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General Guibaud erklärte, daß die inzwischen vorgenommene vollständige Überprüfung einschlägiger Akten des SDECE keinerlei Hinweise auf die Existenz eines außerhalb der OAS oder ihres Sympathisantenkreises selbständig operierenden politischen Killers ergeben habe. Der Leiter der Renseignements Generaux erklärte, die Durchsicht relevanter Kriminalakten habe zum gleichen negativen Resultat geführt, und zwar nicht nur in Hinsicht auf französische Staatsbürger, sondern auch auf Ausländer, die jemals in Frankreich aktiv zu werden versucht hatten.

Als nächster erstattete der Chef der DST Bericht. Um 7 Uhr 30 am Morgen des gleichen Tages war ein Telephongespräch abgehört worden, das von einem in der Nähe der Gare du Nord befindlichen Postamt aus mit der Nummer des römischen Hotels, in welchem die drei OAS-Bosse sich aufhielten, geführt wurde. Seit sie sich dort vor acht Wochen eingemietet hatten, waren alle Bediensteten der internationalen Telephonauskunfts- und — vermittlungsstelle angewiesen, jedes mit dieser Nummer geführte Gespräch zu melden. Der betreffende Beamte, der an diesem Morgen den Dienst am Klappenschrank versah, hatte freilich die Verbindung bereits hergestellt gehabt, bevor er sich darüber klar wurde, daß es sich um die auf seiner Liste befindliche Nummer in Rom handelte. Immerhin brachte er die Geistesgegenwart auf, das Gespräch abzuhören. Die übermittelte Botschaft lautete:»Valmy an Poitiers. Der Schakal ist aufgeflogen. Kowalsky wurde geschnappt. Hat gesungen, bevor er starb. Ende.«

Ein paar Sekunden lang herrschte in dem Konferenzraum absolutes Schweigen.

«Wie haben die das herausbekommen?«ließ sich schließlich Lebels Stimme vom unteren Ende des Tisches her vernehmen. Mit Ausnahme Oberst Rollands, der nachdenklich einen imaginären Punkt auf der ihm gegenüberliegenden Wand anstarrte, richteten alle den Blick auf den Kommissar.

«Verdammt«, sagte Rolland, noch immer auf die Wand starrend, laut und vernehmlich. Die Blicke wanderten zum Chef des Aktionsdienstes hinüber.

«Marseille«, sagte der Oberst.»Um Kowalsky nach Marseille zu locken, haben wir einen Köder benutzt. Einen alten Freund namens Jo-Jo Grzybowski. Der Mann ist verheiratet und hat eine Tochter. Wir hielten sie alle drei in Schutzhaft, bis sich Kowalsky in unserer Hand befand. Dann erlaubten wir ihnen, nach Hause zurückzukehren. Was ich von Kowalsky wollte, waren lediglich

Informationen über seine Chefs. Zu dem Zeitpunkt hatten wir von der Schakal-Verschwörung noch keine Kenntnis. Es bestand daher auch kein Grund, ihnen zu verheimlichen, daß wir Kowalsky gefaßt hatten. Seither hat sich die Situation freilich geändert. Es muß der Pole Jo-Jo gewesen sein, der den Agenten Valmy informiert hat. Tut mir leid.«

«Hat die DST Valmy auf dem Postamt erwischt?«fragte Lebel.

«Nein, infolge der Dummheit des Fernsprechbeamten vefehlten wir ihn um wenige Minuten«, erklärte der Leiter der DST.

«Also gleich eine Serie eklatanter Fehlschläge und Versäumnisse, wie mir scheint«, bemerkte Oberst Saint Clair beißend. Die Blicke, die sich auf ihn richteten, waren nicht gerade freundlich zu nennen.

«Wir tasten im dunklen — nach einem unbekannten Gegner«, entgegnete General Guibaud.»Wenn es den Obersten drängen sollte, freiwillig die Leitung der Operation zu übernehmen — und selbstverständlich auch die Verantwortung…«

Der Oberst aus dem Elysee-Palast betrachtete angelegentlich die vor ihm liegenden Besprechungsunterlagen, als käme ihnen größere Bedeutung zu als der kaum verhüllten Drohung, die in der Bemerkung des Generals gelegen hatte. Aber er begriff, daß seine Äußerung nicht sonderlich klug gewesen war.

«In gewisser Weise«, gab der Minister zu bedenken,»ist es ebensogut, wenn sie wissen, daß ihr gedungener Schütze aufgeflogen ist. Immerhin werden sie die Aktion jetzt doch wohl abblasen müssen?«

«Genau das«, sagte Saint Clair, darauf bedacht, wieder an Boden zu gewinnen.»Der Minister hat völlig recht. Die müßten ja verrückt sein, wenn sie jetzt noch weitermachen wollten. Sie werden den Mann zweifellos zurückpfeifen.«

«Er ist nicht wirklich aufgeflogen«, bemerkte Lebel, dessen Anwesenheit man ganz allgemein fast schon vergessen zu haben schien.»Wir kennen den Namen des Mannes noch immer nicht. Die Warnung mag ihn lediglich veranlaßt haben, für zusätzliche Absicherungen zu sorgen, als da sind falsche Papiere, Tarnung durch maskenbildnerische Tricks und so weiter…«

Der Optimismus, den die Bemerkung des Ministers in der Tischrunde hervorgerufen hatte, verflüchtigte sich schlagartig. Roger Frey musterte den kleinen Kommissar respektvoll.

«Ich hielte es für angebracht, wenn wir uns jetzt KommissarLebels Bericht anhörten, meine Herren. Schließlich leitet er diese Ermittlungen, und wir sind hier, um ihm dabei behilflich zu sein, wo immer wir können.«

In dieser Weise dazu aufgefordert, zählte Lebel die Maßnahmen auf, die er seit dem vergangenen Abend eingeleitet hatte; erwähnte die wachsende Überzeugung, in der er sich durch die Überprüfung der einschlägigen französischen kriminalpolizeilichen und sicherheitsdienstlichen Unterlagen bestärkt fühlte, daß der Ausländer, wenn überhaupt, dann nur in irgendeinem anderen Land aktenkundig sein könne. Berichtete von seiner Forderung, durch kooperierende Polizeibehörden anderer Staaten Ermittlungen anstellen zu lassen, und stellte klar, daß die Genehmigung hierzu erteilt worden sei. Schilderte die Gespräche, die er über das Interpol-Netz mit den Polizeichefs sieben verschiedener Länder geführt hatte.

«Die Auskünfte trafen im Laufe des Tages ein«, faßte Lebel zusammen.»Sie lauteten wie folgt: Holland: Nichts. Italien: Mehrere kriminalpolizeilich erfaßte Killer, die auf Kontraktbasis arbeiten, allesamt jedoch ausschließlich im Auftrag der Mafia. Diskrete Rückfragen der Carabinieri beim Capo in Rom wurden mit der Versicherung beantwortet, daß kein Mafia-Killer jemals einen politischen Mord begehe, es sei denn auf Weisung, und daß die Mafia der Ermordung eines ausländischen Staatsmannes nie zustimmen würde. «Lebel blickte auf.»Ich persönlich neige zu der Annahme, daß dies vermutlich der Wahrheit entspricht.

Weiter. Großbritannien: Nichts. Allerdings ist die weitere Ermittlung einer anderen Abteilung dem Sicherheitsdienst des Yard — übertragen worden.«

«Langsam wie immer«, murmelte Saint Clair halblaut. Lebel hörte die Bemerkung und blickte wiederum auf.

«Aber sehr gründlich, das muß man unseren englischen Freunden lassen. Unterschätzen Sie Scotland Yard nicht. «Er fuhr fort:»Amerika: Zwei Möglichkeiten. Einmal die rechte Hand eines von Miami aus operierenden Waffenhändlers. Der Mann war früher im US-Marine Corps und später CIA-Agent in Westindien. Wurde geschaßt, weil er kurz vor dem Desaster in der Schweinebucht einen kubanischen Anti-Castroisten in einem Streit getötet hat. Der Kubaner hätte bei dem Unternehmen eine Abteilung befehligen sollen. Der Amerikaner wurde dann von dem Waffenhändler engagiert, der zu den Leuten gehörte, mit deren inoffizieller Hilfe die