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Tausende von Männern standen in Reih und Glied über den ganzen Platz verteilt. An deren Spitze, am Fuße der Treppen, stand Michaels Leibgarde, die vormals Heimatgarde genannt worden war, bevor Michael ihr den neuen Namen gegeben hatte. Ihre Kettenhemden, Schilde und gelben Banner leuchteten hell in der Sonne. Hinter ihnen standen nahezu tausend Mann der Westlandarmee. Vor ihnen allen stand mit verschränkten Armen Chase und blickte die Treppen hinauf. Neben ihm hatte man einen Pfahl mit Michaels Kopf in die Erde gerammt. Richard stand da, von der Stille wie gelähmt. Hätte ein Mann ganz hinten, eine halbe Meile entfernt, gehustet, er hätte es gehört.

Zedd legte ihm die Hand auf die Schulter und drängte ihn die Treppe hinunter. Es fühlte sich ein wenig zu sehr an, als würde er geschoben. Kahlan ergriff seinen Arm, drückte ihn und begann erhobenen Hauptes, die Folge von Stufen und ausgedehnten Absätzen hinunterzusteigen. Chase sah Richard in die Augen. Neben ihm entdeckte Richard Rachel. Sie hielt mit einem Arm sein Bein umklammert, in der anderen Hand hielt sie Sara. Siddin hielt die andere Hand der Puppe. Er entdeckte Kahlan, riß sich los und kam ihr entgegengelaufen. Sie empfing ihn lachend mit offenen Armen und hob ihn hoch. Er grinste Richard an und stammelte etwas, das Richard nicht verstand, dann schlang er Kahlan die Arme um den Hals. Nachdem sie ihn liebkost und ihm etwas zugeflüstert hatte, setzte sie ihn ab und hielt ihn fest an der Hand.

Der Hauptmann der Heimatgarde trat vor. »Die Heimatgarde steht bereit, Euch ihre Ergebenheit zu schwören.«

Der Kommandant der Westlandarmee stellte sich neben den Hauptmann. »Die Armee Westlands ebenfalls.«

Ein Offizier aus D’Hara trat vor. »Und die Streitmacht D’Haras.«

Richard starrte sie benommen an, ungläubig. Er spürte, wie der Zorn in ihm aufstieg.

»Niemand wird irgend jemandem seine Ergebenheit schwören, und erst recht nicht mir. Ich bin ein Waldführer. Sonst nichts. Bekommt das endlich in eure Köpfe. Ein Waldführer!«

Richard ließ den Blick über das Meer von Köpfen schweifen. Er sah zu Michaels blutverkrustetem Kopf auf dem Pfahl hinüber. Er schloß einen Augenblick lang die Augen, dann wandte er sich an einige Männer der Heimatgarde und zeigte auf den Kopf.

»Vergrabt dieses Ding mit seinen anderen Überresten.« Niemand rührte sich. »Jetzt gleich!«

Sie sprangen herbei und stürzten zum Kopf. Richard sah den Offizier aus D’Hara an, der vor ihm stand. Alle warteten.

»Gebt bekannt, daß alle Feindseligkeiten beendet sind. Der Krieg ist vorbei. Sorgt dafür, daß alle Truppen in ihre Heimat zurückkehren und sämtliche Besatzungstruppen zurückgezogen werden. Ich erwarte, daß jeder, ob Soldat oder General, der Verbrechen gegen hilflose Menschen begangen hat, vor Gericht gestellt und nach dem Gesetz bestraft wird, sollte er für schuldig befunden werden. Die Streitkräfte D’Haras sollen helfen, jenen Menschen, die ansonsten über Winter verhungern würden, Lebensmittel zu bringen. Feuer ist nicht mehr ungesetzlich. Sollten sich irgendwelche Truppen, denen Ihr begegnet, diesen Befehlen widersetzen, werdet Ihr Euch um sie kümmern müssen.« Richard deutete auf den Kommandanten der Westlandarmee. »Nehmt Eure Truppen und helft ihm. Zusammen seid Ihr stark genug, um Euch gegen jeden durchzusetzen.« Die beiden Offiziere starrten sich an. Richard beugte sich vor. »Von allein wird es nicht geschehen.«

Die beiden Männer legten zum Gruß die Faust übers Herz und verneigten sich.

Der Offizier aus D’Hara hob den Kopf und sah Richard in die Augen. Er hatte die Faust noch immer über dem Herzen. »Wie Ihr befehlt, Meister Rahl.«

Richard machte ein überraschtes Gesicht, dann tat er es als unwesentlich ab. Vermutlich war der Mann zu sehr daran gewöhnt, ›Meister Rahl‹ zu sagen.

Richard bemerkte an der Seite einen Posten. Er erkannte den Mann wieder. Er war Hauptmann der Wachmannschaft gewesen, als Richard den Palast des Volkes verlassen hatte. Er war es gewesen, der ihm ein Pferd angeboten und ihn vor dem Drachen gewarnt hatte. Richard gab ihm ein Zeichen, vorzutreten. Der Mann kam herbei und nahm Haltung an. Er wirkte ein wenig besorgt.

»Ich habe eine Aufgabe für dich.« Der Mann wartete schweigend. »Ich denke, es ist genau das richtige für dich. Ich möchte, daß du alle MordSiths zusammentrommelst. Ausnahmslos alle.«

»Jawohl, Sir.« Er wirkte ein wenig blaß. »Sie werden alle bei Sonnenaufgang hingerichtet werden.«

»Nein! Ich will nicht, daß sie hingerichtet werden!«

Der Mann machte ein ungläubiges Gesicht. »Was soll ich dann mit ihnen tun?«

»Du wirst ihre Strafer vernichten. Jeden einzelnen. Ich will nie wieder einen davon sehen.« Er hielt den hoch, der um seinen Hals hing. »Bis auf diesen einen. Dann wirst du ihnen neue Kleider besorgen. Verbrenne die Kleider der Mord-Sith bis auf den letzten Fetzen. Sie sollen freundlich und mit Respekt behandelt werden.«

Der Mann riß die Augen auf. »Freundlich«, hauchte er, »und mit Respekt?«

»Genau das habe ich gesagt. Sie sollen eine Aufgabe bekommen, bei der sie Menschen dienlich sein können, und man wird ihnen beibringen, die Menschen auf die gleiche Weise zu behandeln, wie man sie behandelt, freundlich und mit Respekt. Wie du das anstellst, weiß ich nicht, du wirst dir etwas einfallen lassen müssen. Du scheinst ein kluger Kopf zu sein. Noch Fragen?«

Er machte ein finsteres Gesicht. »Und wenn sie sich weigern, sich zu ändern?«

Richard sah den Mann wütend an. »Sag ihnen, wenn sie lieber auf dem alten Weg bleiben wollen, als einen neuen zu beschreiten, dann werden sie am Ende ihres Weges dem Sucher begegnen.«

Der Posten grinste, legte die Faust zum Gruß auf sein Herz und verneigte sich zackig.

Zedd beugte sich vor. »Richard, die Strafer sind magisch, man kann sie nicht einfach so vernichten.«

»Dann hilf du ihm, Zedd. Hilf ihm, sie zu vernichten, oder schließe sie fort, was auch immer. Einverstanden? Ich will nicht, daß noch irgend jemand mit einem Strafer verletzt wird.«

Zedd lächelte verhalten und verneigte sich. »Dabei helfe ich gern, mein Junge.« Zedd zögerte und strich sich mit einem seiner langen Finger übers Kinn. Leise fragte er: »Richard, meinst du wirklich, das funktioniert? Die Truppen zurückzurufen mit Hilfe der Westlandarmee?«

»Vielleicht auch nicht. Aber beim ersten Gesetz der Magie weiß man nie, außerdem gewinnen wir so Zeit, bis wir alle nach Hause gebracht haben und du die Grenze wieder errichten kannst. Dann sind wir endlich wieder sicher. Und fertig mit der Magie.«

Im Himmel donnerte es. Richard schaute nach oben und sah Scarlet am Himmel kreisen. Der dunkelrote Drache kreiste spiralförmig durch die schneidende Luft. Die Männer wichen zurück, schrien und liefen durcheinander, als sie sahen, daß er vor den Stufen landen würde. Flügelschlagend setzte Scarlet vor Richard, Zedd, Kahlan, Chase und den beiden Kindern auf.

»Richard! Richard!« rief Scarlet, von einem Bein auf das andere hüpfend, die Flügel ausgebreitet, zitternd vor Erregung. Ihr riesiger roter Kopf schwenkte zu ihm herüber. »Mein Junges ist geschlüpft! Ein wunderhübscher kleiner Kerl, genau wie du es gesagt hast. Ich möchte, daß du mitkommst und ihn dir ansiehst! Er ist so kräftig, ich wette, in einem Monat kann er fliegen!« Plötzlich schien Scarlet all die Menschen zu bemerken. Ihr Kopf schwenkte herum und musterte sie. Sie kniff die großen gelben Augen ungläubig zusammen, dann schwenkte sie den Kopf wieder herunter zu Richard. »Gibt es Ärger? Brauchen wir ein wenig Drachenfeuer?«

Richard mußte grinsen. »Nein. Es ist alles in Ordnung.«

»Also schön, dann steig auf, und ich nehme dich mit, damit du dir den Kleinen ansehen kannst.«

Richard legte den Arm um Kahlans Hüfte. »Gerne, wenn du Kahlan auch mitnimmst.«

Scarlet musterte Kahlan von Kopf bis Fuß. »Wenn sie zu dir gehört, ist sie willkommen.«

»Richard«, sagte Kahlan, »was wird aus Siddin? Weselan und Savidlin werden schon krank vor Sorge um ihn sein.« Sie sah ihm tief in die Augen, beugte sich vor und flüsterte: »Außerdem haben wir im Haus der Seelen noch etwas zu erledigen. Ich glaube, dort liegt immer noch ein Apfel, den wir noch nicht aufgegessen haben.« Ihr Arm legte sich fester um seine Hüfte, ihre Lippen verzogen sich zu einem verhalten schelmischen Lächeln. Das Lächeln raubte ihm den Atem.