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Er war kein Jäger oder Fallensteller, aber er wußte, daß er keine Fährte zurücklassen dürfe, und hatte auch zuweilen gehört, wie man es machen müsse, um eine Spur zu verwischen. Indem er in die Büsche eindrang, suchte er sich solche Stellen aus, welche keine Fußeindrücke aufnahmen. War ja ein solcher zu bemerken, so glich er ihn hinter sich mit der Hand wieder aus. Dabei war ihm freilich seine Verwundung hinderlich und ebenso der Kasten, den er wieder an sich genommen hatte. Er kam also nur sehr langsam weiter, traf aber zu seinem Glücke bald auf eine Stelle, auf welcher die Büsche so dicht standen, daß sie für das Auge undurchdringlich waren. Er arbeitete sich hinein, legte den Kasten ab und setzte sich darauf. Kaum war das geschehen, so hörte er die Stimmen der drei Reiter und den Schritt ihrer Pferde. Sie ritten vorüber, ohne zu bemerken, daß die Spur von jetzt an eine nur einfache war.

Der Yankee schob die Zweige nach der betreffenden Richtung auseinander; er konnte hinaus auf die Prairie blicken. Da draußen ging Haller. Die Tramps sahen ihn, und ließen ihre Pferde in Galopp fallen. Jetzt hörte er sie, drehte sich um und blieb erschrocken stehen. Bald hatten sie ihn erreicht; sie sprachen mit ihm; er deutete ostwärts; jedenfalls sagte er ihnen, daß der Yankee in dieser Richtung nach der Farm zurückgekehrt sei. Dann krachte ein Pistolenschuß und Haller stürzte nieder.

«Es ist geschehen, «murmelte Hartley.»Wartet nur, ihr Halunken! Vielleicht begegne ich euch einmal, und dann sollt ihr diesen Schuß bezahlen! Bin neugierig, was sie nun thun werden.«

Er sah, daß sie abstiegen, und sich mit dem Erschossenen beschäftigten. Dann standen sie beratend bei einander, bis sie wieder zu Pferde stiegen, wobei der Cornel den Ermordeten zu sich quer über den Sattel nahm. Zum Erstaunen des Yankee kam dieser zurück, während seine beiden Gefährten nicht mit ihm umkehrten, sondern weiter ritten. Als der Cornel das Buschwerk erreichte, drängte er sein Pferd ein Stück in dasselbe hinein und ließ dann die Leiche herabfallen; sie lag nun so, daß man sie von außerhalb des Gebüsches nicht sehen konnte, gar nicht weit von Hartley entfernt. Hierauf zog der Reiter sein Pferd zurück und ritt fort, wohin, das konnte Hartley nicht sehen; er hörte den Hufschlag noch kurze Zeit, dann wurde es still.

Den Yankee überkam ein Grauen. Fast bereute er es jetzt, den Schreiber nicht gewarnt zu haben. Er war Zeuge der entsetzlichen That gewesen, nun lag die Leiche fast in seiner unmittelbaren Nähe; er hätte sich gern davon machen mögen, wagte es aber nicht, da er annehmen mußte, daß der Cornel nach ihm suchen werde. Es verging eine Viertelstunde und noch eine, da beschloß er, die grausige Stelle zu verlassen. Vorher sah er noch einmal hinaus auf die Prairie; da erblickte er etwas, was ihn veranlaßte, noch in seinem Verstecke zu bleiben.

Ein Reiter, welcher ein lediges Pferd neben her führte, kam von rechts her über die Prairie geritten. Er stieß auf die Spur der beiden Tramps und hielt an, um abzusteigen. Nachdem er sich sorgfältig nach allen Richtungen umgeschaut hatte, bückte er sich nieder, um die Spur zu untersuchen. Dann schritt er, während die Pferde ihm freiwillig folgten, auf derselben zurück bis an die Stelle, an welcher der Mord geschehen war. Hier blieb er wieder halten, um sie zu betrachten. Erst nach längerer Zeit richtete er sich wieder auf und kam näher. Die Augen auf den Boden geheftet, folgte er der Spur des Cornels. Etwa fünfzig Schritte vom Gebüsch entfernt, blieb er stehen, stieß einen eigentümlichen Kehllaut aus und deutete mit dem Arme nach dem Gesträuch. Das schien dem Reitpferde zu gelten, denn dieses entfernte sich von ihm, schlug einen kurzen Bogen nach den Büschen und kam dann am Rande derselben her, die Luft in die weit geöffneten Nüstern ziehend. Da es kein Zeichen von Unruhe gab, fühlte der Reiter sich befriedigt und kam nun auch herbei.

Jetzt sah der Yankee, daß er einen Indianer vor sich hatte. Derselbe trug ausgefranste Leggins und ein ebenso an den Nähten mit Fransen und Stickereien versehenes Jagdhemd. Die kleinen Füße staken in Mokassins. Sein langes schwarzes Haar war in einen helmartigen Schopf geordnet, aber mit keiner Adlerfeder versehen. Um den Hals hing eine dreifache Kette von Bärenkrallen, die Friedenspfeife und der Medizinbeutel. In der Hand hielt er ein Doppelgewehr, dessen Schaft mit vielen silbernen Nägeln beschlagen war. Sein Gesicht, matt hellbraun mit einem leisen Bronzehauch, hatte fast römischen Schnitt, und nur die ein wenig hervorstehenden Backenknochen erinnerten an den Typus der amerikanischen Rasse.

Eigentlich war die Nähe eines Roten ganz geeignet, den Yankee, welcher überhaupt nicht zum Helden geboren war, mit Angst zu erfüllen. Aber je länger dieser letztere in das Gesicht des Indianers blickte, um so mehr kam es ihm vor, als ob er sich vor diesem Mann nicht zu fürchten brauche. Derselbe hatte sich auf vielleicht zwanzig Schritte genähert. Das Pferd war noch weiter herbeigekommen, während das andre sich hinter dem Reiter hielt. Jetzt — es hob schon den kleinen Vorderhuf, um weiter zu schreiten, da stieg es vorn empor und warf sich mit einem lauten, auffälligen Schnauben zurück; es hatte einen von dem Yankee oder dem Toten kommenden Luftzug gespürt. Der Indianer that im Nu einen wahren Panthersatz zur Seite und verschwand, mit ihm auch das zweite Pferd. Hartley konnte sie nicht mehr sehen.

Er verhielt sich lange, lange stille und bewegungslos, bis ein halb unterdrückter Laut an sein Ohr drang.»Uff!«diese Silbe hatte er gehört, und als er das Gesicht nach der betreffenden Seite wendete, sah er den Indianer über der Leiche des Schreibers knieen und dieselbe mit Augen und Händen untersuchen. Dann kroch der Rote zurück und war wohl eine Viertelstunde lang nicht zu sehen, bis der Yankee erschrocken zusammenfuhr, denn hart neben ihm erklangen die Worte:»Warum sitzt das Bleichgesicht hier versteckt? Warum tritt es nicht hervor, um sich dem Blicke des roten Kriegers zu zeigen? Will es etwa nicht sagen, wohin die drei Mörder des andern Bleichgesichtes entwichen sind?«

Als Hartley mit dem Kopfe herumfuhr, sah er den Indianer, das blanke Bowiemesser in der Hand, neben sich knieen. Die Worte desselben bewiesen, daß er die Fährte richtig gelesen und höchst scharfsinnig beurteilt hatte. Er hielt nicht den Yankee für den Mörder; das beruhigte diese, und er antwortete:»Ich versteckte mich vor ihnen. Zwei sind fort, in die Prairie hinaus; der dritte warf die Leiche hier ab, und ich blieb stecken, weil ich nicht weiß, ob er fort ist oder nicht.«

«Er ist fort. Seine Spur führt durch den Busch und dann noch Osten.«

«So ist er nach der Farm, um mich zu verfolgen. Aber ist er auch wirklich nicht mehr da?«

«Nein. Mein weißer Bruder und ich sind die einzigen lebenden Menschen, welche sich hier befinden. Er mag heraus ins Freie kommen und mir erzählen, was geschehen ist.«

Der Rote sprach sehr gut englisch. Was er sagte und wie er es sagte, flößte dem Yankee Vertrauen ein; darum weigerte sich der letztere nicht, der Aufforderung zu folgen. Er kroch aus dem Dickicht hervor und sah, als er das Gebüsch hinter sich hatte, daß die beiden Pferde eine ziemliche Strecke abwärts angepflockt waren. Der Rote betrachtete den Weißen mit einem Blicke, welcher alles zu durchdringen schien, und sagte dann:»Von Süden her sind zwei Männer auf ihren Füßen gekommen; der eine versteckte sich hier, und der bist du; der andre ging weiter, in die Prairie hinaus. Da kamen drei Reiter, welche diesem andern folgten; sie schossen ihm eine Pistolenkugel in den Kopf. Zwei ritten fort. Der dritte nahm die Leiche auf das Pferd, ritt an das Gebüsch, warf sie hinein und jagte dann ostwärts im Galopp von dannen. Ist es so?«

«Ja, genau so, «nickte Hartley.

«So magst du mir sagen, warum man deinen weißen Bruder erschossen hat. Wer bist du, und warum befindest du dich in dieser Gegend? Sind es auch die drei Männer gewesen, welche deinen Arm verwundet haben?«Der freundliche Ton, in welchem diese Fragen ausgesprochen wurden, bewies dem Yankee, daß der Rote ihm wohlgesinnt sei und keinerlei Verdacht gegen ihn hege. Er beantwortete die ihm vorgelegten Fragen. Der Indianer sah ihn dabei nicht an; dann aber fragte er plötzlich mit einem durchbohrenden Blicke:»So hat dein Gefährte dein Leben mit dem seinigen bezahlen müssen?«