«Mich finden?«fragte der Yankee.
«Ja. Als Ihr fort waret, sagte ich ihm aufrichtig, was es für eine Bewandtnis mit Euern schönen Titeln hat, und er brach schleunigst auf, um Euch zu folgen und sich sein Geld wiederzuholen.«
«Unsinn, Sir!«
«Es ist nicht Unsinn, sondern die Wahrheit. Er ist nach der Farm, welche Ihr angeblich mit Eurer Gegenwart beglücken wolltet. Wir aber waren klüger als er. Wir verstehen es Fährten zu lesen und sind der Eurigen gefolgt, um Euch einen Vorschlag zu machen.«
«Wüßte nicht, welchen. Ich kenne Euch nicht, und habe nichts mit Euch zu schaffen.«
«Desto mehr aber wir mit Euch. Wir kennen Euch. Indem wir dulden, daß Ihr diese ehrlichen Farmersleute betrügt, sind wir Eure Mitschuldigen geworden, wofür es nur recht und billig ist, daß Ihr uns einen Teil des Honorares auszahlt. Ihr seid zwei, und wir sind drei Personen; also haben wir drei Fünftel des Betrags zu fordern. Ihr seht, daß wir gerecht und billig handeln. Solltet Ihr nicht einverstanden sein, so — nun, seht Euch meine Kameraden an!«
Er deutete nach den beiden andern, welche jetzt ihre Gewehre auf Hartley richteten. Dieser hielt nun alle Disputation für vergeblich. Er war völlig überzeugt, es mit richtigen Wegelagerern zu thun zu haben, und freute sich innerlich, so billig davonzukommen. Darum zog er drei Dollar aus der Tasche, hielt sie dem Cornel hin und sagte:»Ihr scheint Euch in meiner Person zu irren und Euch in Verhältnissen zu befinden, welche diesen Teil meines wohlverdienten Honorares für Euch nötig machen. Ich will Eure Forderung als Scherz gelten lassen und auf denselben eingehen. Hier sind die drei Dollar, welche nach Eurer eignen Rechnung auf Euch entfallen.«
«Drei Dollar? Seid Ihr des Teufels!«lachte der Cornel.»Meint Ihr, daß wir Euch einer solchen Lumperei wegen nachreiten? Nein, nein! Es war nicht bloß das heutige Geld gemeint. Wir verlangen unsern Anteil von dem, was Ihr bisher überhaupt verdient habt. Ich nehme an, daß Ihr ein erkleckliches Sümmchen bei Euch tragt.«
«Sir, das ist keineswegs der Fall, «rief Hartley erschrocken.
«Werden sehen! Wenn Ihr leugnet, muß ich Euch untersuchen. Ich denke, daß Ihr Euch das ruhig gefallen lassen werdet, denn meine Kameraden spaßen mit Ihren Büchsen nicht. Das Leben eines armseligen Harmonikaspielers ist für uns keinen Pfifferling wert.«
Er stieg vom Pferde und trat zu dem Yankee. Dieser erging sich in allen möglichen Vorstellungen, um das drohende Unheil von sich abzuwenden, doch vergebens. Die Gewehrmündungen starrten ihm so drohend entgegen, daß er sich in sein Schicksal ergab. Dabei hoffte er im stillen, daß der Cornel nichts finden werde, da er seine Barschaft sehr gut versteckt glaubte. Der jetzt schwarz gefärbte Rote untersuchte alle Taschen, fand aber nur wenige Dollar. Dann betastete er jeden Zoll breit des Anzuges, um zu fühlen, ob vielleicht etwas eingenäht sei. Das war ohne Erfolg. Nun glaubte Hartley, der Gefahr entgangen zu sein, aber der Cornel war schlau. Er ließ den Kasten öffnen und betrachtete denselben genau.
«Hm!«meinte er.»Diese sammetne Apotheke ist so tief, daß die Fächer nicht bis auf den Boden reichen. Wollen doch einmal versuchen, ob sie sich nicht herausnehmen lassen.«
Hartley erbleichte, denn der Gauner befand sich auf der richtigen Spur. Der letztere faßte mit beiden Händen an den Zwischenwänden der Fächer und zog — richtig, die Apotheke ließ sich aus dem Kasten heben, und unter ihr lagen mehrere Papiercouverte neben- und übereinander. Als er sie öffnete, sah er sie mit Banknoten verschiedenen Wertes gefüllt.
«Ah, hier ist der verborgene Schatz zu heben, «lachte er vergnügt.»Habe es mir gedacht. Ein Physician und Farrier verdient ein Heidengeld, es mußte also welches vorhanden sein.«
Er griff zu, um die Couverte einzustecken. Das versetzte den Yankee in die größte Wut. Er warf sich auf ihn, um ihm das Geld zu entreißen. Da krachte ein Schuß. Die Kugel hätte ihn gewiß durchbohrt, wenn er sich nicht gerade in schneller Bewegung befunden hätte, so traf sie nur den Oberarm, dessen Knochen sie zerschmetterte. Einen Schrei ausstoßend, sank der Verwundete in das Gras.
«Recht so, Halunke!«rief der Cornel.»Stehe wieder auf, oder sage nur ein falsches Wort, so trifft dich die zweite Kugel besser als die erste. Nun wollen wir auch den Master Famulus untersuchen.«
Er schob die Couverte in seine Tasche und trat zu Haller.
«Ich bin nicht sein Famulus; ich habe ihn erst kurz vor der Farm getroffen, «erklärte dieser ängstlich.
«So? Wer oder was seid Ihr denn?«
Haller beantwortete diese Frage der Wahrheit gemäß. Er gab dem Cornel sogar den Empfehlungsbrief zu lesen, um die Wahrheit seiner Aussage zu beweisen. Dieser nahm Kenntnis von dem Inhalte des Schreibens, gab ihm dasselbe zurück und sagte verächtlich:»Ich glaube Euch. Wer Euch ansieht, der muß gleich beim ersten Blicke bemerken, daß Ihr ein gutehrlicher Kerl seid, der aber das Pulver nicht erfunden hat. Lauft immerhin nach Sheridan; ich habe nichts mit Euch zu schaffen. «Und sich wieder an den Yankee wendend fuhr er fort:»Ich sprach von unsrem Anteile; da du uns aber belogen hast, so kannst du dich nicht darüber beklagen, daß wir dir das Ganze abnehmen. Gib dir Mühe, auch weiterhin gute Geschäfte zu machen. Wenn wir dich dann wieder treffen, werden wir genauer teilen.«
Hartley hatte erkannt, daß Widerstand vergeblich sei. Er gab gute Worte, um wenigstens einen Teil seines Geldes zurückzuerhalten, hatte jedoch nur den Erfolg, daß er ausgelacht wurde. Der Cornel stieg wieder zu Pferde und ritt mit seinen Gefährten und dem Raube davon, nach Norden zu, dadurch beweisend, daß er kein Trapper sei und es gar nicht in seiner Absicht gelegen habe, sich westwärts in die Berge zu wenden.
Unterwegs besprachen und belachten die Strolche das gehabte Abenteuer und kamen überein, das Geld zu teilen, ohne ihren Genossen davon zu erzählen.
Als sie nach längerer Zeit einen passenden Ort fanden, von welchem aus die ganze Gegend zu übersehen war und sie also weder gestört noch beobachtet werden konnten, stiegen sie ab, um den Raub zu zählen. Als dann jeder seinen Anteil zu sich gesteckt hatte, meinte einer der beiden Tramps zu dem Corneclass="underline" »Du hättest den andern auch durchsuchen sollen. Es sollte mich wundern, wenn er ohne Geld gewesen wäre.«
«Pshaw! Was kann man bei einem armen Schreiber finden! Einige Dollars höchstens und das lohnt die Mühe nicht.«
«Es fragt sich, ob er die Wahrheit gesagt hat und wirklich ein Schreiber war. Was stand in dem Briefe, den er dir zeigte?«
«Es war ein Empfehlungsschreiben an den Ingenieur Charoy in Sheridan.«
«Was? Wirklich?«fuhr der Mann auf.»Und das hast du ihm wiedergegeben!«
«Ja. Was hätte dieser Wisch uns nutzen können?«
«Viel, sehr viel! Und das fragst du noch? Es liegt doch klar auf der Hand, daß dieser Brief der Ausführung unsres Planes ungeheuer förderlich hätte sein müssen. Es ist geradezu wunderbar, daß du das nicht einsiehst und nicht darauf gekommen bist. Wir haben unsre Leute zurückgelassen, um uns zunächst die Gelegenheit heimlich zu betrachten. Wir müssen die Örtlichkeit kennen lernen und auch die Kassenverhältnisse, das ist um so schwieriger, als wir uns dabei nicht sehen lassen wollen. Hätten wir aber diesem Manne den Brief abgenommen, so konnte einer von uns nach Sheridan gehen und sich für diesen Schreiber ausgeben; er wäre gewiß im Bureau beschäftigt worden, hätte Einblick in die Bücher erhalten und wäre wohl schon am ersten oder zweiten Tage im stande gewesen, uns alle notwendige Auskunft zu erteilen.«
«Teufel!«rief der Cornel.»Das ist wahr. Wie ist's nur möglich, daß ich nicht auf diesen Gedanken gekommen bin! Gerade du bist mit der Feder bewandert und hättest diese Rolle übernehmen können.«
«Und ich hätte sie wohl auch richtig ausgeführt. Es wären damit alle Schwierigkeiten beseitigt gewesen. Sollte es nicht noch Zeit sein, das Versäumte nachzuholen?«
«Gewiß! Natürlich ist's noch Zeit! Wir wissen ja, wohin die beiden wollen; der Weg ist ihnen von dem Farmer angedeutet worden und führt hier vorüber. Wir brauchen also nur zu warten, bis sie kommen.«