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«Jetzt los!«gebot er.»Aber schießt nur auf die Kerls und nicht auf die Pferde!«

Seine Leute traten hinter den Büschen hervor, sie befanden sich im Rücken der Feinde, von denen sie nicht gesehen wurden. Als ihre Schüsse krachten und ihre Kugeln in den Haufen der Tramps flogen, drehten sich die letzteren um, gerade als die zweite Salve auf sie abgegeben wurde. Sie schrieen vor Schreck auf.

«Fort!«brüllte unter ihnen eine Stimme.»Wir sind umzingelt. Brecht durch die Linie der Roten!«

Diesem Befehle wurde augenblicklich Folge geleistet. Die Tramps jagten, ihre Toten und Schwerverwundeten im Stiche lassend, auf die Indianer ein, welche ihnen nur zu gern den Ausweg eröffneten und hinter ihnen ein triumphierendes Geheul erhoben.

«Da reißen sie aus!«lachte der alte Blenter.»Die kommen nicht wieder. Wißt ihr, wer es war, der zur Flucht aufforderte?«

«Natürlich!«antwortete der schwarze Tom.»Die Stimme kennt man genau. Der rote Cornel war's; den scheint der Satan vor unsern Kugeln in Schutz zu nehmen. Wollen wir nicht den Halunken nach, Sir?«

Er hatte diese Frage an Old Firehand gerichtet, und dieser antwortete:»Nein. Wir sind zu schwach, um es im Handgemenge mit ihnen aufzunehmen. Übrigens erraten sie vielleicht, daß wir uns nicht ursprünglich hier befunden haben, sondern den Roten von der Farm her zu Hilfe gekommen sind. In diesem Falle ist es sehr wahrscheinlich, daß sie dorthin reiten, um während unsrer Abwesenheit einzudringen. Wir müssen also schleunigst zurück.«

«Und was geschieht mit den verwundeten Tramps und den ledig herumlaufenden Pferden?«

«Wir müssen sie den Indianern überlassen. Doch, keine Zeit verloren, schnell jetzt zu den Pferden!«

Die Männer schwenkten ihre Hüte und riefen den Roten ein donnerndes Hurra zu, welches von diesen durch ein schrilles Siegesgeschrei beantwortet wurde; dann ging es zu den Pferden, und als man diese bestiegen hatte, nach der Farm zurück. Kein Tramp war in der Nähe derselben zu sehen, natürlich die Verwundeten ausgenommen, welche bei der Baumgruppe liegen gelassen worden waren. Old Firehand begab sich sofort auf das platte Dach des Gebäudes, um Umschau zu halten.

Da oben saß Ms. Butler, welche in großer Besorgnis gewesen war, und nun zu ihrer Freude vernahm, daß der Angriff glanzvoll zurückgewiesen worden sei.»So sind wir wohl gerettet?«fragte sie tief aufatmend.»Da die Tramps so schwere Verluste erlitten haben, darf man doch annehmen, daß ihnen der Mut zur Fortsetzung der Feindseligkeit vergangen ist.«

«Vielleicht, «antwortete der Jäger nachdenklich.

«Nur vielleicht?«

«Leider! An die Herden werden sie sich zwar nicht wieder wagen, weil sie annehmen müssen, daß dieselben nicht nur von Indianern, sondern auch durch eine hinreichende Anzahl von Weißen bewacht werden. Anders aber steht es hier mit dem Hause. Die Kerls werden freilich eingesehen haben, daß am Tage nichts gegen dasselbe zu unternehmen ist, doch können sie das Eindringen im Dunkel der Nacht für möglich halten. Jedenfalls müssen wir auf einen nächtlichen Angriff vorbereitet sein.«

«Aber am Tage werden sie sich sicher nicht mehr sehen lassen?«

«O doch! Da draußen bei den Bäumen liegen ihre Verwundeten, deren sie sich annehmen müssen. Ich bin überzeugt, daß wir sie bald dort sehen werden. Sie sind in westlicher Richtung geflohen, und von dorther werden sie kommen.«

Er blickte in der angegebenen Richtung durch das Fernrohr und fuhr schon nach kurzer Zeit fort:»Ganz richtig, dort sind sie! Sie haben einen Bogen geschlagen und kehren nun zu den Blessierten zurück. Es ist anzunehmen, daß — «

Er hielt inne. Noch immer durch das Rohr sehend, hatte er demselben eine nördliche Richtung gegeben.

«Was ist's?«fragte die Dame.»Warum sprecht Ihr nicht weiter, Sir? Warum zeigt Ihr plötzlich ein so bedenkliches Gesicht?«

Er sah noch eine Weile durch das Rohr, setzte dasselbe dann ab und antwortete:»Weil jetzt wahrscheinlich etwas geschieht, was unsre Lage nicht zu verbessern geeignet ist.«

«Was meint Ihr? Was soll geschehen?«fragte sie in ängstlichem Tone.

Er überlegte, ob er ihr die Wahrheit sagen solle. Glücklicherweise wurde seiner Verlegenheit dadurch ein Ende gemacht, daß der Lord auf dem Dache erschien, um sich, zu erkundigen, ob die Tramps zu sehen seien. Dies benutzte Old Firehand, der Dame zu antworten:»Es ist nichts, was uns besonders Angst zu machen braucht, Mylady. Ihr könnt ohne Sorgen hinabgehen, um den Leuten, welche durstig sind, einen Trunk verabreichen zu lassen.«

Sie folgte beruhigt dieser Aufforderung, doch als sie verschwunden war, sagte der Jäger zu dem Lord, welcher sein Riesenteleskop mitgebracht hatte.»Ich hatte einen guten Grund, die Dame jetzt zu entfernen. Nehmt Euer Rohr zur Hand, Mylord, und schaut gerade westlich. Wer ist da zu sehen?«

Der Engländer folgte dieser Aufforderung und antwortete dann:»Die Tramps. Ich sehe sie deutlich. Sie kommen.«

«Kommen sie wirklich?«

«Natürlich. Was sollen sie sonst thun?«

«So scheint mein Rohr besser zu sein als das Eurige, obgleich es viel kleiner ist. Seht Ihr denn die Tramps in Bewegung?«

«Nein, sie halten.«

«Mit den Gesichtern wohin gewendet?«

«Nach Nord.«

«So folgt einmal mit dem Rohre dieser Richtung! Vielleicht seht Ihr dann, weshalb die Kerls angehalten haben.«

«Well, Sir, werde schauen!«Und nach einigen Augenblicken fuhr er fort:»Dort kommen drei Reiter, ohne die Tramps zu bemerken.«

«Reiter? Wirklich?«

«Yes! Doch nein; es scheint eine Lady dabei zu sein. Richtig, es ist eine Dame. Ich sehe das lange Reitkleid und den wehenden Schleier.«

«Und wißt Ihr, wer diese drei sind?«

«Nein. Wie könnte ich wissen — heighho, es werden doch nicht etwa —?«

«Allerdings, «nickte Old Firehand ernst.»Sie sind es; der Farmer und sein Bruder nebst dessen Tochter. Der Bote, den wir ihnen entgegenschickten, um sie zu warnen, hat sie nicht getroffen.«

Der Lord schob sein Rohr zusammen und rief:»So müssen wir schnell zu Pferde und hinaus, sonst fallen sie den Tramps in die Hände!«

Er wollte fort. Der Jäger hielt ihn beim Arme fest und sagte:»Bleibt, Sir, und macht keinen Lärm! Die Lady braucht jetzt nichts zu erfahren. Wir können weder warnen noch helfen, denn es ist bereits zu spät. Seht, seht!«

Der Lord setzte sein Rohr wieder an und sah, daß die Tramps sich in Bewegung setzten und den dreien im Galopp entgegenritten.

«All devils!«rief er aus.»Sie werden sie umbringen!«

«Fällt ihnen gar nicht ein! Diese Kerls kennen ihren Vorteil und werden ihn gehörig auszunutzen suchen. Welchen Gewinn könnten sie von dem Tode dieser drei Personen haben? Gar keinen. Sie würden dadurch ganz im Gegenteile nur erreichen, daß unser Verhalten sich verschärfte. Lassen sie dieselben aber leben, um sie als Geiseln zu benutzen, so können sie uns Zugeständnisse erpressen, zu denen wir uns sonst nicht verstehen würden. Paßt auf. Jetzt ist's geschehen. Die drei sind umringt. Wir konnten das nicht ändern. Erstens war die Zeit zu kurz, und zweitens sind wir im freien Felde gegen die Tramps selbst jetzt noch viel zu schwach.«

«Well, das ist richtig, Sir, «meinte der Lord.»Aber wehe den Halunken, wenn sie die Gefangenen nicht anständig behandeln! Und — wollen wir uns wirklich irgend welche Zugeständnisse erpressen lassen? Eigentlich müßte man sich schämen, mit solchen Menschen nur in Verhandlung zu treten!«

Old Firehand zuckte auf sehr eigentümliche Weise die Achsel, und ein selbstbewußtes, fast verächtliches Lächeln spielte um seine Lippen, als er antwortete:»Laßt mich nur machen, Sir! Ich habe noch nie etwas gethan, dessen ich mich schämen müßte. Und von Tramps, selbst wenn es tausend wären, läßt Old Firehand sich keine Befehle erteilen. Wenn ich Euch sage, daß die drei Personen, welche jetzt da draußen gefangen genommen worden sind, in keinerlei Gefahr schweben, so könnt Ihr meinen Worten glauben. Dennoch aber ersuche ich Euch, Ms. Butler nicht wissen zu lassen, was geschehen ist. Ich selbst hätte es im Augenblicke der Überraschung fast verraten, und doch kann es nichts nützen, sondern nur schaden, wenn sie es erfährt.«