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Da diese Claims alle unabhängig voneinander ausgegraben wurden, bilden sie natürlich Gruben von sehr verschiedener Tiefe. Die einen reichen wohl 100 Meter und noch mehr hinunter, während andere nur 15, 20 oder 30 Meter tief sind.

Aus Rücksicht auf die Arbeit und den Verkehr ist jeder Konzessionär durch amtliche Verordnung streng verpflichtet, an den Seiten seines Lochs 7 Fuß Durchmesser unberührt stehen zu lassen. Diese Fläche bildet, zusammen mit einer gleich großen, die der Nachbar liegen lassen muß, eine Art Straße oder Erdwall im Niveau mit dem eigentlichen Erdboden. Darauf kommt dann dicht aneinander eine Reihe Balken zu liegen, die auf jeder Seite über den Rand noch 1 Meter hinausragen, um dem Gang hinreichende Breite zu geben, daß zwei Karren bequem aneinander vorübergelangen können. Zum Schaden der Solidität dieses schwebenden Weges wie der Sicherheit der Minengräber unterlassen es die Konzessionäre leider nicht, den Fuß der Mauer allmählich und je weiter sie in die Tiefe dringen, zu untergraben, so daß dieser Wall, der oft die Höhe gewaltiger Kirchtürme übertrifft, endlich eine umgekehrte Pyramide bildet, die auf ihrer Spitze ruht. Die Folgen dieses unverzeihlichen Verfahrens sind leicht vorauszusehen. Die Minen stürzen eben häufig ein, entweder während der Regenzeit oder wenn eine plötzliche Temperaturveränderung die schon vorhandenen Sprünge in der Erdmasse erweitert. Trotz der periodischen Wiederkehr solcher Unfälle lassen sich die Diamantgräber aber nicht abhalten, ihre Wand bis zur äußersten Grenze abzuschachten.

Als Cyprien Mere sich der Mine näherte, sah er zunächst nichts als Karren, die leer oder beladen auf dem schwebenden Weg dahinrollten. Weiter herangekommen, konnte er jedoch einen Blick bis in die Tiefen dieses eigenartigen Steinbruchs werfen und gewahrte nun die große Menge von Leuten jeder Rasse, Farbe und Tracht, die eifrig am Grund der Claims wühlten. Hier gab es Neger und Weiße, Europäer und Afrikaner, Mongolen und Kelten - die meisten fast ganz nackt oder höchstens bekleidet mit Leinensandalen, Flanellhemden, einem baumwollenen Schurz und auf dem Kopf einen häufig mit Straußfedern geschmückten Strohhut.

Alle diese Männer füllten die Erde in Ledereimer, die dann sofort an den Rand der Gruben emporstiegen, indem sie an langen Eisenkabeln, gezogen von aus Kuhhäuten geschnittenen Riemen, die über durchbrochene Rollen liefen, dahinglitten. Hier wurden die Eimer ebensoschnell in Karren entleert und gelangten dann zum Grund des Claims zurück, um wieder mit neuer Ladung emporzusteigen.

Diese langen Eisendrahtkabel, die schräg über die von den Claims gebildeten länglichen Vierecke weggespannt sind, geben den »Dry Diggings«, den trockenen Diamantgruben, ein ganz eigentümliches Aussehen. Man möchte glauben, die Fäden eines riesigen Spinnengewebes vor sich zu sehen, dessen Herstellung plötzlich unterbrochen wurde.

Cyprien amüsierte sich einige Zeit mit der Betrachtung dieses menschlichen Ameisenhaufens, dann kehrte er nach New Rush zurück, wo alsbald eine gewaltige Tischglocke ertönte. Dort fand er im Laufe des Abends Gelegenheit, die einen von reichen Funden sprechen zu hören, Mineure, so arm wie Hiob, die durch einen einzigen Diamanten urplötzlich reich geworden waren, während wieder andere sich über erfolglose Bemühungen, über die Habsucht der Unterhändler oder die Unzuverlässigkeit der in den Gruben beschäftigten Kaffer beklagten, die oft die schönsten Steine stehlen sollten. Überhaupt trug das Gespräch einen rein technischen Charakter. Es drehte sich einzig allein um Diamanten, Karatgewicht und gleich um Hunderte von Pfund Sterling.

Im großen und ganzen machten die Leute einen elenden Eindruck, und auf einen glücklichen »Digger«, der geräuschvoll eine Flasche Champagner verlangte, um sein Glück anständig zu begießen, sah man zwanzig traurige Gesichter, deren Eigentümer sich mit einem sehr dünnen Bier begnügten.

Gelegentlich ging wohl auch ein Stein am Tisch von Hand zu Hand, wurde gewogen, geprüft und abgeschätzt, um endlich wieder im Gürtel seines Eigentümers zu ver-schwinden. Dieser halbgraue, glanzlose Kiesel, der nicht mehr Feuer zeigte, als jeder von einem Bergbach herabgerollte Feldstein, war der Diamant in seiner natürlichen Gangart.

Bei Einbruch der Nacht füllten sich die Kaffeehäuser, und wieder folgten dieselben Gespräche, die schon das Mahl gewürzt hatten, jetzt aber begleitet von so manchem Glas Gin oder Brandy.

Cyprien selbst hatte sich beizeiten in einem Bett niedergelegt, das ihm unter einem dem »Hotel« benachbarten Zelt angewiesen worden war. Hier schlief er bald ein, trotz des Geräuschs eines Balls unter freiem Himmel, den sich die Kaffern aus der Umgebung gaben, und trotz des Geschmetters eines Klappenhorns, das in einem öffentlichen Salon den choreographischen Übungen der weißen Herren den Takt angab.

3. KAPITEL

Ein wenig, in aller Freundschaft gelehrte Wissenschaft

Der junge Ingenieur, zu seiner Ehre sei es gleich hier gesagt, war nicht ins Griqualand gekommen, um seine Zeit in dieser Atmosphäre von Habgier, Trunksucht und Tabaksrauch zu vergeuden. Er war beauftragt, in gewissen Teilen des Landes topographische und geologische Aufnahmen vorzunehmen, Proben von diamantartigem Gestein und Erdarten zu sammeln und gleich an Ort und Stelle eingehende

Untersuchungen daran vorzunehmen. Seine erste Sorge bestand also darin, sich eine ruhige Wohnung zu verschaffen, wo er sein Labor einrichten konnte, das sozusagen als Mittelpunkt für die vorzunehmenden Ausflüge in dem Minendistrikt dienen sollte.

Der kleine Hügel, auf dem sich die Farm Mr. Watkins' erhob, erregte bald seine Aufmerksamkeit als eine Stelle, die für seine Arbeiten besonders günstig lag. Hinreichend entfernt von dem Lagerplatz, um von dieser lärmenden Nachbarschaft nicht zu sehr gestört zu werden, befand sich Cy-prien hier etwa 1 Stunde von den entfernten Kopjen - denn der ganze Diamantenbezirk hatte nur einen 10 bis 12 Kilometer nicht übersteigenden Umfang. So genügte dem jungen Ingenieur denn ein halber Tag, um eines der verlassenen Häuser von John Watkins auszuwählen, sich mit ihm über den Mietpreis zu einigen und sich dort einzurichten.

Der Farmer selbst kam ihm dabei ziemlich wohlwollend entgegen. Eigentlich langweilte er sich doch recht stark in seiner Einsamkeit und sah es mit großem Vergnügen, daß sich ganz in seiner Nähe ein junger Mann niederließ, durch den er einige Abwechslung in dem alltäglichen Treiben erwarten zu können hoffte.

Wenn Mr. Watkins darauf gerechnet hatte, in ihm einen Tischgenossen und Liebhaber der Ginflasche zu finden, so hatte er sich freilich arg getäuscht. Kaum fertig mit der Aufstellung seiner Retorten, Öfen und Reagenzgläser in dem verlassenen Häuschen, und selbst noch bevor die wichtigsten Stücke seines Labors eingetroffen waren, begann Cyprien schon seine geologischen Ausflüge in die Umgebung. Auch des Abends, wenn er gänzlich erschöpft und beladen mit Felsstückchen in seiner Zinktrommel, in der Jagdtasche, in den übrigen Taschen und oft sogar im Hut heimkam, empfand er natürlich weit mehr Verlangen, sich niederzulegen und auszuschlafen, als auf die alten Erzählungen und das Geschwätz von Mr. Watkins zu lauschen. Übrigens rauchte er sehr wenig und trank noch weniger. Das entsprach aber gar nicht der Vorstellung von einem lustigen Genossen, die sich der Farmer vorher zurechtgelegt hatte.

Nichtsdestoweniger benahm sich Cyprien so gefällig und gutmütig, war er so einfach im Auftreten und trotz seiner reichen Kenntnisse bescheiden im Urteil, daß es unmöglich wurde, ihn täglich zu sehen, ohne ihn liebzugewinnen. Mr. Watkins empfand also - vielleicht war er sich darüber selbst nicht klar - weit mehr Achtung vor dem jungen Ingenieur, als er je vorher gegen jemand gehabt hatte. Wenn der Bursche nur auch tüchtig getrunken hätte! Was soll einer aber anfangen mit einem Menschen, der seine Kehle niemals mit einem Tropfen Gin anfeuchtet? So lautete gewöhnlich der Schluß des Urteils, das der Farmer gelegentlich über seinen Mietsmann abgab.