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Cyprien hatte sich einmal bei verschiedenen Gelegenheiten überzeugt, daß Matakit, seit er in seine Dienste getreten war, bei den übrigen Kaffern das Ansehen eines Zauberers genoß. Einige Kenntnisse elementarer Chirurgie und zwei oder drei Taschenspielerkunststückchen, die er von seinem Vater gelernt haben mochte, bildeten seine ganzen Zauberkünste. Trotzdem kamen die Leute, um ihn wegen wirklicher oder eingebildeter Krankheiten zu befragen, um sich Träume deuten, Prophezeiungen vorsagen oder ein Urteil fällen zu lassen. Seine Vorschriften waren meist ebenso unsinnig wie seine Aussprüche albern, die nackten Landsleute schienen damit jedoch zufrieden zu sein. Was brauchte es mehr?

Wir müssen hier auch bemerkten, daß die Retorten und Flaschen, von denen er jetzt im Labor des jungen Ingenieurs umgeben war, ohne die geheimnisvollen Arbeiten zu rechnen, an denen er mitwirkte, nicht wenig dazu beitrugen, sein Ansehen noch zu erhöhen.

Cyprien konnte sich oft des Lachens nicht enthalten, so-bald er die feierliche Miene sah, die der brave Bursche annahm, wenn er seine bescheidene Arbeit als Heizer verrichtete, entweder die Kohlen auf dem Rost erneuerte, das Feuer schürte oder gar ein Probiergläschen und einen Schmelztiegel abstaubte. Immerhin lag etwas Einnehmendes in dieser Ernsthaftigkeit. Sie war der naive Ausdruck des Respekts, den die Wissenschaft einer rohen, aber intelligenten und wissensdurstigen Natur einflößte.

Matakit hatte daneben auch seine lustigen, fast übermütigen Stunden. Besonders wenn er sich in Gesellschaft Lis befand. Zwischen diesen beiden Wesen von so verschiedener Abstammung hatte sich eine wirklich innige Freundschaft entwickelt, infolge der jetzt ziemlich häufigen Besuche, die der Chinese auf der Farm Watkins abstattete. Beide sprachen notdürftig französisch, beide waren durch Cyprien vor dem drohenden Tod gerettet worden und bewahrten ihm eine lebhafte Erkenntlichkeit. Es erschien also natürlich, daß sie sich durch aufrichtige Anteilnahme zueinander hingezogen fühlten, und diese Teilnahme hatte sich allmählich in Zuneigung verwandelt.

Wenn sie unter sich waren, gaben Li und Matakit dem jungen Ingenieur einen ebenso einfachen wie rührenden Namen, der recht gut die Natur der Gefühle ausdrückte, die sie für seine Person hegten: sie nannten ihn »das Väterchen« und sprachen von ihm nur mit hoher Bewunderung und fast übertriebener Hingebung.

Diese Ergebenheit trat seitens Lis in der äußersten Aufmerksamkeit zutage, die er beim Waschen und Bügeln der

Leibwäsche Cypriens beobachtete; seitens Matakits in der wahrhaft religiösen Sorgfalt, mit der er sich bemühte, allen Anordnungen seines Herrn gewissenhaft zu entsprechen.

Zuweilen gingen die beiden Kameraden in ihrem Eifer, »das Väterchen« zu erfreuen, etwas zu weit. So kam es, daß Cyprien zum Beispiel auf seinem Tisch - er aß jetzt zu Hause - Früchte oder Leckereien vorfand, die er gar nicht verlangt und deren Ursprung ihm unerklärlich blieb, denn auf den Rechnungen der Lieferanten fanden sie sich nicht wieder. Oder es kam auch vor, daß in seinen Hemden, wenn sie aus der Wäsche zurückkamen, goldene Knöpfchen unbekannter Herkunft steckten. Ebenso vervollständigten von Zeit zu Zeit ein eleganter, bequemer Stuhl, ein gesticktes Kissen, ein Pantherfell oder sonst eine wertvolle Kleinigkeit auf geheimnisvolle Weise die Ausstattung seines Hauses.

Nahm Cyprien Li oder Matakit ins Gebet, so konnte er von beiden nur ausweichende Antworten erlangen.

»Ich weiß es nicht! ... Ich bin es nicht gewesen! ... Mich geht das nichts an!«

Cyprien fand ja diese kleinen Überraschungen an sich recht angenehm, nur plagte ihn der Gedanke, daß ihre Quelle doch nicht ganz rein sein mochte. Hatten diese Geschenke etwa nichts gekostet als die Mühe, sie sich anzueignen? Immerhin bestätigte nichts diese Vermutungen, und so peinliche Untersuchungen er deshalb auch vornahm, so lieferten diese doch hinsichtlich dieser Erwerbungen niemals ein greifbares Ergebnis.

Hinter seinem Rücken wechselten dann Matakit und Li wohl flüchtige Blicke, lächelten und machten sich allerhand geheimnisvolle Zeichen, die etwa sagen sollten:

»Ach, das Väterchen! . . . Er sieht immer nur Feuer und Flammen!«

Übrigens beschäftigten Cyprien gleichzeitig ganz andere und weit ernstere Sorgen. John Watkins schien entschlossen, Alice nun unter die Haube zu bringen, und infolgedessen bildete sein Haus schon seit einiger Zeit ein wirkliches Museum von Brautwerbern.

Nicht allein James Hilton verkehrte jetzt hier jeden Abend, sondern auch alle unverheirateten Steingräber, deren glückliche Erfolge in der Mine ihnen die seitens des Farmers für einen Schwiegersohn unumgänglich nötigen Eigenschaften verliehen hatten, wurden von ihm eingeladen, zu Tisch behalten und schließlich seiner Tochter zur Auswahl vorgestellt.

Der Deutsche Friedel und der Neapolitaner Pantalacci gehörten auch zu dieser ausgewählten Gesellschaft. Beide galten jetzt für die glücklichsten Steingräber auf dem Van-dergaartfeld. Das allgemeine Ansehen, das überall den Erfolg begleitet, fehlte ihnen weder in der Kopje noch in der Farm. Friedel war pedantischer und absprechender als je zuvor, seit sein Dogmatismus sich auf einige Tausend Pfund Sterling stützte. Annibal Pantalacci, der sich in letzter Zeit zum Kolonialdandy umgewandelt hatte und im Glanz goldener Ketten und Ringe, wie in dem von Diamantnadeln einherging, trug jetzt eine Kleidung aus weißer Leinwand, die seinen gelben, erdfarbenen Teint nur noch mehr hervortreten ließ.

Freilich suchte der lächerliche Mensch mit seinen Scherzen, seinen italienischen Gassenhauern und seinen Bemühungen, den Geistreichen zu spielen, vergeblich einen Eindruck auf Alice zu machen. Wenigstens behandelte diese gerade ihn fast verächtlich und schien über das Motiv, das ihn nach der Farm führte, keineswegs im Zweifel zu sein. Sie begnügte sich, niemals freiwillig auf seine Worte zu hören, und lachte nie, weder über seine Lazzi noch über seine komisch sein sollenden Bewegungen. Nur zu unwissend bezüglich seiner moralischen Mängel, um ihn ganz zu durchschauen, sah sie in ihm nur einen gewöhnlichen Passanten, der nicht mehr und nicht weniger langweilig war, als die meisten anderen. So erschien es wenigstens Cyprien, und er litt oft grausam darunter, sie, die er so hochachtete und so innig verehrte, mit jenem verächtlichen Menschen in Unterhaltung zu sehen.

Es schmerzte ihn um so mehr, als sein Stolz ihm verbot, etwas davon merken zu lassen, und er es unter seiner Würde fand, selbst einen so erbärmlichen Rivalen in den Augen von Miss Watkins noch weiter herabzusetzen. Welches Recht hatte er auch dazu?

Worauf sollte er auch sein Urteil gründen? Er wußte ja eigentlich nichts von Annibal Pantalacci und ließ sich bei seiner Geringschätzung des Mannes doch nur durch eine Art instinktiven Widerwillens leiten. Ihn in tragischem Licht darzustellen, das hätte nur Gelächter hervorrufen können. Das sah Cyprien vollständig ein, und es hätte ihn gewiß zur Verzweiflung getrieben, wenn Alice einem solchen Mann irgendwie Aufmerksamkeit schenkte.

Außerdem war er ja eifrig mit seiner Arbeit beschäftigt, die ihn fast Tag und Nacht in Anspruch nahm. Es handelte sich nicht um ein einziges Verfahren, Diamanten herzustellen, sondern um zehn oder zwanzig verschiedene Methoden, die er sich zurechtgelegt hatte und die er prüfen wollte, wenn der erste Versuch beendet wäre. Er begnügte sich nicht mehr mit theoretischen Lehrsätzen und den Formeln, mit denen er während ganzer Stunden seine Notizhefte füllte. Jeden Augenblick eilte er nach der Kopje, holte von da neue Fels- und Erdproben und wiederholte seine Analyse hundertmal, aber mit so peinlicher Genauigkeit, daß jeder Fehler dabei ausgeschlossen schien. Je ärger ihn die Gefahr bedrohte, Miss Watkins sich entgehen zu lassen, desto fester war er entschlossen, nichts unversucht zu lassen, diese abzuwenden.