte und sein großes Vermögen beneiden, bis er einst, hoch an Jahren und Ansehen, zu seinen Vätern heimging. Das war alles ziemlich einfach.

Cyprien verfiel bei Anhörung dieses bescheidenen Programms doch in Nachdenken. Sollte er es zu ändern versuchen, den Horizont des armen Wilden erweitern, ihm würdigere Ziele des Strebens zeigen als einen roten Mantel und ein altes Steinschloßgewehr? Oder war es nicht besser, ihn seiner unschuldigen Unwissenheit zu überlassen, um in seinem Kraal in Frieden das Leben, das er sich wünschte, zu beschließen? Das war eine schwierige Frage, die der junge Ingenieur nicht so leicht zu lösen wagte, die aber Matakit selbst sehr bald ganz verschwinden ließ.

Kaum nämlich der ersten Elemente der französischen Sprache mächtig, zeigte der junge Kaffer einen geradezu außerordentlichen Drang zum Lernen. Er fragte ohne Unterlaß, wollte alles wissen, den Namen jedes Gegenstands, seine Anwendung und seinen Ursprung. Dann betrieb er wieder leidenschaftlich Lesen, Schreiben und Rechnen. Er war mit einem Wort unersättlich.

Cyprien kam auch bald zu einem Entschluß. Gegenüber einer so unleugbaren Veranlagung durfte er nicht zaudern.

Er entschloß sich also, Matakit jeden Abend eine Stunde Unterricht zu erteilen, da letzterer wirklich, außer seinen Arbeiten in der Mine, jede Minute seiner weiteren geistigen Ausbildung widmete.

Erfreut über diesen merkwürdigen Eifer übernahm es Miss Watkins, mit dem jungen Kaffern seine Lektionen zu wiederholen. Dieser sagte sie übrigens stets für sich selbst her, ob er nun auf dem Grund des Claims mit der Hacke arbeitete, die Eimer emporwand oder die Kiesel aussonderte. Die Beharrlichkeit bei seinem Werk war so ansteckend, daß sie wie eine wohltätige Epidemie auf das ganze Personal überging, und die Arbeit in der Mine jetzt mit weit mehr Sorgfalt als früher betrieben zu werden schien.

Auf Empfehlung Matakits hatte Cyprien nämlich noch einen anderen Kaffer aus demselben Stamm, namens Bar-dik, gemietet, dessen Eifer und Intelligenz ebenso alle Achtung verdienten.

Da ereignete sich für den Ingenieur ein glücklicher Umstand, der ihm bisher noch nie widerfahren war; er fand einen Stein von 7 Karat, den er sofort für 5000 Francs an den Händler Nathan verkaufte.

Das war in der Tat ein recht gutes Geschäft. Ein Diamantgräber, der von seiner Arbeit nur einen normalen Ertrag erwartet, hätte sich damit recht wohl befriedigt erklären können. Ja, gewiß. Cyprien freilich konnte das nicht.