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recht«, gab er zu.»Es war eben der Traum meines Lebens, verstehst du? Ich wäre so gern ein berühmter Künstler geworden - groß und schön und elegant, mit einem seidigen, weißen Pelz und einer wundervollen Stimme. Eben einer, den alle lieben und bewundern.«»Hm«, machte Jakob.»Es war eben nur ein Traum«, fuhr der kleine Kater fort,»und ich habe eigentlich immer gewußt, daß er nie Wirklichkeit werden kann. Deswegen habe ich einfach so getan, als ob alles wahr wäre. Meinst du, das war eine große Sünde?«»Keine Ahnung«, schnarrte Jakob,»von Sünden und solchem frommen Zeugs versteh' ich nix.«»Aber du - bist du mir jetzt böse deswegen?«»Böse? Ach Quatsch - ein bißchen plem-plem find' ich dich. Aber das macht nix. Du bist trotzdem ganz in Ordnung.«Und für einen Augenblick legte der Rabe seinen zerrupften Flügel um den Freund.»Und wenn ich mir's überleg'«, fuhr er dann fort,»gefällt mir der Name Moritz eigentlich nicht so übel, im Gegenteil.«»Nein, ich meine, weil ich doch überhaupt kein berühmter Sänger bin.«»Wer weiß«, sagte der Rabe tiefsinnig,»ich hab's schon erlebt, daß Lügen nachträglich wahr geworden sind und dann waren's gar keine.«Moritz blickte seinen Weggefährten ein wenig unsicher von der Seite an, weil er nicht ganz verstanden hatte, was der meinte.»Glaubst du, ich könnte es noch werden?«fragte er mit großen Augen.»Wenn wir lang genug leben.«, antwortete Jakob, mehr für sich. Der kleine Kater fuhr aufgeregt fort:»Ich habe dir doch schon von Oma Mia erzählt, der alten, weisen Katze, die so viele geheimnisvolle Dinge wußte. Sie wohnte auch bei uns im Kellerloch. Jetzt ist sie schon lange beim Großen Kater im Himmel, wie alle anderen, außer mir. Kurz ehe sie starb, hat sie mir etwas gesagt:»Moritz«, sagte sie,»wenn du wirklich jemals ein großer Künstler werden willst, dann mußt du alle Höhen und Tiefen des Lebens kennenlernen; denn nur wer die kennt, kann alle Herzen erweichen.* Ja, das hat sie gesagt. Aber verstehst du, was sie damit gemeint hat?«»Na«, antwortete der Rabe trocken,»die Tiefen hast du ja nun schon so ziemlich erlebt.«»Meinst du?«fragte Moritz erfreut.»Klar«, krächzte Jakob,»viel tiefer geht's ja wohl kaum mehr, Käterchen. Jetzt fehlen dir bloß noch die Höhen.«Und schweigend wanderten sie weiter durch Schnee und Wind. Fern am Ende der Straße ragte der Turm des großen Münsters in den nächtlichen Himmel. 

Inzwischen war im Labor die Arbeit bereits in vollem Gang. Als erstes ging es darum, die verschiedenen Substanzen zusammenzusuchen, die zur Herstellung des satanarchäolügenialkohöllischen Wunschpunsches erforderlich waren. Der lange Pergamentstreifen lag auf dem Fußboden ausgerollt und war mit Bücherstapeln beschwert, damit er sich nicht wieder zusammenwickelte. Nachdem Irrwitzer und Tyrannja noch einmal gründlich die Gebrauchsanweisung am Anfang durchstudiert hatten, fingen sie nun mit dem eigentlichen Rezept an. Beide standen über den Text gebückt und entzifferten, was da geschrieben stand. Das wäre für Nicht-Zauberer ganz unmöglich gewesen, denn es handelte sich um eine ungeheuer komplizierte Geheimschrift, den sogenannten Infernal-Code. Doch dessen Entschlüsselung beherrschten sie beide aus dem FF. Außerdem waren die Angaben über die nötigen Grundsubstanzen anfangs noch relativ leicht verständlich. In unserer Schrift geschrieben lautete der Beginn des Rezeptes folgendermaßen: Vierfach fließen durch die Hölle Flüsse, dunkler Qualen Quelle: Der Cocytus, Acheron, Styx und Pyriphlegeton. Eis und Feuer, Gift und Schlamm, nimm davon je hundert Gramm.

Mix' im Shaker flott und flink Lügenpunsches Basis-Drink. Wie jeder gut ausgerüstete Labor-Zauberer hatte auch Irrwitzer alle vier Substanzen in ausreichender Menge vorrätig. Während er sie zusammensuchte und dann andächtig in einem Spezialshaker mixte, las Tyrannja den nächsten Punkt vor: Jetzo brauchst du flüssiges Geld: Leg zehntausend Taler fest, die du auf der ganzen Welt armen Leuten abgepreßt. Flüssig mache nur den Zins dreieinviertel Liter sind's. Schütte sie ins Glas hinein, wahre den gesetzlichen Schein! Wie man Geld flüssig machte, war der Hexe selbstverständlich bekannt. Binnen kurzem glänzten die dreiviertel Liter im Punschglas aus Kaltem Feuer. Ein goldener Schein verbreitete sich im Raum. Nun goß Irrwitzer seine Höllenflüssigkeit aus dem Shaker dazu, und das Leuchten erlosch. Schwarz wie die Nacht war nun der Sud, aber da und dort durchzuckten ihn Blitze, die wie pochende Adern aussahen und sogleich wieder verschwanden. Die dritte Anweisung lautete: Krokodilstränen mußt du vergießen in reichlicher Menge (soviel du vermagst), und lasse sie tropfenweis fließen, indem du dein Opfer beklagst. Nach kräftiger Rührung (doppelt gemeint) misch den geweinten Wein in die vorige Mischung hinein, bis sich beides völlig vereint. Das war nun natürlich schon etwas schwieriger, denn böse Zauberer und Hexen können ja, wie schon gesagt wurde, keine Tränen vergießen - nicht einmal falsche. Aber hier wußte nun wieder Irrwitzer Rat. Er erinnerte sich nämlich, daß er mehrere Flaschen eines besonders ertragreichen Jahrgangs solcher Krokodilstränen in seinem Keller gelagert hatte. Ein gewisses Staatsoberhaupt, das zu Irrwitzers Vorzugskunden gehörte, hatte sie ihm vor Zeiten zum Geschenk gemacht. Erholte die Flaschen herauf- es waren sieben Stück - und nachdem er deren Inhalt in das schwarze Gebräu gegossen und heftig umgerührt hatte, verfärbte sich die Flüssigkeit abermals und wurde nach und nach rot wie Blut. So ging es immer weiter, einmal wußte Irrwitzer, was zu tun war, das andere Mal Tyrannja. Von ihrem gemeinsamen bösen Willen beflügelt, arbeiteten sie so mühelos zusammen, als hätten sie nie im Leben etwas anderes getan. Nur einmal kam es doch noch zum Streit, nämlich als sie zu einer Stelle kamen, die folgendermaßen lautete: Nimm vom Hirnschmalz eine Menge (miß genau und irre nicht!), die e xakt der halben Länge deiner Lieblingsfarb' entspricht. Wie man die Länge einer Farbe mißt, war ihnen beiden durchaus klar, da lag nicht das Problem. Die Uneinigkeit entstand über der Frage, wessen Lieblingsfarbe hier gelten sollte. Tyrannja bestand darauf, daß es die ihre sein müsse, weil der Teil der Pergamentrolle, auf dem diese Anweisung stand, ihr gehörte. Irrwitzer dagegen versteifte sich darauf, daß es sich nur um seine Lieblingsfarbe handeln könne, da das ganze Experiment in seinem Labor stattfand. Wahrscheinlich wären sie über diesen Punkt nicht so bald einig geworden, wenn sich nicht zu ihrer beider Erleichterung herausgestellt hätte, daß die Hälfte von Schwefelgelb ganz genau gleich lang war wie die Hälfte von Giftgrün. So löste sich auch diese Frage. Nun wird gewiß niemand ernstlich erwarten, hier die ganze Liste aller Zutaten abgedruckt zu finden, die zur Bereitung des satanarchäolügenialkohöllischen Wunschpunsches erforderlich sind. Der Grund, darauf besser zu verzichten, liegt nicht nur darin, daß eine solche vollständige Liste diese Geschichte über Gebühr in die Länge ziehen würde (immerhin war die Rezeptrolle ja etwa fünf Meter lang), sondern viel mehr noch in einer wohlbegründeten Sorge: Es ist ja niemals vorherzusehen, in wessen Hände ein Buch wie dieses hier geraten wird, und es soll niemand in Versuchung geführt werden, sich möglicherweise selbst an das Brauen dieses diabolischen Getränks zu machen. Es gibt sowieso schon viel zu viele Leute vom Schlage Irrwitzers und Tyrannjas auf der Welt. Der vernünftige Leser wird deshalb um Verständnis dafür gebeten, daß hier der größte Teil der Angaben übersprungen werden muß.