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Dieses letztere Wort war der Beweis, daß er nun auf keinen Fall weiter nachgeben werde; aber Old Shatterhand war mit diesem Ergebnisse der Unterredung auch vollständig zufrieden. Wenn die Roten jetzt Ernst mit dem Angriffe machten, so war es vollständig unmöglich, ihnen heiler Haut zu entgehen. Es war ein großes Glück, daß sie einen solchen Respekt vor dem Zaubergewehre besaßen; dadurch war jetzt erreicht worden, was zu erreichen überhaupt in der Möglichkeit lag. Jedenfalls mußte dieser Respekt auch auf den Beschluß der Versammlung der Alten einwirken. Darum antwortete Old Shatterhand:»Der» große Wolf «soll erkennen, daß ich sein Freund bin. Ich will gar nicht erst mit meinen Genossen sprechen, sondern dir gleich jetzt in ihrem und meinem Namen mein Wort geben. Wir werden uns ohne Gegenwehr in den Beschluß fügen.«

«So nimm dein Calumet, und beschwöre, daß du so handeln wirst.«

Old Shatterhand löste die Friedenspfeife von der Schnur, that ein wenig Tabak in den Kopf und steckte denselben mittels des Punks in Brand. Dann stieß er den Rauch gegen den Himmel, gegen die Erde, nach den vier Richtungen aus und sagte:»Ich verspreche, daß wir an keine Gegenwehr denken werden!«

«Howgh!«nickte der Häuptling.»Jetzt ist es gut.«

«Nein, denn auch du mußt dein Versprechen besiegeln, «erklärte Old Shatterhand, indem er dem Roten die Pfeife hinhielt.

Dieser hatte vielleicht im stillen darauf gerechnet, daß ihm das erlassen werde. In diesem Falle hätte er sich nicht an sein Versprechen gebunden gefühlt und, wenn nur die Weißen erst vom Felsen herunter waren, nach seinem Gutdünken gehandelt. Doch fügte er sich ohne Widerrede, indem er die Pfeife nahm, den Rauch in derselben Weise nach den vier Richtungen blies und dann sagte:»Den vier Weißen wird von uns nichts Böses geschehen, bis die Beratung der Alten über ihr Schicksal beschlossen hat. Howgh!«

Nun gab er Old Shatterhand das Calumet zurück und ging zu Knox und Hilton, welche noch genau so dalagen, wie sie niedergeschlagen worden waren.»Auf diese erstreckt sich mein Versprechen nicht, «sagte er.»Sie gehören zu den Mördern, denn wir haben ihre Pferde als die unsrigen erkannt. Ihre Strafe wird eine schwere sein. Wohl ihnen, wenn deine Hand ihre Seelen von ihnen genommen hätte. Sie scheinen tot zu sein.«

«Nein, «antwortete Old Shatterhand, dessen scharfem Auge es während der Unterredung nicht entgangen war, daß die beiden einmal leise die Köpfe erhoben hatten, um sich umzusehen.»Sie sind nicht tot; sie sind sogar nicht mehr ohnmächtig; sie stellen sich nur tot, weil sie glauben, wir werden sie hier liegen lassen.«

«So mögen die Hunde sich erheben, sonst zermalme ich sie mit dem Fuße!«rief der Häuptling, indem er jedem der beiden einen so gewaltigen Fußstoß versetzte, daß sowohl Knox als auch Hilton es aufgab, Bewußtlosigkeit zu heucheln; sie standen auf. Ihre Angst war so groß, daß es ihnen gar nicht einfiel, an Flucht oder Verteidigung zu denken.

«Ihr seid meinen Kriegern heute früh entkommen, «sagte der Häuptling im grimmigsten Tone.»Nun hat der große Manitou euch in meine Hand gegeben, und ihr sollt für die Mordthaten, welche ihr begangen habt, am Marterpfahle heulen, daß es alle Bleichgesichter des Gebirges hören.«

Die beiden verstanden jedes Wort des Roten, da derselbe ein ziemlich gutes Englisch sprach.

«Mordthaten?«fragte Knox in der Absicht, den Versuch zu machen, sich durch Leugnen zu retten.»Davon wissen wir nichts. Wen sollen wir ermordet haben?«

«Schweig, Hund! Wir kennen euch, und auch diese Bleichgesichter hier, welche euretwegen in unsre Hände gefallen sind, wissen, was ihr gethan habt!«

Knox war ein listiger Bursche. Er sah Old Shatterhand unverletzt und unbeschädigt neben dem Roten stehen. Die Indianer hatten es nicht gewagt, sich an dem berühmten Manne zu vergreifen. Wer in seinem Schutze stand, war gewiß ebenso sicher vor ihnen wie er selbst; darum kam dem Mörder ein Gedanke, welchen er für den einzig rettenden hielt. Old Shatterhand war ein Weißer; er mußte sich also der Weißen gegen die Roten annehmen. So wenigstens dachte Knox und darum antwortete er:»Natürlich müssen sie wissen, was wir gethan haben, denn wir sind ja mit ihnen geritten und seit Wochen mit ihnen zusammengewesen.«

«Lüge nicht!«

«Ich sage die Wahrheit. Frage Old Shatterhand, welcher dir erklären und beweisen wird, daß wir gar nicht diejenigen sein können, für welche wir von euch gehalten werden.«

«Irrt euch nicht, «erklärte Old Shatterhand.»Wenn ihr glaubt, daß ich eine Lüge sprechen werde, um euch der verdienten Strafe zu entziehen, so muß ich euch sagen, daß es mir unmöglich einfallen kann, mich auf gleiche Stufe mit euch zu stellen. Ihr wißt, was ich von euch denke; ich habe es euch gesagt und meine Ansicht über euch auch nicht geändert. «Er wendete sich von ihnen ab.

«Aber, Sir, «rief Knox,»Ihr wollt uns doch nicht etwa in dieser Gefahr verlassen! Es handelt sich um unser Leben!«

«Allerdings, nachdem es sich vorher um das Leben der von euch Gemordeten gehandelt hat. Ihr habt den Tod verdient, und ich habe gar keine Veranlassung, dagegen zu sein, daß einem jeden sein Recht werde.«

«Alle Wetter! Kommt Ihr uns so, nun, so weiß ich auch, was ich zu thun habe. Rettet Ihr uns nicht, nun, so sollt Ihr mit uns zu Grunde gehen!«Und sich von Old Shatterhand ab und zu dem Häuptlinge wendend, fuhr er fort:»Warum ergreifst du nicht auch diese vier? Sie haben sich ja auch an dem Pferderaube beteiligt und auch mit auf die Utah geschossen; gerade durch ihre Kugeln sind die meisten eurer Leute gefallen!«

Das war eine Frechheit sondergleichen. Old Shatterhand machte eine Bewegung, als ob er sich auf den unverschämten Menschen stürzen wolle, besann sich aber eines andern und blieb schweigend stehen. Dennoch folgte die Strafe sofort der That, und was für eine Strafe. Die Augen des Häuptlings leuchteten auf; sie sprühten förmlich Blitze, als er Knox andonnerte:»Feigling! Du hast nicht den Mut, die Schuld allein zu tragen und wirfst sie auf andre, gegen welche du eine stinkende Kröte bist. Dafür soll die Strafe für dich nicht erst am Marterpfahle, sondern gleich jetzt beginnen. Ich werde mir deinen Skalp nehmen, und du sollst leben und ihn an meinem Gürtel hängen sehen. Nani witsch, nani witsch!«

Diese beiden Utahworte bedeuten» mein Messer, mein Messer!«Er rief sie den am Rande der Blöße stehenden Indianern zu.

«Um Gottes willen!«schrie der Bedrohte auf.»Bei lebendigem Leibe skalpieren, nein, nein!«

Er that einen Sprung, um zu fliehen; aber der Häuptling war ebenso schnell wie er, schoß ihm nach und ergriff ihn beim Halse; ein Druck seiner starken Hand und Knox hing in derselben, schlaff wie ein Lappen. Ein Indianer kam gerannt, um dem Häuptling das Messer zu bringen. Dieser nahm es, warf den halb Erstickten auf den Boden, kniete auf ihn — drei schnelle Schnitte, ein Ruck am Haare, ein entsetzlicher Schrei des unter ihm Liegenden, und er erhob sich, den blutigen Skalp in der linken Hand. Knox bewegte sich nicht; er war wieder ohnmächtig geworden; sein Schädel bot einen entsetzlichen Anblick dar.

«So muß es jedem Hund ergehen, welcher die roten Männer zerreißt und dann Unschuldige vernichten will!«rief der» große Wolf«, indem er den Skalp in den Gürtel steckte.

Hilton hatte mit Grauen gesehen, was seinem Gefährten geschehen war. Der Schreck machte ihn fast unbeweglich; er sank langsam neben dem Skalpierten nieder und blieb dort sitzen, ohne ein Wort zu sagen.

Der Häuptling gab ein Zeichen, auf welches die Roten herbeikamen; bald wimmelte die Lichtung von ihnen. Hilton und Knox wurden mit Riemen gefesselt.

Old Shatterhand war, sobald der» große Wolf «vom Skalpieren gesprochen hatte, auf den Felsen gestiegen, um nicht Zeuge der grausigen Scene sein zu müssen, sondern seinen Gefährten mitzuteilen, welches Resultat er erzielt habe.

«Das ist schlimm, «meinte Jemmy.»Konnten Sie uns denn nicht ganz frei bringen?«

«Nein; das war unmöglich.«