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1 Stunde nach diesem Wiedergenesungsdinner saß Pha-ramond Barthes, der auch selbst tüchtig gegessen hatte, neben dem jungen Ingenieur und erzählte, wie es gekommen war, daß er sich hier allein und in dieser seltsamen Vermummung befunden hatte.

»Du weißt«, sagte er, »wessen ich fähig bin, wenn sich's darum handelt, eine neue Art der Jagd zu versuchen. Seit 6 Monaten hab' ich nun soviel Elefanten, Zebras, Giraffen, Löwen und anderes Haar- und Federwild - einen Kannibalenadler, den Stolz meiner Sammlung, nicht zu übergehen - erlegt, daß mich vor einigen Tagen die Lust anging, einmal meine Jagdbelustigungen zu verändern. Bis hierher zog ich in Begleitung meiner dreißig Bassutos, einer Herde entschlossener Gesellen, die ich pro Monat mit einem Säckchen Glaskügelchen bezahle und die für ihren Herrn und Meister durchs Feuer gehen würden. Kürzlich hab' ich aber die Gastfreundschaft Tonaias, des großen Häuptlings des Landes, genossen, und in der Absicht, von ihm die Berechtigung zur Jagd auf seinem Gebiet zu erhalten - ein Recht, auf das er ebenso eifersüchtig ist wie ein schottischer Lord -, stimmte ich zu, ihm meine Bassutos nebst vier Flinten zu einem Zug gegen seine Nachbarn zu leihen. Diese Bewaffnung machte ihn natürlich unbesiegbar, und er hat auch über seine Feinde den erhofften Triumph davongetragen.

Daraus entstand eine innige Freundschaft zwischen ihm und mir, die durch einen Blutsaustausch besiegelt wurde, das heißt, wir brachten uns gegenseitig einen kleinen Stich am Vorderarm bei. Seitdem bin ich also mit Tonaia auf Leben und Tod verbündet. Vor jeder Belästigung in seinem ganzen Gebiet sicher, zog ich nun vorgestern aus, um Tiger und Strauße zu jagen. Einen Tiger hatte ich das Glück, vergangene Nacht zu erlegen, und es sollte mich wundern, wenn du den Lärm, der jenem Zweikampf voranging, nicht vernommen hättest. Stell dir vor, daß ich neben dem Körper eines vorher getöteten Büffels eine Schutzhütte errichtet hatte, in der begründeten Hoffnung, einen Tiger im Laufe der Nacht heranschleichen zu sehen. Und wahrlich, der Bursche ließ nicht auf sich warten, da ihn der Geruch des frischen Fleisches anziehen mochte; das Unglück wollte aber, daß 2- bis 300 Schakale, Hyänen und Tigerkatzen denselben Gedanken wie er gehabt hatten. Daraus entstand denn ein Höllenkonzert, das wohl bis zu dir hierher hörbar gewesen sein muß.«

»Ja, ich glaube es vernommen zu haben«, antwortete Cyprien. »Ich glaubte sogar, es würde mir zu Ehren gegeben!«

»Keineswegs, wackerer Freund!« rief Pharamond Bar-thes. »Es ertönte zu Ehren eines toten Büffels, dort in dem Tal, das du zur rechten Hand sich öffnen siehst. Als der Tag graute, hatte ich von dem gewaltigen Wiederkäuer nur noch die Knochen übrig. Ich werde dir's zeigen. Es ist ein hübsches anatomisches Präparat! Du wirst auch meinen Tiger sehen, das schönste Tier, das ich seit meiner Ankunft in Afrika erlegt habe. Ich habe es schon abgehäutet und sein Fell hängt nun zum Trocknen an einem Baum.«

»Warum aber die seltsame Verkleidung, die du heute morgen trugst?« fragte Cyprien.

»Ja, das war ein Straußkostüm. Wie ich dir sagte, gebrauchen die Kaffern oft diese List, um sich den Stelzfüßlern zu nähern, die sonst sehr scheu und nur schwer zu schießen sind. Du wirst mir antworten, ich hätte ja meine vorzügliche Büchse. Das ist wohl wahr, doch ... ich hatte nun einmal Lust bekommen, auf Kaffernweise zu jagen, und das hat mir außerdem den Vorteil gewährt, dich gerade noch rechtzeitig aufzufinden, nicht wahr?«

»Wahrhaftig, zur rechten Zeit, Pharamond! ... Ich glaube, ohne dich gehörte ich dieser Welt jetzt wohl nicht mehr an!« antwortete Cyprien, indem er die Hand des Freunds herzlich drückte.

Er befand sich jetzt nicht mehr im Backofen, sondern lag gemächlich ausgestreckt auf einem Bett von Blättern, das sein Gefährte ihm am Fuß des Baobab hergerichtet hatte.

Der wackere junge Mann begnügte sich aber hiermit noch nicht. Er wollte aus dem benachbarten Tal das Schutzzelt holen, das er bei allen Ausflügen mit sich zu führen pflegte, und eine Viertelstunde später hatte er es schon über dem ihm teuren Kranken aufgestellt.

»Und nun laß mich deine Geschichte hören, Freund Cyprien«, sagte er, »vorausgesetzt, daß dich die Erzählung nicht zu sehr anstrengt.«

Cyprien fühlte sich kräftig genug, den so natürlichen Wunsch Pharamond Barthes' zu erfüllen. Immerhin nur ziemlich kurz, schilderte er ihm die Ereignisse, die sich im Griqualand zugetragen hatten; warum er es in der Verfolgung Matakits und seines Diamanten verlassen, ferner die Hauptvorkommnisse des Zugs, den dreifachen Tod Annibal Pantalaccis, Friedels und James Hiltons, das Verschwinden Bardiks und endlich, daß er hier die Wiederkehr seines Dieners Li erwarte, der ihn an eben dieser Stelle wieder aufsuchen sollte.

Pharamond Barthes lauschte dem allen mit gespannter Aufmerksamkeit. Auf die Frage, ob er einem jungen Kaffer begegnet sei, dessen äußere Erscheinung Cyprien ihm möglichst genau beschrieb - er meinte Bardik -, antwortete er verneinend.

»Aber«, fügte er hinzu, »ich habe doch ein herrenloses Pferd gefunden, das vielleicht deins sein könnte.«

So erzählte er denn in einem Atem, unter welchen Umständen das betreffende Pferd in seine Hände gefallen sei.

»Es ist genau 2 Tage her«, sagte er, »ich jagte mit meinen Bassutos in den Bergen des Südens, als ich plötzlich aus einem Hohlweg ein sehr schönes graues Pferd hervorbrechen sah, das nur noch eine Halfter hatte und eine Leine hinter sich herzog. Das Tier wußte offenbar nicht, was es beginnen sollte. Da rief ich es an, wies ihm eine Handvoll Zucker und - es kam zu mir heran. Damit war das Pferd also gefangen, ein herrliches Tier voll Feuer und Mut, und >gesalzen< wie der beste Schinken.«

»Das ist meins! ... Das ist Templar!« rief Cyprien.

»Natürlich, lieber Freund, Templar gehört dir«, antwortete Pharamond Barthes, »und es wird mir ein besonderes Vergnügen sein, ihn dir zurückzugeben. Doch nun gute Nacht! Schlaf ordentlich aus! Morgen mit Tagesanbruch machen wir uns auf den Weg!«

Um dem Freund mit gutem Beispiel voranzugehen, wickelte sich auch Pharamond in seine Decke und schlief neben Cyprien ein.

Am folgenden Morgen kehrte der Chinese pünktlich mit einigem Mundvorrat zum Lagerplatz zurück. Nachdem Pharamond Barthes ihn, noch ehe Cyprien erwachte, über alles unterrichtet hatte, empfahl er ihm, über seinen Herrn zu wachen, während er das Pferd holen wollte, dessen Verlust dem jungen Ingenieur so schmerzlich gewesen war.

19. KAPITEL Die Wundergrotte

Es war wirklich Templar, den Cyprien am folgenden Morgen vor sich sah, als er aufwachte. Das Wiedersehen gestaltete sich fast zärtlich. Man hätte wohl sagen können, daß das Pferd ein ebenso großes Vergnügen empfand wie der Reiter, als er den treuen Reisebegleiter wiederfand.

Cyprien fühlte sich nach dem Frühstück kräftig genug, um sich in den Sattel zu schwingen und sofort aufzubrechen. Pharamond Barthes packte dabei all seine Habselig-keiten auf Templars Rücken, faßte das Tier am Zügel, und man machte sich nun auf den Weg nach der Hauptstadt Tonaias.

Unterwegs erzählte Cyprien seinem Freund die merkwürdigsten Vorkommnisse der Expedition seit dem Verlassen des Griqualands. Als er auf das letzte Verschwinden Matakits, von dem er eine Personalbeschreibung lieferte, zu sprechen kam, fing Pharamond Barthes laut zu lachen an.

»Ah, halt einmal, das ist ja noch etwas Neues, und ich glaube, imstande zu sein, dir einige Neuigkeiten über deinen Dieb, wenn auch nicht über deinen Diamanten, mitteilen zu können.«