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»Oh, da hängt doch noch sehr viel von seiner Farbe und Qualität ab!« warf Nathan ein, der sich nach und nach wieder sammelte und im Hinblick auf ein später mögliches Kaufgeschäft einige Vorbemerkungen anbringen zu müssen glaubte. »Wenn er farblos und von ganz reinem Wasser ist, ist sein Wert freilich ganz unschätzbar. Ist er aber gelblich, wie die meisten Diamanten des Griqualands, so vermindert sich sein Preis damit ganz bedeutend! ... Ich weiß übrigens kaum, ob mir für einen Kristall von solcher Größe nicht ein hübscher saphirblauer Schein, wie der des Diamanten Hoges, oder ein rötlicher, wie der des >Großmogul<, oder auch ein smaragdgrüner, wie der des Dresdner lieber wäre.«

»Nein, nimmermehr!« rief der alte Steinschneider eifrig. »Ich für meinen Teil stelle die farblosen Diamanten stets über alle anderen! Ja, sprechen Sie vom Koh-i-noor oder vom >Regent<! Das sind mir richtige Edelsteine! ... Neben diesen erscheinen die übrigen nur noch als Fantasie, als einfache Schmucksteine!«

Cyprien hörte schon gar nicht mehr.

»Sie werden entschuldigen, meine Herren«, sagte er plötzlich, »aber ich bin genötigt, Sie augenblicklich zu verlassen!«

Mit diesen Worten ergriff er seinen kostbaren Stein und stürmte wieder den Weg nach der Farm hinauf.

Ohne daran zu denken, daß er doch eigentlich anklopfen müsse, öffnete er die Tür des gewöhnlichen Besuchszimmers, traf hier Alice und hatte diese, ohne sich seines Benehmens bewußt zu sein, in die Arme geschlossen und auf beide Wangen geküßt.

»Hallo! Was ist denn das?« rief Mr. Watkins, dem diese unverschämten Zärtlichkeiten das Blut zu Kopf trieben.

Der Farmer saß an einem Tisch gegenüber Annibal Pantalacci, mit dem er eben eine Partie Pikett angefangen hatte.

»Entschuldigen Sie, Miss Watkins!« stammelte Cyprien ganz erschrocken über seine Kühnheit, aber doch noch vor Freude strahlend. »Ich bin allzu glücklich! ... Ich bin ein Narr des Glücks! ... Da sehen Sie, was ich hier bringe!«

Und er warf mehr, als daß er ihn legte, seinen Diamanten auf den Tisch zwischen die beiden Kartenspieler.

Ebenso wie Nathan und Jacobus Vandergaart begriffen auch diese sehr schnell, um was es sich handelte. Mr. Wat-kins, der von seiner täglichen Portion Gin bis jetzt nur ei-nen sehr bescheidenen Teil verzehrt hatte, war noch in völlig klarem Zustand.

»Das haben Sie gefunden . . . Sie selbst . . . in Ihrem Claim?« fragte er sehr lebhaft.

»Das gefunden?« antwortete Cyprien triumphierend. »Ich hab's vielmehr gemacht! ... Ich selbst hab's von Grund auf hergestellt! . . . Oh, Mr. Watkins, alles in allem hat die Chemie doch ihren großen Wert!«

Er lachte und drückte mit den Händen die feinen Finger Alices, die über diese leidenschaftlichen Mitteilungen, aber ganz entzückt über das Glück ihres Freundes, freundlich lächelte.

»Ihnen, nur Ihnen, Miss Alice, verdanke ich diese wichtige Entdeckung!« fuhr Cyprien fort. »Wer hat mir geraten, mich wieder der Chemie in die Arme zu werfen? Wer hat mich darauf hingewiesen, die Herstellung künstlicher Diamanten zu versuchen? . . . Ihre anbetungswürdige Tochter, Mr. Watkins! - Oh, ich muß ihr wohl alle Ehre antun, wie die alten Ritter ihren Damen, und öffentlich erklären, daß ihr alles Verdienst bei dieser Entdeckung zukommt! . . . Hätt' ich ohne Sie jemals daran gedacht?«

Mr. Watkins und Annibal Pantalacci betrachteten den Diamanten, sahen sich dann an und schüttelten die Köpfe. Sie wußten offenbar nicht, woran sie eigentlich waren.

»Sie sagen, daß Sie das gemacht haben ... Sie selbst?« fuhr John Watkins fort. »Das wäre also ein unechter Stein?«

»Ein unechter Stein?« rief Cyprien. »Nun ja, zugegeben, ein unechter Stein! Jacobus Vandergaart und Nathan schätzten ihn freilich, niedrig veranschlagt, auf 50 Millionen, vielleicht auf 100. Wenn das auch nur ein künstlicher Diamant ist, erzeugt durch ein neues Verfahren, dessen Erfinder ich bin, so ist er darum nicht minder echt! Sie sehen, daß ihm gar nichts fehlt, nicht einmal die Gangart!«

»Und Sie würden sich auch zutrauen, noch mehr solche Diamanten zu machen?« fragte John Watkins etwas gereizt.

»Ob ich mir das zutraue, Mr. Watkins? »Selbstverständich! Ich will sie Ihnen schaufelweise liefern, diese Diamanten! Will sie Ihnen zehn- oder hundertmal so groß herstellen, wie dieser hier, falls Sie es wünschen. Ich mache Ihnen eine hinreichend große Zahl davon, um Ihre Terrasse damit zu pflastern, um die Wege des Griqualands damit zu ma-kadamisieren, wenn Sie danach verlangen . . . Nur der erste Schritt kostet Mühe; nachdem ich aber den ersten Stein erhalten habe, ist alles andere sehr einfach und läuft nur auf die richtige Anordnung der chemischen Schritte hinaus.«

»Doch wenn es so ist«, fuhr der Farmer kreidebleich fort, »so bedeutet es das Verderben aller Mineneigentümer, mein eigenes, wie das des ganzen Griqualands.«

»Ja, freilich!« rief Cyprien. »Welches Interesse könnte man da noch haben, die Eingeweide der Erde zu durchwühlen, um ein paar kleine, fast wertlose Diamanten zu finden, sobald die Möglichkeit gegeben ist, diese auf künstlichem Weg ebenso leicht herzustellen wie ein 4-Pfund-Brot?«

»Aber das ist abscheulich!« wetterte John Watkins los. »Das ist eine Schändlichkeit, ein Greuel! Wenn das, was Sie sagen, auf Wahrheit beruht, wenn Sie wirklich das Geheimnis besitzen ...« Er schwieg außer Atem.

»Sie sehen«, sagte Cyprien sehr kühl, »daß ich nicht grundlos rede, da ich Ihnen mein erstes Erzeugnis vorgelegt habe . . . Es ist wohl auch groß und wertvoll genug, Sie zu überzeugen!«

»Nun gut«, antwortete endlich Mr. Watkins, nachdem er wieder ein wenig zu Atem gekommen, »wenn das wahr ist ... müßte man Sie, Monsieur Mere, müßte man Sie sofort in der Hauptstraße des Lagers standrechtlich erschießen! . . . Das ist meine Meinung!«

»Und meine ebenfalls!« glaubte Annibal Pantalacci mit drohender Gebärde hinzusetzen zu müssen.

Ganz bleich war Miss Watkins aufgestanden.

»Mich standrechtlich erschießen, weil ich ein seit 50 Jahren aufgestelltes chemisches Problem zu lösen unternommen hätte?« antwortete der junge Ingenieur, die achselzuckend. »Wahrhaftig, das wäre ein etwas vorschnelles Verfahren!«

»Hierbei ist gar nichts zu lachen!« versetzte der Farmer wütend. »Haben Sie an die unausbleiblichen Folgen Ihrer sogenannten Entdeckung gedacht . . . an das Aufhören jeder Tätigkeit in den Minen . . . an die Lahmlegung der wichtigsten Industrie des Griqualands . . . an mich, der dadurch an den Bettelstab gebracht würde?«

»Meiner Treu, ich muß Ihnen freilich gestehen, daß mir all das kaum in den Sinn gekommen ist!« antwortete Cyprien offenherzig. »Das sind eben unvermeidliche Folgen des industriellen Fortschritts, und die Wissenschaft hat keinerlei Ursache, sich um diese zu kümmern! Was Sie übrigens persönlich angeht, Mr. Watkins, so seien Sie außer Sorge! Was mir gehört, gehört auch Ihnen, und Sie wissen ja recht gut, welche Veranlassung mich dazu gedrängt hat, Untersuchungen in dieser Richtung anzustellen!«

John Watkins begriff plötzlich, welchen Vorteil er selbst aus der Entdeckung des jungen Ingenieurs ziehen könne, und was der Neapolitaner auch davon halten mochte, zögerte er doch gar nicht, wie man sagt, die Flinte umzukehren.

»Wenn ich mir's recht überlege«, fuhr er fort, »so können Sie ja recht haben und sprechen als braver junger Mann, als den ich Sie kenne. Ja, ich denke, es könnten sich Mittel und Wege zu einem Übereinkommen finden lassen! Warum sollten Sie eine zu große Menge Diamanten fabrizieren? Das wäre das sicherste Mittel, Ihre Erfindung zu entwerten. Jedenfalls erscheint es weit klüger, das Geheimnis sorgfältig zu wahren, es nur in weiser Beschränkung zu nutzen und vielleicht nur noch ein oder zwei Exemplare solcher Steine wie diese hier herzustellen oder sich sogar mit diesem ersten Erfolg zufriedenzugeben, der Ihnen ja mit einem Schlag ein beträchtliches Kapital sichert und den reichsten Mann im Land aus Ihnen macht. Auf diese Weise würden alle zufriedengestellt; die Dinge hier nehmen ihren Lauf wie früher, und Sie vermeiden die Gefahr, mit ganz ansehnlichen fremden Interessen in feindliche Berührung zu kommen!«