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Was der Schakal dagegen wußte, war, daß die Sicherheitsbeamten, gegen die er antrat, zum mindesten zu den besten der Welt gehörten; daß der gesamte Sicherheitsapparat, der Präsident de Gaulle umgab, sich in einem Zustand permanenter Vorwarnung befand, der ihn auf die bloße Möglichkeit eines auf das Leben seines Schützlings geplanten Anschlags hin sofort reagieren ließ, und daß die Organisation, für die er, der Schakal, arbeitete, ihrerseits von Spitzeln und Geheimagenten unterwandert und durchsetzt war.

Auf der Habenseite konnte er lediglich seine Anonymität sowie die cholerische Weigerung seines Opfers verbuchen, den eigenen Sicherheitsexperten irgendwie entgegenzukommen.

Der Stolz, die Dickköpfigkeit und die absolute Verachtung jedweder ihm drohenden Gefahr würden den französischen Staatspräsidenten zwingen, am festgesetzten Tage aus der Deckung herauszutreten und, gleichgültig, welche Risiken damit verbunden waren, ein paar Sekunden lang ein weithin sichtbares Ziel abzugeben.

Im Ausrollen vollführte die soeben gelandete SAS-Maschine aus Kopenhagen-Kastrup vor dem Londoner Flughafengebäude eine letzte Schwenkung, die sie in die vorgesehene Position brachte, glitt noch ein paar Meter weiter und blieb dann stehen. Nach wenigen Sekunden erstarb das Heulen der Triebwerke, und kurz darauf wurde die Treppe herangerollt. Der lächelnden Stewardeß ein letztes Mal zunickend, verließen die Passagiere einer nach dem anderen das Flugzeug und stiegen die Treppe hinunter.

Der blonde Mann auf der Aussichtsterrasse schob seine dunkle Sonnenbrille über die Stirn hinauf und blickte durch sein Fernglas. Die sich treppabwärts bewegende Prozession der Fluggäste war die sechste an diesem Morgen, der er seine Aufmerksamkeit widmete. Aber da die Terrasse bei dem warmen Sonnenschein von Menschen überfüllt war, die auf ankommende Passagiere warteten und sie, sobald sie aus ihren Flugzeugen heraustraten, zu entdecken und durch Winken auf sich aufmerksam zu machen hofften, fiel sein Verhalten niemandem auf.

Als der achte Fluggast aus der Tür ins Helle hinaustrat, beugte sich der Mann auf der Terrasse unwillkürlich vor, während sein Blick dem Ankömmling die Treppe hinunter folgte. Der Passagier aus Dänemark, ein Priester oder Pastor, war mit einem dunkelgrauen geistlichen Anzug und steifem hohem Kragen bekleidet. Dem aus der Stirn gekämmten eisengrauen Haar nach zu urteilen, das er mittellang trug, mochte er Ende Vierzig sein, aber sein Gesicht wirkte entschieden jünger. Er war hochgewachsen, hatte breite Schultern und sah körperlich fit aus. Seine Figur glich annähernd derjenigen des Mannes, der ihn von der Terrasse aus beobachtete.

Während die Fluggäste der Ankunftshalle zustrebten, um sich der Zoll- und Paßkontrolle zu unterziehen, verstaute der Schakal den Feldstecher in seiner Aktentasche und begab sich ohne Hast durch die geöffnete Glastür in die ein Stockwerk tiefer gelegene Haupthalle.

Fünfzehn Minuten später hatte der dänische Geistliche die Zollkontrolle passiert und betrat, mit Koffer und Reisetasche bewaffnet, die Haupthalle. Er schien von niemandem abgeholt zu werden und steuerte auf den Schalter von Barklay's Bank zu, um Geld zu wechseln.

Den Angaben zufolge, die er sechs Wochen später der dänischen Polizei gegenüber machte, bemerkte er den blonden jungen Engländer nicht, der, offenbar darauf wartend, daß er an die Reihe kam, neben ihm in der Schlange stand und ihn eingehend durch die dunklen Gläser seiner Brille fixierte. Jedenfalls erinnerte sich der Däne nicht, den Mann gesehen zu haben. Aber als er die Haupthalle verließ, um den BEA-Bus zum Cromwell-Road-Terminal zu besteigen, ging der Engländer, der seine Aktentasche trug, nur wenige Schritte hinter ihm, und beide fuhren mit demselben Bus in die Stadt.

Am Terminal mußte der Däne ein paar Minuten warten, bis sein Koffer aus dem an den Bus gekoppelten Gepäckanhänger geholt worden war. Dann machte er sich, den mit einem Pfeil und dem internationalen Wort» Taxi «versehenen Exit-Schildern folgend, auf den an einer Reihe von Check-in-Schaltern vorbeiführenden Weg zum Ausgang.

Währenddessen ging der Engländer um das hintere Ende des Busses herum und quer über das für abgestellte Autobusse reservierte Areal zum Parkplatz des BEA-Personals hinüber, auf dem er seinen Wagen stehengelassen hatte. Er legte die Aktenmappe auf den Beifahrersitz des offenen Sportwagens, stieg ein und ließ den Motor an. Dicht an der Mauer des Terminals zu seiner Linken entlangfahrend, stoppte er nach wenigen Metern. Von hier aus konnte er, nach rechts blickend, die lange Reihe der unter den Arkaden wartenden Taxis übersehen. Der Däne bestieg das dritte Taxi. Gleich darauf scherte es aus der Reihe aus, bog in die Cromwell Road ein und entfernte sich in Richtung Knightsbridge. Der Sportwagen folgte ihm.Das Taxi setzte den ahnungslosen Pastor vor einem kleinen, aber behaglichen Hotel in der Half Moon Street ab, während der Sportwagen am Hoteleingang vorbeischoß und wenige Augenblicke später vor einer freien Parkuhr an der Ecke Curzon Street stoppte. Der Schakal verschloß die Aktenmappe im Kofferraum, kaufte sich beim Zeitungshändler am Shepherd Market die Mittagsausgabe des» Evening Standard «und betrat fünf Minuten später das Hotelfoyer. Er mußte fünfundzwanzig weitere Minuten warten, bis der Däne nach unten kam und seinen Zimmerschlüssel bei der Empfangsdame abgab. Als sie ihn an den Haken gehängt hatte, schwang der Schlüssel noch ein paar Sekunden lang hin und her, und der in einem der Armsessel des Foyers sitzende Mann, der, offenbar in Erwartung eines Freundes, seine Zeitung gesenkt hatte, als der Däne auf dem Weg ins Restaurant des Hotels an ihm vorüberging, merkte sich, daß der Schlüssel die Nummer 47 trug. Als sich die Empfangsdame ein paar Minuten später in das hinter der Rezeption gelegene Hotelbüro begab, um dort telephonisch Theaterkarten für einen Gast zu bestellen, schlich der Mann mit der dunklen Sonnenbrille rasch und unbemerkt die Treppe hinauf.

Ein etwa vier Zentimeter breiter Streifen flexiblen Glimmers erwies sich als ungeeignet zum öffnen der Tür von Zimmer Nr. 47. Mit Hilfe eines biegsamen kleinen Palettenmessers, das den Glimmerstreifen verstärkte, gelang der Trick dann aber doch, und die Schloßfeder sprang mit einem metallischen Klicken zurück. Da er lediglich zum Lunch hinuntergegangen war, hatte der Pastor seinen Paß auf dem Nachttisch zurückgelassen. Innerhalb von dreißig Sekunden war der Schakal wieder auf dem Korridor. Er hatte das Heft mit den TravellerSchecks in der Hoffnung, daß die Behörden den Dänen unter Hinweis auf das Fehlen jeglicher Anzeichen eines Diebstahls davon zu überzeugen versuchen würden, daß er seinen Paß woanders verloren haben müsse, unberührt gelassen. Und genauso geschah es denn auch. Lange bevor der Däne seinen Kaffee ausgetrunken hatte, war der Engländer ungesehen entkommen, und erst sehr viel später am Nachmittag informierte der Däne nach gründlicher und ratloser Suche im ganzen Zimmer den Hotelmanager über den Verlust seines Passes. Der Hotelmanager durchsuchte das Zimmer ebenfalls und wandte, nachdem er eindringlich auf den Umstand verwiesen hatte, daß alles andere, einschließlich des Scheckheftes, an seinem Platz verblieben war, seine ganze Beredsamkeit auf, um dem Dänen klarzumachen, daß keinerlei