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Ja, unter dem Drang einer wahrhaft verzehrenden Begierde wäre John Watkins sogar dazu entschlossen gewesen.

Bei der ganzen Angelegenheit hatte er nur sein Ich im Auge und dachte er nur allein an sich! Und wenn der alte Egoist an seine Tochter dachte, so geschah es einzig und allein, um sich zu sagen:

»Nun, alles in allem wird Alice sich nicht zu beklagen haben. Der junge gelehrte Narr ist eigentlich ganz gut. Er liebt sie, und mir scheint, sie ist gegen seine warme Zuneigung nicht unempfindlich geblieben. Was kann's nun Besseres geben, als zwei für einander geschaffene Herzen zu vereinigen . . . oder ihnen die Vereinigung wenigstens bis zur vollständigen Klärung der Sachlage in Aussicht zu stellen. Ah, beim heiligen John, meinem Schutzpatron, zum Teufel mit Annibal Pantalacci und seinen Spießgesellen! Jeder ist sich selbst der Nächste, auch hier im Griqualand!«

So räsonierte John Watkins, und wenn er die ideale Waage betrachtete, auf der er die Zukunft seiner Tochter mit einem Stück kristallisierter Kohle ins Gleichgewicht gebracht, war er ganz glücklich in der Vorstellung, daß beide Schalen sich vortrefflich in einer horizontalen Linie hielten.

Am folgenden Morgen stand sein Entschluß fest; er wollte nichts vom Zaun brechen, sondern die Dinge an sich herankommen lassen, ohne sich viel um den Weg zu kümmern, den sie dabei nehmen möchten.

Zunächst lag es ihm am Herzen, seinen Mieter einmal wiederzusehen - was ja bei den täglichen, auf der Farm abgestatteten Besuchen ziemlich leicht war -, aber auch den berühmten Diamanten, der in seinen Träumen schon zu fa-belhaften Ausmaßen angewachsen war, sehnte er sich noch einmal zu betrachten.

Mr. Watkins begab sich also nach dem Häuschen Cy-priens, der in dieser frühen Morgenstunde noch hier anwesend war.

»Nun, mein junger Freund«, begann er im Ton guter Laune, »wie haben Sie denn die Nacht verbracht, diese erste Nacht nach Ihrer hochwichtigen Entdeckung?«

»Oh, sehr gut, Mr. Watkins, sehr gut«, erklärte der junge Mann frostig.

»Wie, Sie haben schlafen können?«

»Ganz wie gewöhnlich!«

»All die Millionen, die aus diesem Ofen hervorgequollen sind«, fuhr Mr. Watkins fort, »haben nicht einmal Ihren Schlaf gestört?«

»In keiner Weise!« versicherte Cyprien. »Vergessen Sie überhaupt nicht, Mr. Watkins, daß der fragliche Diamant einen Wert von Millionen nur besäße, wenn er das Werk der Natur wäre, nicht aber das Erzeugnis eines Chemikers . . .«

»Ja ... ja freilich, Monsieur Cyprien! Doch sind Sie sicher, noch einen oder gar noch mehrere machen zu können? ... Würden Sie dafür einstehen können?«

In der Überzeugung, daß ein derartiges Experiment wohl auch auf einen Mißerfolg hinauslaufen könne, zögerte Cyprien mit der Antwort.

»Da haben wir's ja«, fuhr John Watkins fort, »Sie getrauen sich das nicht! Bis auf weitere Versuche und Erfolge bleibt also Ihrem Diamanten sein ungeheurer Wert! . . . Nun, wa-rum wollen Sie's dann, wenigstens gleich jetzt, jedermann predigen, daß es nur ein künstlicher ist?«

»Ich wiederhole Ihnen«, erwiderte Cyprien, »daß ich ein wissenschaftliches Geheimnis von solcher Tragweite nicht für mich behalten darf!«

»Ja ... ja ... weiß schon!« erwiderte John Watkins, indem er dem jungen Mann durch ein Zeichen bedeutete, zu schweigen, um nicht draußen gehört zu werden. »Ganz richtig! . . . Davon sprechen wir später. Jedenfalls sorgen Sie sich nicht wegen Pantalaccis und der übrigen; die werden bezüglich Ihrer Entdeckung gewiß den Mund halten, denn das liegt in ihrem eigenen Interesse. Seien Sie überzeugt und - nun ja - glauben Sie besonders von meiner Tochter und von mir, daß wir uns über Ihre Erfolge ganz besonders freuen. Ja gewiß, wir sind ganz glücklich darüber! ... Aber könnt' ich den wunderbaren Diamanten denn nicht noch einmal sehen? . . . Gestern hatt' ich ja kaum Zeit, ihn aufmerksamer zu betrachten. Würden Sie wohl gestatten . . .«

»Ja, ich hab' ihn leider nicht mehr«, antwortete Cyprien.

»Sie haben ihn schon nach Frankreich geschickt?« rief Mr. Watkins, fast vernichtet von diesem Gedanken.

»Nein . . . das noch nicht! . . . Im jetzigen Rohzustand würde man seine Schönheit nicht zu beurteilen vermögen; deshalb also beruhigen Sie sich.«

»Wem haben Sie ihn aber dann übergeben? Bei allen Schutzheiligen Alt-Englands, wem?«

»Ich übergab ihn dem Jacobus Vandergaart zum Schleifen und weiß nicht, wo der ihn mit hingenommen hat.«

»Sie hätten dem alten Narren einen Diamanten von so ungeheurem Wert anvertraut?« rief John Watkins wirklich wütend. »Aber das ist wahnwitzig, Herr Ingenieur, völlig wahnwitzig.«

»Pah!« erwiderte Cyprien sehr gleichmütig, »was, meinen Sie, könnte Jacobus oder ein beliebiger anderer anfangen mit einem Diamanten, dessen Wert für die, welche seinen Ursprung nicht kennen, mindestens 50 Millionen beträgt? Glauben Sie etwa, es ginge so leicht, ihn heimlich zu verkaufen?«

Mr. Watkins schien über dieses Argument einigermaßen betroffen. Ein Diamant von so hohem Preis konnte offenbar nicht so leicht von einer Hand in die andere übergehen. Trotzdem fühlte sich der Farmer beunruhigt; er hätte viel -ja, sehr viel darum gegeben, wenn der unvorsichtige Cyprien ihn nicht dem alten Steinschneider anvertraut hätte, oder wenn dieser wenigstens mit dem überaus kostbaren Juwel nach dem Griqualand zurückgekehrt gewesen wäre.

Jacobus Vandergaart hatte jedoch 1 Monat Zeit verlangt, und trotz seiner brennenden Ungeduld mußte John Wat-kins sich wohl oder übel fügen.

Natürlich säumten im Laufe der folgenden Tage seine gewöhnlichen Tischgenossen Annibal Pantalacci, Herr Frie-del und der Jude Nathan nicht, über den ehrbaren Steinschneider herzufallen. In Abwesenheit Cypriens sprachen sie sehr häufig von ihm und gaben John Watkins dabei jedesmal zu hören, daß die Zeit verstreiche und Jacobus Van-dergaart doch nicht wieder erscheine.

»Und warum sollte er eigentlich nach dem Griqualand zurückkehren«, bemerkte Friedel, »da es ihm ja leicht genug gemacht ist, den unermeßlich kostbaren Diamanten, dessen künstlichen Ursprung bis jetzt doch nichts verrät, einfach für sich zu behalten?«

»Weil er keine Gelegenheit finden dürfte, ihn zu verkaufen«, entgegnete Mr. Watkins unter Anführung des Arguments, das der junge Ingenieur beigebracht hatte, obgleich ihn das jetzt nicht mehr vollständig beruhigte.

»Ein recht triftiger Grund!« meinte Nathan.

»Ja, ein recht triftiger Grund!« wiederholte Annibal Pantalacci, »und glauben Sie mir, das alte Krokodil ist damit in dieser Stunde schon über alle Berge. Es wird ihm wohl besonders schwer fallen, den Stein äußerlich zu verändern und unkenntlich zu machen! Sie wissen ja nicht einmal, welche Färbung er hat. Wer hindert ihn daran, ihn in vier oder fünf Stücke zu teilen, oder durch Spaltung daraus auch noch mehr Diamanten von immerhin beträchtlichem Wert herzustellen?«

Solche hingeworfene Andeutungen senkten schwere Zweifel in die Seele von Mr. Watkins, und er gab sich schon dem Glauben hin, daß Jacobus Vandergaart niemals wiedererscheinen werde.

Nur Cyprien glaubte fest an die Ehrbarkeit des alten Steinschneiders und erklärte unentwegt, daß dieser sich schon am vereinbarten Tag einstellen würde. Er sollte damit recht behalten.

Jacobus Vandergaart traf 48 Stunden später wirklich ein.