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Dann ergriff er wieder das Wort:

»Hören Sie mich an, lieber Junge«, sagte er. »Was ich Ihnen vorzuschlagen gedenke, ist sehr delikater Natur und ich setze dabei voraus, daß Sie unbegrenztes Vertrauen zu mir haben. Sie kennen mich jedoch zu gut, um es auffällig zu finden, daß ich in diesem Fall alle nur denkbare Vorsicht walten lassen möchte. Ich muß sofort mit meinen Werkzeugen und dem Stein von hier fort, um mich in einen Winkel zu verkriechen, wo mich niemand kennt - vielleicht in Bloemfontein oder in Hopetown. Da werd' ich mir ein bescheidenes Zimmer wählen, mich einschließen, um ganz im geheimen und ungestört zu arbeiten und erst nach Vollendung dieser Aufgabe zurückkehren. Vielleicht gelingt es mir auf diese Weise, gewisse Leute, die gelegentlich zu allem fähig sind, fernzuhalten . . . Doch ich wiederhole Ihnen, ich schäme mich fast, Ihnen einen solchen Vorschlag zu unterbreiten.«

»Einen Vorschlag, den ich völlig gerechtfertigt finde«, erwiderte Cyprien, »und ich bitte Sie nur inständigst, ihn ohne Zögern auszuführen.«

»Rechnen Sie damit, daß die Sache ziemlich lange dauern kann, daß ich wenigstens 1 Monat dazu brauche, und vergessen Sie nicht, daß mir auch unterwegs ein Unfall zustoßen könnte.«

»Das macht alles nichts, Herr Vandergaart, wenn Sie glauben, daß das der beste Weg ist, zum gewünschten Ziel zu gelangen. Und wenn der Diamant auch verloren ginge, ist ja das Unglück nicht gar so groß!«

Jacobus Vandergaart betrachtete seinen jungen Freund mit seltsamem Staunen.

»Sollte ihn ein solcher Glücksfall um den Verstand gebracht haben?« fragte er sich.

Cyprien verstand seine Gedanken und begann zu lächeln. Nun erst erklärte er ihm, woher der Diamant stamme und daß er davon in Zukunft soviele herstellen könne, wie er wolle. Ob der alte Steinschneider dieser Mitteilung nur halben Glauben schenkte oder ob ihn persönliche Gründe bestimmten, jetzt nicht in der allein liegenden Hütte bleiben zu wollen, wo ihm ein Edelstein von 50 Millionen an Wert als gefährlicher Hausgenosse erschien - kurz, er bestand darauf, noch in derselben Stunde abzureisen.

Nachdem er also in einem alten Ledersack seine Werkzeuge und die nötigsten Habseligkeiten untergebracht, befestigte er an der Haustür einen Zettel mit der Aufschrift: »In Geschäftsangelegenheiten abwesend«, steckte den Schlüssel in die Tasche, verbarg den Diamanten unter seiner Weste und brach unverzüglich auf.

Cyprien begleitete ihn 2 bis 3 Meilen weit auf der Landstraße nach Bloemfontein und verließ ihn nur erst auf seine ernstliche Bitte.

Es war schon dunkle Nacht, als der junge Ingenieur nach seiner Wohnung zurückkehrte, während er dabei sicherlich mehr an Miss Watkins als an seine berühmte Entdeckung dachte.

Ohne sich bei dem von Matakit bereiteten und schon zurechtgestellten Abendessen aufzuhalten, verfügte er sich an seinen Arbeitstisch und begann den Bericht aufzusetzen, den er mit dem nächsten Kurier an den ständigen Sekretär der Akademie der Wissenschaften absenden wollte. Dieser enthielt eine ganz genaue und vollständige Beschreibung seines Experiments, die er mit einer höchst geistreichen Theorie über die Reaktion, durch die jener prächtige Kohlenstoffkristall entstanden sein mochte, begleitete.

»Die bemerkenswerteste Eigentümlichkeit dieses Erzeugnisses«, schrieb er unter anderem, »liegt offenbar in seiner unzweifelhaften Gleichwertigkeit mit dem natürlichen Diamanten und vor allem in dem gleichzeitigen Vorhandensein der äußerlichen Gesteinsgangart.«

Cyprien hegte die feste Überzeugung, daß dieser merkwürdige Erfolg nur der sorgfältigen Auskleidung des Rohrs mit der Erde zu verdanken sei, die er der Vandergaart-Kopje entnommen hatte. Der Vorgang, durch den ein Teil dieser Erde sich von der Wand losgelöst hatte, um rings um den Kristall eine wirkliche Schale zu bilden, war freilich nicht leicht zu erklären und blieb ein Punkt, über den aber spätere Experimente auf jeden Fall weitere Aufklärung bringen würden. So lag zum Beispiel der Gedanke nah, daß hier eine ganz neue Betätigung einer chemischen Verwandtschaft anzunehmen sei, und der Autor nahm sich vor, diesen Gegenstand später gründlich zu studieren. Er maßte sich üb-rigens keineswegs an, in diesem Schreiben schon eine vollständige und abgeschlossene Theorie geben zu wollen. Die Veranlassung dazu bildete vielmehr der Wunsch, sie ohne Verzug der ganzen gelehrten Welt vorzulegen, die Priorität Frankreichs zu sichern und andere zu Studien anzuregen, die geeignet wären, das, was ihm bisher selbst noch dunkel geblieben war, aufzuhellen und zu erklären.

Nachdem er diese Abhandlung aufgesetzt und seine wissenschaftliche Befähigung nachgewiesen hatte, während er noch immer darauf hoffte, sie durch weitere Erfahrung zu vervollständigen, ehe er sie an die richtige Adresse absandte, aß der junge Ingenieur ein wenig zu Abend und legte sich dann ruhig nieder.

Am folgenden Morgen verließ Cyprien seine Wohnung und spazierte nachsinnend durch die verschiedenen Teile der Mine. Gewisse und wahrlich nicht besonders freundliche Blicke trafen ihn, wo er auch vorüberkam. Wenn er diese kaum beachtete, kam das daher, daß er alle möglichen Folgen seiner wichtigen Entdeckung fast ganz vergessen hatte, obgleich sie John Watkins ihm so handgreiflich vor Augen führte, nämlich den mehr oder weniger nah bevorstehenden Ruin aller konzessionierten Inhaber und aller Konzessionen des Griqualands. Immer war das ganz dazu angetan, ihm in einem halbwilden Land einige Besorgnis einzuflößen, hier, wo man gar nicht zögerte, sich mit eigener Hand Recht zu verschaffen, und die Sicherheit der Arbeit und demgemäß den daraus hervorgehenden Handel füglich als allererstes Gesetz betrachtete. Sobald die Her-stellung künstlicher Diamanten sich zur praktischen Industrie fortentwickelte, waren alle jene Bergwerke Brasiliens wie die in denen des südlichen Afrika festgelegten Millionen, ohne von der Unzahl Existenzen zu reden, die davon lebten, unwiederbringlich verloren. Der junge Ingenieur konnte zwar sein Geheimnis für sich behalten; in dieser Beziehung aber war seine abgegebene Erklärung zu bestimmt und zu bindend gewesen; er war entschlossen, das nicht zu tun.

Auf der anderen Seite konnte der Vater Alices während der Nacht - eine Nacht quälender Unruhe -, in der John Watkins von nichts anderem als von noch gar nicht dagewesenen Diamanten im Wert von soundso vielen Milliarden träumte - wohl folgenden Gedankengang haben. Jedenfalls erschien es ganz natürlich, daß Annibal Pantalacci und die übrigen Steingräber mit grollender Unruhe die Umwälzung betrachteten, die Cypriens Entdeckung bezüglich der Ausbeutung der Diamantendistrikt herbeiführen mußte, da sie solche ja für eigene Rechnung bearbeiteten. Für ihn aber, als einfachen Eigentümer der Farm Watkins, gestaltete sich die Sachlage noch anders. Wenn die Claims infolge der Wertverminderung der Edelsteine verlassen wurden, wenn die ganze jetzt hier zusammengeströmte Bevölkerung das Gebiet des Griqualands wieder verließ, so sank natürlich auch der Wert seiner Farm in beträchtlichem Maß, seine Felderzeugnisse fanden nicht mehr so bequemen Absatz, seine Häuschen und Hütten mußten wegen Mangels an Mietern leerstehen bleiben, und schlimmstenfalls konnte er sogar in die Lage kommen, ein Land zu verlassen, in dem alle Quellen seiner bisherigen Einkünfte versiegt waren.

»Schön«, sagte John Watkins, »bis dahin werden schon ein paar Jahre vergehen! Die Herstellung künstlicher Diamanten ist selbst durch den von Monsieur Mere angegebenen Prozeß noch nicht so weit gediehen, um von praktisch einschneidender Bedeutung zu sein. Vielleicht hat ihn bei der ganzen Geschichte nur ein besonders glücklicher Zufall begünstigt. Doch ob Zufall oder nicht, jedenfalls hat er einen Stein von ungeheurem Wert erzeugt, und wenn dieser, den Maßstab für natürliche Diamanten zugrunde gelegt, schon einige 50 Millionen wert ist, so wird er grade wegen seiner Erzeugung auf künstlichem Weg einen weit höheren Preis bedingen. Ja, der junge Mann muß um jeden Preis zurückgehalten werden, eine Zeitlang wenigstens müssen wir ihn hindern, seine hochwichtige Entdeckung von allen Dächern hinauszuposaunen! Der Stein muß endgültig in der Familie Watkins bleiben und wird von dieser nur gegen eine beträchtliche Anzahl Millionen abgegeben werden. Was den jungen Mann betrifft, der ihn hergestellt hat, so lasse ich mir darüber kein graues Haar wachsen, das wird sich leicht genug bewerkstelligen lassen. Ich habe ja Alice, und mit deren Hilfe wird mir's schon gelingen, seine Abreise nach Europa zu verzögern . . . Ja, und wenn ich sie ihm zur Frau versprechen . . . selbst wenn ich sie ihm zur Frau geben sollte!«