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»Du bist die allerbeste Freundin, die ich je hatte. Und Giller ist mein Freund.«

»Ich liebe dich, Rachel.«

Besorgt dachte sie darüber nach, was mit ihrer Puppe geschehen würde, ganz allein hier in der Launenfichte. Sie würde einsam sein. Was, wenn die Prinzessin sie nie wieder rausschmiß, wenn sie dahinterkam, daß sie sich gerne rausschmeißen ließ und sie deshalb einfach aus Gemeinheit im Schloß behielt?

»Hast du eine Ahnung, was ich tun soll?« fragte sie die Puppe und betrachtete das Flackern des Feuers auf den dunklen Ästen unter dem Baum.

»Giller helfen«, meinte die Puppe.

Sie rollte herum, stützte sich auf einen Ellenbogen und sah die Puppe an. »Giller helfen?«

Die Puppe nickte. »Giller helfen.«

Die Strahlen der untergehenden Sonne fielen von vorn im spitzen Winkel auf die Laubschicht und brachten den Pfad inmitten der dunklen Masse des Waldes zum Glühen. Richard hörte, wie Kahlan mit den Stiefeln gegen Steine stieß, die unter der farbenfrohen Decke verborgen lagen. Ein leichter Modergeruch lag in der Luft. Wo der Wind das Laub zusammengetragen hatte, in den feuchten Mulden und in großen Haufen im Schutz der Felsen, begann es zu faulen.

Obwohl es kalt wurde, trugen weder Richard noch Kahlan ihren Umhang. Bei dem Tempo, das Old John vorlegte, war ihnen warm geworden. Immer wieder riß Richard seine Gedanken von Zedd los, denn er mußte fast rennen, um Schritt halten zu können. Als er feststellte, wie sehr er außer Atem geriet, verbannte er Zedd endgültig aus seinen Gedanken. Irgend etwas stimmte nicht.

Endlich räumte er diesem Unbehagen einen Platz in seinen Gedanken ein. Wie konnte ihn ein alter Mann derart abhängen und dabei frisch und entspannt wirken? Richard fuhr sich mit der Hand an die Stirn. War er vielleicht krank, hatte er Fieber? Er fühlte sich tatsächlich heiß an. Vielleicht war er nicht gesund, vielleicht stimmte etwas mit ihm nicht. Seit Tagen hatten sie sich mächtig angestrengt, wenn auch nicht so wie jetzt. Nein, er war in Ordnung. Er war nur außer Atem. Eine Weile lang beobachtete er Kahlan, die vor ihm ging. Auch sie hatte Mühe, Schritt zu halten. Sie wischte sich ein Spinnennetz aus dem Gesicht und hetzte dem alten Mann hinterher. Richards Unbehagen wich einer dunklen Vorahnung.

Aus den Augenwinkeln sah er drüben links im Wald etwas, das sich ebenso schnell bewegte wie sie. Vermutlich nur ein kleines Tier. Aber es schien lange Arme zu haben, die über den Boden schleiften. Dann war es verschwunden. Sein Mund war wie ausgetrocknet. Alles Einbildung, versuchte er sich einzureden.

Er richtete sein Augenmerk wieder auf Old John. An manchen Stellen war der Pfad breit, an anderen, wo die Äste tief herunterreichten, schmal. Manchmal streiften Kahlan und Richard sie, oder sie schoben sie einfach aus dem Weg. Nicht so der Alte. Er hielt sich strikt in der Mitte des Pfades, wich jedem Ästchen aus und raffte seinen Umhang fest um sich.

Richards Blick fiel auf ein Spinnennetz, das golden in der untergehenden Sonne glitzerte und vor Kahlan quer über den Weg gespannt war. Beim Hindurchgehen zerriß sie das Netz mit dem Oberschenkel.

Der Schweiß auf seinem Gesicht war augenblicklich erkaltet.

Wieso hatte Old John das Netz nicht zerrissen?

Er sah nach oben und erblickte einen Ast, dessen Spitze in den Weg hineinragte. Der Alte wich aus. Aber nicht ganz. Die Spitze ging durch seinen Arm hindurch wie durch Rauch.

Sein Atem beschleunigte sich, als er die Fußspuren untersuchte, die Kahlan an einer Stelle mit weicherem Boden hinterlassen hatte. Von Old John waren keine zu sehen.

Blitzschnell packte Richard Kahlan am Hemd und riß sie hinter sich. Sie schrie überrascht auf. Er stieß sie zurück und zog mit der Rechten das Schwert.

Old John blieb halb umgedreht stehen, als er das Klirren des Schwertes hörte.

»Was gibt’s, Junge? Hast du etwas gesehen?« Seine Stimme klang wie das Zischen einer Schlange.

»Allerdings.« Richard packte das Schwert mit beiden Händen, ging in Verteidigungsstellung. Seine Brust hob sich. Er spürte, wie sein Zorn seine Angst überflutete. »Wieso zerreißen die Spinnennetze nicht, wenn du hindurchgehst? Wieso hinterläßt du keine Fußspuren?«

Old John setzte ein träges, verschlagenes Lächeln auf und musterte ihn mit einem Auge. »Glaubst du vielleicht, der alte Freund eines Zauberers verfügt über keine besonderen Fähigkeiten?«

»Schon möglich«, sagte Richard. Sein Blick wanderte hin und her. »Aber sag doch mal, Old John, wie heißt dein alter Freund eigentlich?«

»Wieso? Zedd natürlich.« Er zog die Brauen hoch. »Wie sollte ich das wissen, wenn er nicht ein alter Freund von mir wäre?« Er hatte seinen Umhang fest um sich gerafft. Sein Kopf versank zwischen seinen Schultern.

»Ich habe dir dummerweise verraten, daß er Zedd heißt. Aber jetzt verrate du mir doch seinen Familiennamen.«

Old John musterte ihn mit finsterer Miene. Seine Augen bewegten sich langsam, abschätzend. Die Augen eines Tieres.

Mit einem plötzlichen Röhren, das Richard zusammenzucken ließ, wirbelte der Alte herum und riß seinen Umhang auf. Gleichzeitig wuchs er zur doppelten Größe.

Ein unvorstellbarer Alptraum erwachte zum Leben.

Pelz, Krallen und Fänge, wo einen Augenblick zuvor noch ein alter Mann gestanden hatte.

Ein knurrendes, um sich schnappendes Monster.

Richard stockte der Atem, als er in das klaffende Maul blickte. Plötzlich fing es an zu röhren und machte einen gewaltigen Schritt nach vorn. Richard wich drei Schritte zurück. Er packte das Schwert so fest, daß es schmerzte. Der Wald hallte wider von dem ohrenbetäubenden, tiefen, wilden, boshaften Schrei des Monsters. Das Maul klaffte bei jedem Schrei. Es beugte sich mit seinen rotglühenden, tiefsitzenden Augen über ihn und schnappte mit seinen gewaltigen Hauern zu. In höchster Bedrängnis ging Richard hinter dem Schwert in Deckung. Ein kurzer Blick, doch Kahlan war hinter ihm nirgends zu sehen.

Völlig unvermittelt griff die Bestie an. Richard hatte nicht den Hauch einer Chance, mit dem Schwert auszuholen. Er stolperte über eine Wurzel, stürzte und landete, alle viere von sich gestreckt, rücklings auf dem Boden. Er kam nicht zum Luftholen. Instinktiv hob er das Schwert, um das Monster aufzuspießen. Er erwartete, daß es sich auf ihn stürzen würde.

Spitze, von Sabber triefende Fänge versuchten über das Schwert hinweg wie wild nach seinem Gesicht zu schnappen. Er stieß das Schwert nach oben, das Ungetüm wich aus und funkelte das Schwert wütend aus roten Augen an. Es wich zurück, blickte rechts in den Wald, legte die Ohren an und verscheuchte fauchend irgendein Tier. Dann packte es einen Stein, doppelt so groß wie Richards Kopf, reckte seine plumpe Schnauze in den Himmel und zermalmte den Felsbrocken in seinen Krallen. Muskelstränge spannten sich. Der Felsbrocken zersplitterte mit einem lauten Knall, der durch den ganzen Wald hallte. Das Monster sah sich um, machte kehrt und verschwand rasch zwischen den Bäumen.

Richard lag keuchend auf dem Rücken und starrte mit aufgerissenen Augen in den Wald. Das Monster konnte jeden Augenblick zurückkommen. Er rief Kahlan. Keine Antwort.

Noch bevor er sich wieder ganz aufgerappelt hatte, sprang ihn ein aschfahles Ungetüm mit langen Armen an. Zum zweiten Mal lag er auf dem Rücken. Das Ungetüm kreischte vor Wut. Mächtige, knorrige Pranken versuchten, Richard das Schwert zu entwinden. Einer der Arme traf ihn am Kinn und hätte ihn fast bewußtlos geschlagen. Blutleere Lippen verzogen sich und enthüllten spitze Hauer. Das Untier heulte auf und starrte ihn aus hervortretenden gelben Augen an. Verzweifelt wollte es ihm ins Gesicht treten. Richard klammerte sich mit aller Macht an das Schwert und versuchte, es dem schmerzhaften Griff der langen Finger zu entreißen.

»Mein Schwert«, knurrte es, »gib mir mein Schwert.«

Die beiden rollten ineinander verschlungen über den Boden, wirbelten Blätter und Äste auf. Eine der kräftigen Pranken packte Richard am Haar, wollte seinen Kopf auf den Boden schmettern, auf einen Stein. Ächzend riß das Ungetüm eine von Richards schwitzenden Händen vom Schwert und packte mit der anderen zu. Mit sehnigen Fingern wollte es auch Richards Linke vom Heft lösen und bohrte ihm seine scharfen Krallen ins Fleisch.