Выбрать главу

«Ja, «antwortete der Gefragte.»Doch verlange ich, daß unsre Pferde in der Nähe unsres Zeltes bleiben.«

«Auch das will ich erlauben, obgleich ich nicht einsehe, aus welchem Grunde Old Shatterhand diesen Wunsch ausspricht. Denkt er etwa, entfliehen zu können? Ich sage ihm, daß ein vielfacher Ring von Kriegern sein Zelt umgeben wird, so daß er unmöglich entkommen kann.«

«Ich habe versprochen, das Ergebnis eurer Beratung abzuwarten; du brauchst uns also keine Wächter zu stellen. Wenn du es dennoch thun willst, so habe ich nichts dagegen.«

«So kommt!«

Als die vier dem Häuptlinge nun folgten, bildeten die Indianer eine Gasse und betrachteten, als Old Shatterhand durch dieselbe schritt, ihn mit scheuen, ehrfurchtsvollen Blicken. Das Zelt, welches den Weißen angewiesen wurde, war der größten eines. Mehrere Lanzen steckten zu beiden Seiten des Einganges in der Erde, und die drei Adlerfedern, welche die Spitzen schmückten, ließen vermuten, daß es eigentlich die Wohnung des» großen Wolfes «sei.

Die Thür wurde durch eine breite Matte gebildet, welche jetzt zurückgeschlagen war. Kaum fünf Schritte von ihr entfernt brannte ein Feuer, welches das Innere erleuchtete. Die Jäger traten hinein, legten ihre Gewehre ab und setzten sich nieder. Der Häuptling entfernte sich, doch schon nach kurzer Zeit kamen mehrere Rote, welche sich in angemessener Entfernung so um das Zelt niederließen, daß keine Seite desselben ohne scharfe Beobachtung blieb.

Nach wenigen Minuten trat eine junge Frau herein, welche zwei Gefäße vor den Weißen niedersetzte und sich dann wortlos entfernte. Das eine war ein alter Topf mit Wasser und das andre eine große, eiserne Pfanne, in welcher mehrere Fleischstücke lagen.

«Oho!«schmunzelte der Hobble-Frank.»Das wird wohl unser Suppeh sein sollen. Een Wassertopp, das is nobel! Die Kerle schneiden off. Wir sollen vor Erschtaunen über ihre zivilisatorischen Küchengerätschaften die Hände über dem Koppe zusammenschlagen. Und Büffelfleesch, wenigstens acht Pfund! Sie werden's doch nich etwa gar mit Rattengift eingerieben haben?«

«Rattengift!«lachte der Dicke.»Woher sollten die Utahs solches Zeug bekommen? Übrigens ist das Fleisch von einem Elke und nicht von einem Büffel.«

«Weeßt du's schon wieder besser als ich? Ich kann doch machen und sagen, was ich will, so kommst du mir derquere. Das hat niemals keene Besserung nich. Ich will mich aber heute nich mit dir schtreiten, sondern dir hiermit nur eenen extemporierten Blick zuwerfen, aus welchem du ersehen kannst, wie unendlich ich meine Persönlichkeit über deiner Pigmentgeschtalt erhaben fühle.«

«Pygmäengestalt, «verbesserte Jemmy.

«Wirst du wohl gleich zwölf Sechsachtelakte schweigen!«gebot der Kleine.»Bringe meine Galle nich in pneumatische Anschwellung, sondern widme mir die Hochachtung, welche ich infolge meines außerordentlichen Lebenslaufes mit vollem Rechte zu beanschpruchen habe! Denn nur unter dieser Bedingung kann ich mich so populär machen, diesem Braten den Segen meiner unleugbaren Kochkunstfertigkeet angedeihen zu lassen.«

«Ja, brate nur, «nickte Old Shatterhand, um den Ärger des Kleinen abzulenken.

«Das is freilich bald gesagt. Wo aber nehme ich die Zwiebeln und die Lorbeerblätter her. Übrigens weeß ich noch nich, ob ich mit der Pfanne hinaus an das Feuer darf.«

«Versuche es.«

«Ja, versuchen! Wenn die Kerle es nich leiden wollen und mir eene Kugel in die Magengegend schicken, so is es für mich ganz egal, ob das Fleesch unter der Haut eenes Elkes oder Büffels gewachsen is. Aber Furcht gibt's nich, solange man sich bei der richtigen Herzhaftigkeet befindet; feni, fidi, fidschi — ich gehe 'naus!«

Er trug die Pfanne mit dem Fleische an das Feuer und machte sich an demselben als Koch zu schaffen, ohne von den Wächtern gestört zu werden. Die andern blieben im Zelte sitzen und beobachteten durch die offene Thür das rege Thun und Treiben der Indianer.

Der Mond verbreitete jetzt fast Tageshelle. Sein Licht fiel auf einen nahen, dunkel bewaldeten Bergstock, von welchem sich ein breites, glitzerndes Silberband herniederschlängelte, ein Flüßchen oder starker Bach, welcher sich unten in ein ziemlich großes, fast seeartiges Wasserbecken ergoß. Der Abfluß dieses letzteren bildete den Wasserlauf, an dessen Ufer man in das Lager gekommen war. Büsche oder Bäume schien es in der Nähe nicht zu geben; die Umgebung des Sees war flach und offen.

An jedem Feuer saßen Indianer, welche ihren mit dem Braten des Fleisches beschäftigten Frauen zusahen. Zuweilen erhob sich einer oder der andre, um, langsam an dem Zelte vorübergehend, einen Blick auf die Weißen zu werfen. Von Knox und Hilton war nichts zu sehen und zu hören, doch durfte man vermuten, daß ihre Lage keineswegs eine für den Augenblick so befriedigende sei, wie diejenige Old Shatterhands und seiner Gefährten. Nach Verlauf einer Stunde kam Hobble-Frank mit der dampfenden Pfanne in das Zelt zurück; er setzte sie den Gefährten hin und sagte in sehr selbstbewußtem Tone:»Hier habt ihr eure Herrlichkeet. Ich bin neugierig, was ihr für Oogen machen werdet. Zwar fehlt das Gewürze, aber meine angeborene Talenthaftigkeet hat leicht darüber hinwegzukommen gewußt.«

«Auf welche Weise denn?«fragte Jemmy, indem er sein kleines Näschen über die Pfanne hielt. Das Fleisch brodelte nicht nur, sondern es rauchte, und zwar nicht wenig; das Zelt war in Zeit von einigen Augenblicken von einem scharfen, brenzlichen Geruche erfüllt.

«Off eene so eenfache Weise, daß der Erfolg een wahres Wunder is, «antwortete der Kleine.»Ich habe mal gelesen, daß Holzkohle nich nur das Salz ersetzt, welches uns hier fehlt, sondern sogar ooch solchem Fleesche, welches eene ziemliche Anrüchigkeet besitzt, den Hohguhgeruch benimmt. Unser Braten war mit eener sehr dissidenten Müffigkeet begabt und so habe ich denn zu dem erwähnten Mittel gegriffen und ihn in hölzerne Asche geschmort, was sehr leicht war, da wir ja Holzfeuer haben. Das Feuer is mir zwar dabei een bißchen mit in die Pfanne hineingeraten, aber gerade das wird, wie mir mein genialer Küchenverschtand mitteelt, von derjenigen knusperigen Wirkung sein, welche eenen gefühlvollen und wohlschmeckenden Menschen bei Tische in Exstasibilität versetzt.«

«O weh! Elkbraten in Holzasche! Bist du denn gescheit!«

«Rede doch keenen Äpfelsalat! Ich bin schtets gescheit. Das mußt du doch nu endlich wissen. Die Asche is een chemischer Gegner aller alchimistischen Unreenlichkeet. Genieße also diesen Elk mit dem dazu gehörigen Menschenverschtand; so wird er dir sehr gut bekommen und deiner Konschtitution diejenigen körperlichen und geistigen Kräfte verleihen, ohne welche der Mensch vom schnöden Unorganismus vollschtändig verschlungen wird.«

«Aber, «meinte Jemmy kopfschüttelnd,»du sagst ja selbst, daß dir das Feuer in die Pfanne geraten ist. Das Fleisch hat gebrannt; es ist verdorben.«

«Rede nich, sondern kaue!«fuhr Frank auf.»Es is höchst ungesund, beim Essen zu singen oder zu schprechen, weil dabei die unrechte Kehle offgeklappt wird und die Schpeise in die Milz anschtatt in den Magen kommt.«

«Ja, kauen, wer soll das Zeug kauen! Da, schau her! Ist das noch Fleisch?«

Er spießte mit dem Messer ein Stück an, hob es empor und hielt es dem Kleinen an die Nase. Das Fleisch war schwarz gebrannt und von einer dunkeln, fettigen Aschenlage umgeben.

«Natürlich is es Fleesch. Was soll es denn sonst sein!«antwortete Frank.

«Aber schwarz, wie chinesische Tusche!«

«So beiß doch nur zu! Da wirscht du sofort dein Wunder schmecken!«

«Das glaube ich gern. Und diese Asche!«

«Die wird abgeputzt und abgewischt.«

«Das mache mir erst einmal vor!«