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Nach eingenommenem Kaffee wurden die Pferde bestiegen, während der Wagen und die Zugtiere unter Bardiks Obhut zurückblieben.

Li hatte darum nachgesucht, die Reiter begleiten zu dürfen, und sich nur mit dem Jagdmesser seines Herrn bewaffnet.

Nach kaum einer halben Stunde gelangten die Jäger an die Stelle, wo am vorigen Abend die Elefanten gesehen worden waren. Heute mußte man schon etwas weiter hinaus, um sie wiederzufinden und eine breite Blöße zu erreichen, die sich zwischen dem Fuß des Berges und dem rechten Flußufer ausbreitete.

In der klaren, frischen, von der aufgehenden Sonne beleuchteten Luft, auf einem ungeheuren Teppich feinen Grases, der vom Tau noch ganz feucht war, befanden sich die Elefanten - wenigstens 2- bis 300 - eben beim Frühstück. Die kleineren von ihnen sprangen munter um ihre Mütter umher oder saugten schweigend ihre Morgenration. Die großen weideten mit gesenktem Kopf und weit umhersuchendem Rüssel das dichte Gras der Waldwiese ab. Fast alle wedelten mit den großen Ohren, die etwa ledernen Män-teln ähnelten, die sie wie indische Punkas hin und her bewegten.

Die Ruhe dieses häuslichen Friedens hatte wirklich etwas Heiliges, so daß Cyprien sich fast ergriffen fühlte und seinen Gefährten vorschlug, auf den beabsichtigten Mord zu verzichten.

»Wozu diese unschädlichen Tiere töten?« sagte er. »Ist es nicht besser, sie in ihrer Einsamkeit in Frieden weiden zu lassen?«

Aus mehr als einem Grund konnte dieser Vorschlag An-nibal Pantalacci jedoch nicht behagen.

»Wozu?« erwiderte er höhnisch lächelnd, »nun, um unsere Jagdtaschen zu füllen, indem wir uns einige Zentner Elfenbein verschaffen. Fürchten Sie sich etwa vor den großen Tieren, Monsieur Mere?«

Cyprien zuckte nur die Achseln, ohne auf die Unverschämtheit zu achten; als er aber den Neapolitaner und seinen Gefährten weiter vorwärts nach der Lichtung gehen sah, schloß er sich ihnen an.

Jetzt befanden sich alle drei kaum noch 200 Meter von den Elefanten entfernt. Wenn die mit so scharfem Gehörsinn begabten Tiere, die schnell jede Gefahr wittern, die Annäherung der Jäger noch nicht bemerkt hatten, so kam das daher, daß diese sich unter dem Wind befanden, und außerdem durch ein Dickicht mächtiger Baobabs gedeckt waren.

Inzwischen begann doch einer der Elefanten Zeichen von Unruhe zu geben und erhob den Rüssel wie ein Fragezeichen.

»Jetzt gilt es«, sagte Annibal Pantalacci leise. »Wenn wir Erfolg haben wollen, dann müssen wir uns trennen und jeder unser Stück aufs Korn nehmen, dann auf ein Signal zusammen feuern, denn schon beim ersten Schuß wird die ganze Herde die Flucht ergreifen.«

Dieser Vorschlag wurde angenommen; James Hilton wandte sich nach rechts, Annibal Pantalacci ging gleichzeitig nach links hin, und Cyprien blieb allein im Zentrum. Dann schlichen alle drei nah auf die Lichtung zu.

Zu seinem größten Erstaunen fühlte da Cyprien, wie zwei Arme sich kräftig um ihn schlossen, während die Stimme Lis ihm ins Ohr flüsterte:

»Ich bin's! ... Ich kroch hinter Ihnen her, Herr! ... Sprechen Sie nicht ... Sie werden gleich erfahren warum!«

Cyprien gelangte eben an die Grenze der Lichtung und befand sich jetzt von den Elefanten kaum noch 30 Meter entfernt. Schon erhob er die Büchse, um auf jeden Fall bereit zu sein, als der Chinese ihm zuraunte:

»Ihre Büchse ist nicht geladen! . . . Beunruhigen Sie sich deshalb nicht! Es wird schon alles gut abgehen!«

In diesem Augenblick ertönte ein schriller Pfiff, der als Zeichen zum Angriff dienen sollte, und gleichzeitig krachte ein Gewehrschuß - aber nur ein einziger - dicht hinter Cyprien.

Dieser drehte sich rasch um und bemerkte Annibal Pan-talacci, der sich hinter dem Stamm eines Baums zu verbergen suchte.

In demselben Augenblick nahm aber ein weit ernsterer Umstand seine Aufmerksamkeit in Anspruch.

Ein durch den Schuß verwundeter und dadurch wütend gewordener Elefant stürzte auf ihn zu. Die anderen hatten, genau wie der Neapolitaner vorausgesehen hatte, die Flucht ergriffen, mit einem Getrappel, das den Erdboden auf 2000 Meter im Umkreis erzittern machte.

»Jetzt aufgepaßt!« rief Li, der sich noch immer an Cy-prien klammerte. »Sobald das Tier sich auf Sie werfen will, drängen Sie Templar zur Seite. Dann reiten Sie schnell um diesen Busch und lassen sich von dem Elefanten verfolgen! ... Für das übrige werde ich schon sorgen!«

Cyprien gewann kaum die Zeit, dieser Warnung halb maschinenmäßig nachzukommen. Mit erhobenem Rüssel, blutunterlaufenen Augen, mit weit offenem Maul und die Stoßzähne drohend auf ihn gerichtet, sprang der gewaltige Dickhäuter mit unglaublicher Schnelligkeit auf ihn zu.

Templar erwies sich als erprobter Gaul. Mit wunderbarer Sicherheit folgte er dem Schenkeldruck seines Reiters und machte pfeilschnell einen Satz nach rechts. Der Elefant stürmte in der angenommenen Richtung genau über die Stelle weg, die Pferd und Reiter noch den Augenblick vorher eingenommen hatten.

Der Chinese, der, ohne ein Wort zu sagen, blank gezogen hatte, glitt jetzt zur Erde herab und sprang eiligst hinter den Busch, den er seinem Herrn gezeigt hatte.

»Dort ... dorthin! ... Wenden Sie um diesen Busch! ... Lassen Sie sich verfolgen!« rief er noch einmal.

Der Elefant wendete sich, wütend über den Mißerfolg seines ersten Angriffs, auf sie zurück. Ohne die Gründe Lis vollständig zu durchschauen, folgte Cyprien doch dessen Anweisung. Er sprengte um den Busch, gefolgt von dem keuchenden Tier, und vereitelte noch zweimal dessen Angriff durch schnelle Wendung seines Pferdes. Konnte diese Taktik aber lange von Erfolg sein? Hoffte Li auf diese Weise das Tier zu ermüden?

Ohne befriedigende Antwort zu finden, stellte sich Cy-prien eben diese Frage, als sich der Elefant zu seiner größten Verwunderung auf die Knie niederließ.

Mit unvergleichlicher Gewandtheit den richtigen Moment abpassend, war Li in dem hohen Gras dem Tier unter die Füße geschlichen und hatte diesem mit einem einzigen Hieb die Sehne an der Ferse, die man beim Menschen Achillessehne nennt, durchschnitten.

So gehen bei ihren Elefantenjagden die Hindus gewöhnlich zu Werke, und der Chinese hatte dieses Verfahren auf Ceylon gewiß oft genug nachgeahmt, denn er führte es mit einer Sicherheit und Kaltblütigkeit ohnegleichen aus.

Niedergeworfen und ohnmächtig rührte sich der Elefant kaum noch und wälzte nur den Kopf im dichten Gras. Ein aus seiner Wunde hervorquellender Blutstrom raubte ihm sichtlich mehr und mehr die Kräfte.

»Hurra! ... Bravo!« riefen gleichzeitig Annibal Pan-

talacci und James Hilton, die jetzt auf dem Kampfplatz erschienen.

»Wir müssen ihm durch eine Kugel ins Auge den Garaus machen!« erklärte James Hilton, der ein unwiderstehliches Bedürfnis zu fühlen schien, in diesem Drama eine tätige Rolle zu spielen.

Mit diesen Worten schlug er schon an und gab Feuer.

Sofort hörte man, wie die Explosionskugel im Körper des riesigen Vierfüßlers zersprang. Er zuckte noch einmal krampfhaft zusammen und lag dann unbeweglich da wie ein grauer, zur Erde gestürzter Felsblock.

»Es ist zu Ende!« rief James Hilton, der sein Pferd ganz nah an das Tier herantrieb, um es besser zu sehen.

»Abwarten! ... Abwarten!« schien der listige Blick des Chinesen, den er auf seinen Herrn richtete, zu sagen.

Das schreckliche und unvermeidliche Nachspiel dieser Szene ließ denn auch nicht lange auf sich warten.

Kaum war James Hilton nah an den Elefanten herangekommen, als er sich im Steigbügel niederbeugte, um jenem, wie zum Spott, eines der großen Ohren aufzuheben. Mit plötzlicher Bewegung erhob das Tier aber noch einmal den Rüssel, schlug diesen auf den vorwitzigen Jäger nieder und zertrümmerte ihm dabei die Wirbelsäule und die Hirnschale, ehe die entsetzten Zuschauer nur Zeit hatten, ihm hilfreich beizuspringen.