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»Was der arme Teufel da ausgesagt, scheint mir wirklich auf Wahrheit zu beruhen«, bemerkte Pharamond Barthes.

»Ich zweifle daran auch nicht«, antwortete Cyprien, »und vielleicht hat er gar nicht so unrecht daran getan, sich der griqualändischen Justiz gleich ganz zu entziehen.«

Dann wandte er sich wieder an Matakit.

»Nun gut«, sagte er zu ihm, »ich bezweifle nicht, daß du an dem Diamantendiebstahl, dessen man dich angeklagt hat, unschuldig bist. Doch wenn wir auch beteuern, daß du keinen Anteil daran hattest, wird man das in der Vander-gaart-Kopje schwerlich glauben. Willst du dich dennoch der Gefahr aussetzen, dahin zurückzukehren?«

»Ja . . . ich will alles wagen . . . um nicht noch länger hier zu bleiben!« versicherte Matakit, dem der Schrecken alle Glieder zu lähmen schien.

»Wir werden das Nötige regeln«, antwortete Cyprien, »und hier mein Freund Pharamond Barthes wird die Verhandlungen führen.«

Der Jäger zögerte keinen Augenblick, dem großen Tonaia die Angelegenheit vorzutragen.

»Sprich offenherzig! ... Was verlangst du im Austausch gegen deinen Gefangenen?« fragte er den Negerkönig.

Dieser besann sich kurze Zeit und erklärte schließlich:

»Ich verlange 4 Flinten; 10 mal 10 Patronen für jede Waffe und 4 Säckchen mit Glasperlen. Das ist doch nicht zuviel, nicht wahr?«

»Das ist zwanzigmal zuviel; doch Pharamond Barthes ist dein Freund und wird alles tun, dir gefällig zu sein!«

Dann schwieg auch er ein Weilchen und fuhr nachher fort:

»Hör mich an, Tonaia! Du sollst die 4 Gewehre, die 400 Patronen und die 4 Säckchen Perlen erhalten. Du aber lieferst uns dafür das nötige Ochsengespann nebst Nahrungsmitteln und ein Ehrengeleit, um alle diese Männer durch das Transvaalgebiet zu schaffen.«

»Abgemacht!« erklärte Tonaia mit höchst befriedigter Stimme.

Dann schlug er einen vertraulicheren Ton an und sagte, sich zu Pharamond Barthes' Ohr neigend:

»Die Ochsen wären schon vorhanden. Sie sind von den Leuten, die meine Krieger im Begriff fanden, nach den Ställen heimzukehren, und die sie in meinen Kraal trieben . . . Oh, das war ein schöner Kriegszug, nicht wahr?«

Der Gefangene wurde freigelassen, und nachdem sie noch einen letzten Blick auf die Wunderherrlichkeiten der Höhle geworfen hatten, ließen sich Cyprien, Pharamond Barthes und Matakit ohne Widerspruch die Augen verbinden und gelangten so zurück nach dem »Palast« Tonaias, wo zur Feier des abgeschlossenen Vertrags ein großes Fest gegeben wurde.

Man einigte sich schließlich dahin, daß Matakit nicht sofort in der Vandergaart-Kopje erscheinen, sondern in deren Nähe nur zum Dienst bei dem jungen Ingenieur bereit bleiben solle, bis dieser es für sicher genug ansehen würde, ihn wirklich zurückzurufen. Der Gang der Ereignisse wird lehren, daß das keine unnütze Vorsichtsmaßnahme war.

Am folgenden Tag brachen Pharamond Barthes, Cy-prien, Li und Matakit unter zahlreicher Bedeckung wieder nach dem Griqualand auf. Jetzt konnte man sich freilich keiner Selbsttäuschung mehr hingeben. Der »Südstern« war unwiederbringlich verloren, und Mr. Watkins konnte ihn nicht nach dem Londoner Tower senden, um dort inmitten der prächtigsten Edelsteine Englands deren Glanz zu überstrahlen.

20. KAPITEL Die Rückkehr

John Watkins hatte nie schlechtere Laune gehabt als seit der Abfahrt der vier zur Verfolgung Matakits ausgezogenen Bewerber. Jeder Tag, jede Woche, die verstrich, schien in seiner Rechnung einen Querstrich mehr zu machen, indem sich damit die Aussicht, seinen kostbaren Stein wiederzuerlangen, immer mehr verminderte. Außerdem fehlten ihm seine gewohnten Gesellschafter, James Hilton, Friedel, An-nibal Pantalacci und selbst Cyprien, den er ja so häufig neben sich sitzen sah. Er vertrieb sich die Zeit also nur mit dem Ginkrug, und wir müssen gestehen, daß die Alkoholzufuhr, die er sich gestattete, seinen Charakter nicht gerade zu mildern geeignet war.

Dazu hatte man in der Farm alle Ursache, über das Schicksal der Überlebenden der Expedition ziemlich unruhig zu sein. Bardik nämlich, der, ganz wie die andern es vermuteten, von einer Bande Kaffern abgefangen worden war, hatte diesen doch nach wenigen Tagen zu entwischen gewußt und bei der Rückkehr nach dem Griqualand Mr. Watkins vom Tod Friedels und James Hiltons erzählt. Das war doch für die überlebenden Zugteilnehmer, Cyprien Mere, Annibal Pantalacci und den Chinesen, von ziemlich schlimmer Vorbedeutung.

Auch Alice fühlte sich höchst unglücklich. Sie sang jetzt nicht mehr, und ihr Piano blieb völlig stumm. Kaum bewahrte sie noch einiges Interesse für ihre Straußherde.

Selbst Dada brachte es mit ihrer Gefräßigkeit nicht mehr dazu, ihr ein Lächeln abzunötigen, und verschlang ungestraft, ohne daß jemand das Tier daran zu hindern suchte, die verschiedenartigsten Gegenstände, die ihm in den Weg kamen.

Miss Watkins litt jetzt unter zweifacher Furcht, die durch ihre Einbildungskraft noch mehr vergrößert wurde; die erste, daß Cyprien niemals von der unseligen Expedition wieder heimkehren könnte, und die zweite, daß Annibal Pantalacci, den sie von allen Bewerbern am meisten verabscheute, den »Südstern« bringen und den Preis für seinen Erfolg fordern könnte. Der Gedanke, gezwungen die Gattin dieses boshaften, rohen Neapolitaners zu werden, flößte ihr einen unbesiegbaren Widerwillen ein, besonders seitdem sie einen Mann wie Cyprien Mere näher kennen und schätzen gelernt hatte. Sie dachte hieran am Tag, träumte davon in der Nacht, und ihre frischen Wangen erbleichten, ihre blauen Augen verhüllten sich unter einem immer dunkler werdenden Schleier.

Jetzt währte es schon 3 Monate, daß sie schweigend und kummervoll wartete. Am heutigen Abend saß sie hinter dem Lichtschirm der Lampe neben ihrem Vater, der der Ginflasche besonders kräftig zugesprochen hatte. Den Kopf über eine Stickerei gebeugt, die sie angefangen hatte, um anstelle der vernachlässigten Musik doch irgend etwas zu treiben, hing sie ihren Gedanken nach.

Da unterbrach ein gelindes Klopfen an der Tür ihre lange Träumerei.

»Herein!« rief sie ziemlich verwundert und fragte sich, wer zu dieser Stunde bei ihnen noch vorsprechen könnte.

»Oh, ich bin's nur, Miss Watkins!« erklang da eine Stimme, die ihr das Herz vor Freude hüpfen machte - die Stimme Cypriens.

Er war es in der Tat, der hier heimkehrte, aber bleich, abgezehrt, erschöpft, mit einem Bart, der ihn ganz unkenntlich machte, und in einer Kleidung, die durch die lange Fahrt stark abgenützt war, aber noch immer lebhaft, immer höflich und zuvorkommend, immer mit leuchtenden Augen und lächelndem Mund.

Alice hatte sich mit einem Aufschrei der Freude und des Erstaunens erhoben. Mit einer Hand suchte sie das laute Klopfen ihres Herzens zu dämpfen, während sie die andere dem jungen Ingenieur entgegenstreckte, der sie warm in den seinigen drückte, als Mr. Watkins aus seinem Halbschlummer erwachte, sich die Augen rieb und fragte, was es denn Neues gäbe.

Der Farmer brauchte einige Minuten, um klar sehen zu lernen. Kaum hatte er aber einiges Verständnis der Sachlage erlangt, als auch ihm ein Schrei - ein Schrei aus der Tiefe des Herzens - entfuhr.

»Und der Diamant?«

Der Diamant war leider nicht mit zurückgekehrt.

Cyprien schilderte kurz die Vorkommnisse auf der Fahrt. Er erwähnte den Tod Friedels, Annibal Pantalaccis und James Hiltons, die Verfolgung Matakits und seine Gefangenschaft bei Tonaia - seine Rückkehr nach dem Gri-

qualand verschwieg er natürlich -, dagegen ließ er schon durchblicken, daß er von der Schuldlosigkeit des jungen Kaffern vollständig überzeugt sei.