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»Ja, und warum denn nicht?« fragte er sich selbst. »Die Herstellung von Diamanten, die noch vor 1 Jahrhundert als reine Utopie zu betrachten war, ist heute eigentlich schon vollendete Tatsache. Fremy und Peil in Paris haben Rubine, Smaragde und Saphire erzeugt, das sind verschieden gefärbte Kristalle der Tonerde. Mac Tear in Glasgow und

J. Ballantine Hannay ebenda haben schon 1880 Kohlenstoffkristalle erhalten, die alle Eigenschaften des echten Diamanten aufwiesen und nur den einzigen Fehler hatten, ungeheuer viel mehr zu kosten, als die natürlichen Diamanten aus Brasilien, Indien oder dem Griqualand, und damit also den Bedürfnissen des Händlers von vornherein nicht zu entsprechen.

Wenn indes die wissenschaftliche Lösung eines Problems gefunden ist, kann dessen industrielle Lösung nicht mehr fern sein. Warum sollte man diese nicht suchen? . . . Alle Gelehrten, die bisher an der gleichen Aufgabe scheiterten, waren nur Theoretiker, Männer vom grünen Tisch und aus dem Labor! Sie haben den Diamanten nicht an Ort und Stelle in seinem ursprünglichen Terrain, sozusagen in seiner Wiege studiert. Ich kann mir ihre Arbeiten, ihre Erfahrungen zunutze machen und sie mit meinen verknüpfen. Ich habe den Diamanten mit eigener Hand ausgegraben, habe die Lagerstätte, wo er sich vorfindet, mit größter Sorgfalt untersucht und studiert. Wenn es bei nur einigem Glück irgend jemand gelingen kann, die letzten Schwierigkeiten zu überwinden, so bin ich's ... so muß ich es sein!«

Das wiederholte sich Cyprien des öfteren und das trat ihm während des größten Teils der Nacht immer und immer wieder vor das geistige Auge.

Sein Entschluß war bald gefaßt. Am nächsten Morgen schon benachrichtigte er Thomas Steele, daß er, wenigstens vorläufig, die Arbeit in seinem Claim nicht fortzusetzen gedenke. Er kam mit ihm sogar dahin überein, daß es ihm freistehen solle, seinen Anteil weiter zu verheuern. Dann verschloß er sich in sein Labor, um über die neuen Projekte nachzudenken.

8. KAPITEL Das große Experiment

Bei seinen schönen Untersuchungen über die Löslichkeit fester Körper in Gasen - Untersuchungen, mit denen er sich das ganze vorausgegangene Jahr beschäftigt hatte - war Cyprien natürlich aufgefallen, daß gewisse Substanzen, wie Kieselsäure und Tonerde zum Beispiel, die an sich in Wasser nicht löslich sind, das doch in Wasserdampf unter starkem Druck und hoher Temperatur werden können.

Diese Erfahrung führte ihn auf den Gedanken, zuerst zu prüfen, ob er nicht ein gasartiges Lösungsmittel des Kohlenstoffs entdecken könne, um diesen dann zur Kristallisation zu bringen.

Aber alle seine Versuche in dieser Hinsicht blieben erfolglos, und nach mehreren Wochen vergeblicher Bemühungen sah er sich genötigt, seine Angriffsbatterien zu verändern.

»Batterien« ist wirklich das richtige Wort, denn wie sich aus dem folgenden ergibt, sollte eine Kanone darin eine Rolle spielen.

Verschiedene Analogien führten den jungen Ingenieur zu der Annahme, daß der Diamant sich in den Kopjen viel-leicht auf genau die gleiche Weise bilden könne, wie der Schwefel in den Solfataren. Nun weiß man aber, daß der Schwefel hier durch eine halbe Oxydation des Schwefelwasserstoffs entsteht, aus dem sich, während ein Teil in Schwefelsäure übergeführt wird, ein anderer Teil in Form von Kristallen an den Wänden der Solfataren niederschlägt.

»Wer weiß«, sagte sich Cyprien, »ob die Diamantfundstätten nicht wirkliche Karbonataren sind? Denn offenbar gelangt eine Mischung von Wasserstoff und Kohlenstoff notwendig dahin mit dem Wasser und den alluvialen Ablagerungen, und zwar in Form von Sumpfgas. Warum könnte es nicht die Oxydation des Wasserstoffs in Verbindung mit der teilweisen Oxydation des Kohlenstoffs sein, welche die Auskristallisierung des Kohlenstoffs veranlaßte?«

Von diesen Gedanken bis zu dem Versuch, irgendeinen Körper in analoger, aber künstlicher Reaktion die theoretische Funktion des Sauerstoffs spielen zu lassen, war es für einen Chemiker natürlich nicht weit.

Cyprien ging denn auch sofort daran, diesen Vorsatz zur Ausführung zu bringen. Zunächst handelte es sich darum, für das Experiment eine Anordnung zu treffen, die sich so weit wie möglich den bei der natürlichen Erzeugung des Diamants vermuteten Verhältnissen näherte. Diese Anordnung mußte auch sehr einfach sein. Alles, was Natur oder Kunst nur Großes leisten, trägt diesen Charakter. Gibt es etwas weniger Kompliziertes, als gerade die schönsten von den Menschen gemachten Entdeckungen und Erfindungen, die Gravitation, der Kompaß, die Buchdruckerkunst, die Dampfmaschine, der elektrische Telegraph?

Cyprien holte selbst aus dem Grund der Mine einigen Vorrat an Erde jener Art, die er für sein Experiment am geeignetsten hielt. Dann vermengte er mit dieser Erde ein ziemlich fettes Material, mit dem er das Innere eines Stahlrohrs von einem halben Meter Länge, bei einer Wanddicke von 5 Zentimetern und einem inneren Durchmesser von 8 Zentimetern, sorgfältig ausfüllte.

Dieses Rohr aber bestand aus nichts anderem, als dem abgeschnittenen Stück einer nicht mehr gebrauchten Kanone, die er zufällig in Kimberley kaufen konnte, wo eine freiwillige Schar, die in einem Feldzug gegen benachbarte Kaffernstämme Dienste geleistet hatte, eben aufgelöst wurde. In der Werkstatt von Jacobus Vandergaart passend zurechtgeschnitten, lieferte diese Kanone genau den Apparat, den er benötigte, das heißt ein Behältnis von hinreichender Widerstandsfähigkeit, um einen enormen inneren Druck auszuhalten.

Nachdem er in das vorläufig an einem Ende verstopfte Rohr Kupferbruchstücke und etwa 2 Liter Wasser gebracht hatte, füllte es Cyprien vollständig mit Sumpfgas an. Dann verkittete er diesen Satz sorgfältig und ließ nun beide Enden mit Metallpfropfen von unzweifelhafter Festigkeit abschließen. Der Apparat war nun fertig und es galt nur noch, ihn einer höchst intensiven Hitze auszusetzen.

Er wurde also in einer Art großen Reverberierofens untergebracht, in dem das Feuer Tag und Nacht unterhalten werden sollte, um eine auf die Dauer von 2 vollen Wochen berechnete Weißglühhitze zu erzeugen.

Rohr und Ofen wurden außerdem noch mit feuerbeständigem Ton umgeben, der nur eine möglichst große Wärme halten und dann eine sehr langsame Abkühlung zulassen sollte, wenn die Zeit dazu herankam.

Das Ganze glich mehr einem ungeheuren Bienenkorb oder etwa einer Eskimohütte.

Matakit war jetzt schon in der Lage, seinem Herrn einige Dienste zu leisten. Er hatte alle Vorbereitungen zu dem Experiment mit äußerster Aufmerksamkeit verfolgt, und als er erfuhr, daß es sich um die Darstellung von Diamanten handelte, zeigte er sich nicht wenig eifrig, zu dem Gelingen des Unternehmens nach Kräften beizutragen. Er hatte bald gelernt, das Feuer so zu unterhalten, daß man ihm diese Arbeit getrost allein überlassen konnte.

Es kann sich übrigens kaum jemand vorstellen, wieviel Zeit und Mühe es in Anspruch nahm, diese Vorbereitungen zu treffen. In jedem größeren Labor würde man imstande gewesen sein, dieses Experiment 2 Stunden, nachdem es beschlossen worden, zur Ausführung zu bringen, während Cyprien in diesem wilden Land nicht weniger als 3 Wochen brauchte, um seine Idee nur unvollkommen zu verwirklichen. Dabei hatten ihn noch besondere Glücksum-stände begünstigt, indem er in der genannten Stadt nicht nur die alte Kanone fand, sondern auch die ihm so notwendige Kohle bekam. Dieses Material war sonst in Kimberley so selten, daß man sich, um eine Tonne davon zu erhalten, wohl an mindestens drei Händler wenden mußte.

Endlich waren alle Schwierigkeiten überwunden, und nachdem das Feuer einmal in Brand gesetzt war, übernahm es Matakit, es nicht wieder verlöschen zu lassen. Der junge Kaffer war übrigens sehr stolz auf seine Funktion. Diese konnte ihm jedoch kaum neu sein, denn ohne Zweifel hatte er zu Hause bei seinem Stamm schon häufig in einer Art Höllenküche hantiert.