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»Das kann sie nicht. Komm mit mir, Perrin. Wir können schon zwanzig Meilen jenseits des Flusses sein, bevor sie uns vermißt.« »Ich kann nicht«, sagte er unglücklich. Er versuchte, sie mit einem Kuß abzulenken. Aber sie sprang auf und trat so schnell zurück, daß er beinahe aufs Gesicht gefallen wäre. Es hatte keinen Zweck, ihr zu folgen. Sie hatte die Arme abwehrend unter der Brust verschränkt.

»Sag mir nicht, daß du vor ihr Angst hast. Ich weiß, daß sie eine Aes Sedai ist und daß sie euch alle wie die Puppen tanzen läßt. Vielleicht hat sie den... Rand... so am Wickel, daß er sich nicht von ihr lösen kann, und das Licht weiß, daß Egwene und Elayne und sogar Nynaeve gar nicht von ihr weg wollen, aber du kannst ihr Netz zerreißen, wenn du es versuchst.« »Das hat nichts mit Moiraine zu tun. Ich muß es einfach so machen. Ich... « Sie unterbrach ihn: »Wage es ja nicht, mir irgend etwas wie diesen haarsträubenden Unsinn aufzutischen, daß ein Mann einfach seine Pflicht tun müsse. Ich kenne Pflichtgefühl genau wie du, aber du hast hier keine Pflichten. Du bist vielleicht ta'veren, auch wenn ich nichts davon merke, aber er ist der Wiedergeborene Drache, und nicht du.« »Hörst du mir jetzt endlich zu!« brüllte er mit finsterem Gesicht, und sie fuhr zusammen. Er hatte sie noch nie angeschrien, jedenfalls nicht so. Sie hob das Kinn und straffte die Schultern, sagte aber nichts. Er fuhr fort: »Ich glaube, ich bin irgendwie ein Teil von Rands Schicksal. Mat genauso. Ich glaube, er kann nicht vollbringen, was er muß, wenn wir nicht genauso unseren Teil dazu beitragen. Das ist die Pflicht, von der ich geredet habe. Wie kann ich fortgehen, wenn das dazu führen könnte, daß Rand versagt?« »Könnte!« Etwas Forderndes lag in ihrem Tonfall, aber nur eine Andeutung. Er fragte sich, ob er es nicht fertigbringen könne, sie öfter mal anzuschreien. »Hat dir Moiraine das eingeredet, Perrin? Du solltest mittlerweile wissen, daß du bei einer Aes Sedai besonders genau hinhören mußt.« »Darauf bin ich von allein gekommen. Ich glaube, Ta'veren ziehen sich gegenseitig an. Oder vielleicht zieht Rand uns beide an, Mat und mich. Er ist angeblich der stärkste Ta'veren seit Artur Falkenflügel, vielleicht sogar seit der Zerstörung. Mat gibt nicht einmal zu, daß er ein Ta'veren ist, aber so sehr er auch auszubrechen versucht: am Ende wird er doch zu Rand zurück gezogen. Loial sagt, er habe noch nie von drei Ta'veren auf einmal gehört, und dann noch alle gleich alt und aus demselben Ort.« Faile rümpfte die Nase. »Loial weiß auch nicht alles. Er ist nicht gerade sehr alt für einen Ogier.« »Er ist über neunzig«, sagte Perrin entschuldigend, und sie lächelte ihn verkniffen an. Für einen Ogier bedeuteten neunzig Jahre nicht mehr als Perrins Alter für einen Menschen. Vielleicht betrachtete man ihn sogar als noch jünger. Er wußte nicht viel über die Ogier. Jedenfalls hatte Loial mehr Bücher gelesen, als Perrin je sich hätte vorstellen können. Manchmal glaubte er, Loial müsse wohl jedes Buch gelesen haben, daß jemals geschrieben worden war. »Und er weiß mehr als du oder ich. Er glaubt, daß ich wahrscheinlich recht habe. Moiraine ist der gleichen Meinung. Nein, ich habe sie nicht gefragt, aber warum paßt sie sonst so gut auf mich auf? Hast du geglaubt, sie wollte, daß ich ihr ein Küchenmesser schmiede?« Sie schwieg einen Augenblick lang, und als sie dann sprach, klang es verständnisvolclass="underline" »Armer Perrin. Ich habe Saldaea verlassen und bin auf Abenteuer ausgezogen, und jetzt, wo ich mich mitten in einem befinde, dem größten seit der Zerstörung der Welt, will ich plötzlich woandershin. Du willst einfach nur ein Schmied sein, und du wirst in die Legenden eingehen, ob du willst oder nicht.« Er sah zur Seite, aber ihr Duft ließ seinen Kopf noch immer schwirren. Er hielt es nicht für wahrscheinlich, daß man sich jemals Geschichten über ihn erzählen würde, jedenfalls nicht, solange sein Geheimnis nicht weit über die wenigen hinausdrang, die im Augenblick Bescheid wußten. Faile glaubte, alles über ihn zu wissen, und doch hatte sie keineswegs recht.

Ihm gegenüber an den Wand standen eine Axt und ein Hammer, beide einfach und schmucklos mit unterarmlangen Schäften. Die Axt hatte eine tückische Halbmondschneide und auf der anderen Seite einen dicken Dorn. Sie war für das Töten geschaffen. Mit dem Hammer konnte er Dinge herstellen, hatte er schon Dinge hergestellt damals in der Schmiede. Der Kopf des Hammers wog mehr als doppelt soviel wie die Axtklinge, aber trotzdem schien ihm die Axt viel schwerer, wenn er sie anhob. Mit der Axt hatte er... Er verzog schmerzhaft das Gesicht und wollte lieber nicht daran denken, was er mit ihr gemacht hatte. Sie hatte recht. Alles, was er wollte, war, als Schmied zu arbeiten, heimzukehren, seine Familie wiederzusehen und in der Schmiede zu schaffen. Doch dazu würde es niemals kommen, soviel wußte er.

Er stand auf, um den Hammer in die Hand zu nehmen, und dann setzte er sich wieder. Es lag etwas Beruhigendes darin, ihn zu halten. »Meister Luhhan sagt immer, man kann sich dem nicht entziehen, was getan werden muß.« Er fuhr schnell fort, weil er spürte, daß dies schon wieder nach dem klang, was sie haarsträubenden Unsinn genannt hatte:

»Er ist der Schmied zu Hause, und ich war sein Lehrling. Ich habe dir ja von ihm erzählt.« Zu seiner Überraschung nutzte sie die Gelegenheit nicht, ihn noch einmal wegen seiner angeblichen Pflichten aufzuziehen. Statt dessen sagte sie nichts, sah ihn nur an und wartete auf etwas. Einen Moment später dämmerte es ihm.

»Willst du also wirklich gehen?« fragte er.

Sie stand auf und strich sich den Hosenrock glatt. Sie schwieg noch immer und überlegte sich wohl ihre Antwort. »Ich weiß nicht«, sagte sie schließlich. »Das ist ein schöner Schlamassel, in den du mich gebracht hast.« »Ich? Was habe ich denn getan?« »Also wenn du das nicht weißt, werde ich es dir auch nicht sagen.« Er kratzte sich erneut am Bart und betrachtete den Hammer in seiner anderen Hand. Mat wüßte vielleicht genau, was sie eigentlich meinte. Oder auch der alte Thom Merrilin. Der weißhaarige Gaukler behauptete zwar, daß niemand die Frauen verstünde, aber wenn er aus dem winzigen Zimmer im Bauch des Steins hervorkam, saßen bald ein halbes Dutzend Mädchen um ihn herum, jung genug, um seine Enkelinnen zu sein, seufzten und lauschten, wie er auf seiner Harfe spielte und von großartigen Abenteuern und Liebesgeschichten erzählte. Faile war die einzige Frau, die Perrin haben wollte, aber manchmal fühlte er sich wie ein Fisch, der einen Vogel verstehen möchte.

Er wußte, sie wollte, daß er sie zu bleiben bat. Soviel wenigstens war ihm klar. Vielleicht würde sie es ihm sagen, vielleicht auch nicht, aber sie erwartete auf jeden Fall von ihm, daß er sie darum bat. Also schwieg er stur wie ein Hammel. Diesmal wollte er, daß sie sich zuerst äußerte.

Draußen in der Dunkelheit krähte ein Hahn.

Faile schauderte und schloß die Arme um ihren Oberkörper. »Meine Amme hat immer gesagt, das hieße, ein Tod stünde kurz bevor. Nicht, daß ich das glaube, klar?« Er öffnete den Mund, um ihr zuzustimmen, daß so etwas idiotisch sei, obgleich ihm selbst ein kalter Schauder den Rücken hinunterlief, doch da riß ihm ein Knirschen und ein dumpfer Aufschlag den Kopf herum. Die Axt war zu Boden gefallen. Er hatte gerade noch Zeit, die Stirn zu runzeln und sich zu fragen, wie sie herunterfallen könne, da bewegte sie sich erneut, ohne daß eine Hand sie berührt hätte, und flog plötzlich direkt auf ihn zu.

Ohne zu überlegen schwang er den Hammer. Metall kreischte auf Metall. Faile schrie auf. Die Axt flog durch das Zimmer, prallte von der gegenüberliegenden Wand zurück und schoß — Schneide nach vorn — erneut auf ihn zu. Er hatte das Gefühl, daß ihm jedes Haar an seinem Körper zu Berge stand. Als die Axt an ihr vorbeizischte, sprang Faile vor und packte den Schaft mit beiden Händen. Die Axt drehte sich in ihrem Griff herum und hieb nach ihrem Gesicht mit den weit aufgerissenen Augen. Gerade noch rechtzeitig sprang Perrin auf, ließ den Hammer fallen, um die Axt zu ergreifen, und schaffte es gerade noch, die halbmondförmige Klinge festzuhalten. Er glaubte, sterben zu müssen, wenn diese Axt — seine Axt — ihr etwas zuleide täte. Er riß sie so heftig von ihr weg, daß der dicke Dorn ihn beinahe an der Brust verletzte. Er hätte das gern in Kauf genommen, um sie vor einer Verletzung zu bewahren, aber mit flauem Gefühl im Magen mußte er sich eingestehen, daß vielleicht alles nichts mehr helfen würde.