Nach Vollendung aller Vorbereitungen ging es nun fort, und die Karawane trat in der vorherbestimmten Ordnung zusammen.
Der von zwölf rötlichen und schwarzen Büffeln gezogene Wagen voran, unter der Führung Bardiks, der bald mit der langen Peitsche in der Hand neben den kräftigen Tieren herschritt, bald, um auszuruhen, den Vorderteil des Wagens bestieg. Dort auf seinem Sitz thronend, war er frei-
lich den Stößen durch die unebene Straße stark ausgesetzt, schien sich daraus aber nicht viel zu machen, sondern war vielmehr entzückt von dieser Art der Beförderung! Die vier Reiter folgten nebeneinander dicht hinterher. Außer für den Fall, wo sie Veranlassung hatten, sich zu entfernen, um ein Rebhuhn zu schießen oder den Weg auszukundschaften, bildete obiges die für eine lange Reihe von Tagen unveränderliche Zugordnung der kleinen Karawane.
Nach kurzer Überlegung wurde beschlossen, auf dem nächsten Weg nach der Quelle des Limpopo zu ziehen. In der Tat wies alles darauf hin, daß Matakit auch dieser Richtung gefolgt sein werde. Er konnte übrigens eine andere gar nicht einschlagen, da es ihm darauf ankommen mußte, die britischen Besitzungen so bald wie möglich im Rücken zu haben. Der Vorteil, den der Kaffer voraus hatte, bestand gleichzeitig in seiner gründlichen Landeskenntnis, wie in der Leichtigkeit seines Gefährts. So wußte er natürlich stets, wo er sich befand und wohin er sich auf nächstem Weg begab; infolge seiner Bekanntschaft im Norden war er aber auch sicher, überall Unterstützung und Schutz, Nahrung und Unterkommen zu finden, sogar Helfershelfer, wenn sich das als notwendig herausstellte. Und konnte man sicher sein, daß er seinen Einfluß auf die Eingeborenen nicht benützte, um sich mit Gewalt denen zu widersetzen, die ihm auf dem Fuß folgten und ihn vielleicht mit bewaffneter Hand anzugreifen drohten? Cyprien und seine Gefährten ersahen daraus mehr und mehr die Notwendigkeit, sich zusammenzuhalten und bei dieser Expedition gegenseitig zu unterstützen, wenn sie überhaupt beabsichtigten, daß irgendeiner von ihnen die Frucht davon einheimsen sollte.
Der Transvaal, der in der Richtung von Süden nach Norden durchzogen werden sollte, bildet ein sehr ausgedehntes Gebiet Südafrikas - von etwa 30 Millionen Hektar -, das sich zwischen dem Vaal und dem Limpopo ausdehnt und westlich von den Drakenbergen, der englischen Kolonie Natal, dem Land der Zulus und den portugiesischen Besitzungen liegt.
Vollkommen besiedelt von den Buren, das sind die früheren holländischen Bürger des Kaps der Guten Hoffnung, die sich hier binnen 15 bis 20 Jahren zu einer landbauenden Bevölkerung von über 100.000 Weißen vermehrt haben, erregte der Transvaal natürlich die Habgier Großbritanniens, welches das Land 1877 auch seinem Besitzstand hinzufügte. Die ungemein häufigen Aufstände der Buren, die mit Aufgebot aller Mittel unabhängig bleiben wollen, läßt die Zukunft dieses schönen Landstrichs noch immer in Ungewißheit. Es ist einer der lachendsten und fruchtbarsten von Afrika und gleichzeitig einer der gesündesten, und das erklärt wohl hinlänglich - wenn es sie auch nicht rechtfertigt - die Anziehung, die dieses Gebiet auf die stets zu fürchtenden Nachbarn ausübt. Auch die Goldlager, die hier entdeckt wurden, haben natürlich einen nicht minder großen Einfluß auf die politische Handlungsweise Englands gegenüber dem Transvaal gehabt.
Geographisch trennt man das Land, in Übereinstimmung mit den Buren selbst, in drei Hauptregionen: das
Hochland oder Hooge-Veld, das Hügelland oder Banken-Veld und das Buschland oder Bush-Veld.
Das Hochland bildet den südlichsten Teil. Es besteht aus Gebirgsketten, die sich von den Drakenbergen nach Westen und Süden hin fortsetzen. Hier ist der eigentliche Minendistrikt des Transvaal zu suchen und hier herrscht ein kaltes, trockenes Klima, etwa wie im Berner Oberland.
Das Hügelland ist vornehmlich die Gegend des Landbaus. Im Norden des ersteren gelegen, beherbergt es in seinen tiefen, von zahlreichen Wasserläufen getrennten und von immergrünen Bäumen beschatteten Tälern den größten Teil der holländischen Bewohnerschaft.
Der Bush-Veld oder das Buschland, gleichzeitig das reichste Jagdgebiet, erstreckt sich dann in weiten Ebenen bis zu den Ufern des Limpopo nach Norden und grenzt im Westen an das Land der Betchuana-Kaffern.
Von Potchefstroom, das im Banken-Veld liegt, ausgehend, hatten die Reisenden erst in schräger Richtung den größten Teil dieses Gebiets zu durchziehen, bevor sie den Banken-Veld und von da, weiter im Norden, die Ufer des Limpopo erreichten.
Dieser erste Teil des Transvaal war natürlich am leichtesten zu bereisen. Hier befand man sich noch immer in halbzivilisiertem Land. Die größten Schwierigkeiten und Unfälle beschränkten sich auf eine ziemlich morastige Straße und einen erkrankten Büffel. Wilde Enten, Rebhühner und Ziegen gab es längs des Weges in Menge, und die Flinten lieferten alltäglich den Bedarf für das Frühstück wie für das
Mittagsbrot. Die Nacht wurde gewöhnlich in einer Farm zugebracht, deren von dem übrigen Teil der Welt jährlich 9 Monate abgeschlossene Bewohner die unerwartet ankommenden Gäste stets mit froher Herzlichkeit aufnehmen.
Gastfreundlich, zuvorkommend und uninteressiert erwiesen sich die Buren hier wie überall. Die Landessitte verlangt zwar, daß man ihnen für die Unterkunft der Menschen und Tiere eine Entschädigung anbietet, sie schlagen diese jedoch so gut wie immer aus und bestehen sogar noch meist darauf, daß der Fremde bei der Weiterreise von ihnen Mehl, Orangen und eingemachte Pfirsiche annimmt. Überläßt man ihnen dafür irgendeinen Gegenstand, der für die Pferdezucht oder die Jagd verwendbar ist, vielleicht eine Peitsche, eine Kinnkette oder einen Pulversack, so sind sie ganz entzückt darüber, so gering dessen eigentlicher Wert auch sein mochte.
Die braven Leute führen in ihren ausgedehnten Einöden ein stilles und friedlich verlaufendes Leben; sie ernähren sich ohne große Mühe mit ihren Familien von den Erzeugnissen, die ihnen ihre Herden liefern, und bebauen mit Hilfe von Kaffern und Hottentotten das Land, um ohne großen Aufwand Getreide und Gemüse in Hülle und Fülle zu ernten.
Ihre Häuser sind sehr einfach aus Lehm errichtet und mit dicken Strohdächern überdeckt. Macht der Regen einmal eine Bresche in die Mauern - was freilich zuweilen vorkommt -, so haben sie das Heilmittel bei der Hand. Die ganze Familie beschäftigt sich damit, Lehm zu kneten, von dem ein großer Haufen hergestellt wird; dann nehmen Sohn und Tochter diesen handweise und eröffnen ein Bombardement auf die Bresche, die in dieser Weise bald geschlossen wird.
Im Innern der Wohnung findet man kaum einige Möbel, höchstens Holzschemel, grobe Tische und Betten für erwachsene Personen; die Kinder nehmen mit einem Lager auf Schaffell vorlieb.
Trotzdem findet noch die Kunst eine Stätte unter diesen urwüchsigen Verhältnissen. Fast alle Buren sind musikalisch und spielen Geige oder Flöte. Sie tanzen mit wahrhafter Begeisterung und kennen weder Hindernisse noch Anstrengung, wenn es gilt - manchmal auf eine Entfernung von 20 Lieues -, sich zu versammeln, um diesem Lieblingszeitvertreib nachzugehen.
Die Töchter des Landes sind sehr bescheiden und sehen in der schmucken holländischen Bauerntracht oft sehr hübsch aus. Sie treten sehr zeitig in die Ehe, bringen ihren Gatten aber nichts anderes mit, als ein Dutzend Ochsen oder Ziegen, einen Karren oder einen anderen Schatz dieser Art. Der Ehemann übernimmt die Einrichtung des Wohnhauses, besorgt die Urbarmachung mehrerer Morgen Landes in der nächsten Umgebung, und damit ist der neue Hausstand gegründet.
Die Buren werden sehr alt, und nirgends auf der Erde begegnet man soviel Hundertjährigen wie hier.
Eine eigentümliche und bisher unaufgeklärte Erscheinung ist die Fettsucht, der fast alle im reiferen Alter verfal-len, und die bei ihnen ganz erstaunliche Grade erreicht. Sie sind übrigens von sehr hohem Wuchs, und das trifft ebenso bei den Ansiedlern von französischem Ursprung, wie bei denen von deutscher oder holländischer Abstammung zu.