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Carmaux und der Spanier dagegen bemühten sich um das Wild für die Abendmahlzeit.

Da sie am Ufer des Moors nur schwer zu erlegende Vögel sahen und auch kein kleines Schrot dafür besaßen, gingen sie in den Wald, in der Hoffnung, dort einen Kariaku, ein ziegenähnliches Tier, oder eine Pecari, eine Art Wildschwein, zu erjagen.

Währenddessen überließen sie den Gefährten das Anzünden des Feuers, da sie wohl wußten, daß der Korsar nicht lange rasten würde.

In fünfzehn Minuten hatten sie das dicke Röhricht passiert und befanden sich nun am Saum des Urwalds, der mit großen Zedern, Palmen aller Art, dornigen Kakteen, großen Helianthus und herrlichen Salvie fulgens, letztere mit wundervollen, karmesinroten Blüten, bestanden war.

Der Spanier blieb lauschend stehen, um irgendeinen Laut zu erhaschen, der auf die Anwesenheit eines Wildes hinwies; aber es herrschte tiefe Stille unter dem grünen Gewölbe.

»Ich fürchte, wir werden unsere Reserven angreifen müssen«, sagte er, bedenklich den Kopf schüttelnd.

»Vielleicht befinden wir uns im Bereich des Jaguars, vor dem das Wild schon längst geflohen ist!«

»Man scheint selbst keine Katze mehr zu finden!« seufzte der Katalonier.

»Du hast ja gesehen, daß sie nicht fehlen, aber was für welche! Treffen wir den Jaguar, so töten wir ihn!«

»Das Fleisch wäre gar nicht so schlecht, Carmaux, vor allem mit Rotkohl gekocht!«

»Also los, töten wir ihn!«

»Horcht!« rief der Spanier und hob den Kopf. »Ich glaube, wir können bald etwas Besseres töten!«

»Hast du ein Reh entdeckt, Herzensfreund?« »Seht Ihr den großen Vogel?«

Carmaux folgte seinem Blick und sah wirklich einen großen, schwarzen, häßlichen Vogel zwischen den Zweigen der Bäume fliegen.

»Ist das etwa das versprochene Reh?«

»Nein, das ist ein Gule-gule. Da seht, noch ein zweiter und dort unten noch mehr!«

»Töte sie mit einer Kugel, wenn du kannst!« meinte Carmaux ironisch. »Ich habe zu deinem Gule-gule kein Vertrauen.«

»Ich will ihn ja gar nicht haben! Im Gegenteil, er zeigt uns nur, daß es hier ausgezeichnetes Wild gibt!«

»Und welches?«

»Wildschweine!«

»Donnerwetter! Wie gern möchte ich jetzt ein Wildschweinkotelett verspeisen! Erkläre mir aber, was deine Gule-gule mit diesen Tieren zu tun haben.«

»Diese Vögel besitzen ein scharfes Auge. Entdecken sie Wildschweine von weitem, so fliegen sie hin, um sich den Bauch mit ...«

»Wildschweinbraten zu füllen!«

»Das nicht, aber mit Würmern, Skorpionen und Zungenasseln, welche die Wildschweine mit ihrer Schnauze beim Aufwühlen der Erde hinauswerfen, wenn sie sich Wurzeln und Knollen zur Nahrung suchen.«

»Sie fressen auch Zungenasseln?«

»Natürlich!«

»Und sterben nicht daran?«

»Nein, dem Gule-gule soll das Gift dieser Insekten nicht schaden.«

»Ich verstehe. Wir wollen die Vögel schnell verfolgen, ehe sie wegfliegen! Halte das Gewehr in Bereitschaft! ... Aber werden uns die Spanier nicht hören?«

»Dann muß der Korsar fasten!«

»Du sprichst wie ein Buch, Freundchen! Besser sie hören uns, und wir füllen uns den Magen, als daß unsere Kräfte abnehmen, daß wir sie nicht mehr verfolgen können!«

»Still!«

»Sind Wildschweine da?«

»Das weiß ich nicht; aber irgendein Tier muß nahe sein. Merkt ihr nicht, wie das Laubwerk sich dort bewegt?«

--

Carmaux' Mißgeschick

Die beiden Jäger hatten sich hinter dem Stamm einer großen Samaruba verborgen. Die Zweige knackten hier und da, als ob die Bestie sich noch nicht über den Weg schlüssig wäre. Plötzlich tat sich das Gestrüpp auseinander, und Carmaux sah ein etwa fünfzig Zentimeter langes Tier mit rötlich-schwarzem Fell, kurzen Beinen und reichbehaartem Schwanz hervorspringen.

Er kannte es nicht und wußte auch nicht, ob es eßbar wäre. Als er es aber dreißig Schritt vor sich stehen sah, legte er doch das Gewehr an und feuerte. Es fiel, erhob sich jedoch wieder mit einer Behendigkeit, die anzeigte, daß es nicht schwer verletzt war, und kroch ins Gehölz.

»Verflucht! Aber es soll mir nicht weit kommen!«

Er stürmte vorwärts, ohne die Waffe wieder zu laden, verfolgte die Spuren des Tiers und hörte nicht auf den warnenden Zuruf des Spaniers.

»Nimm deine Nase in acht!«

Das Tier floh weiter, wahrscheinlich seinem Unterschlupf zu. Doch der gewandte Carmaux war ihm auf den Fersen. Mit dem Entersäbel in der Hand, wollte er es in Stücke schneiden.

»Ah, Brigant, du!« schrie er.

Das arme Tier hielt im Fliehen inne, verlor aber allmählich die Kräfte. Blutspuren auf Gras und Blättern zeigten, daß die Kugel getroffen hatte. Schließlich blieb es, erschöpft vom Lauf und Blutverlust, an einem Baumstamm stehen. Carmaux, der nun seiner sicher war, stürzte sich darauf, prallte aber sofort zurück; denn ein unerträglicher Gestank erstickte ihn fast.

»Zum Teufel!« brüllte er.

Ein heftiges Niesen bemächtigte sich seiner und hinderte ihn am weiteren Fluchen.

Der Spanier wollte ihm zu Hilfe eilen, blieb aber zehn Schritt vor ihm stehen, sich die Nase mit beiden Händen zuhaltend.

»Caramba!« sagte er. »Ich habe Euch doch geraten, nicht weiterzugehen, Caballero! Jetzt seid Ihr für eine Woche parfümiert. Ich habe keinen Mut, an Euch heranzukommen.«

»Bin ich denn verpestet? Ich fühle mich so elend, als ob ich seekrank wäre.«

»Flieht, damit ihr andere Luft atmen könnt!«

»Ich glaube, ich krepiere! Was ist denn nur geschehen?«

»Lauft doch davon, sage ich Euch! Flieht aus diesem unerträglichen Geruch, der schon die ganze Umgebung erfüllt!«

Mühsam erhob sich Carmaux und machte einige Schritte auf den Spanier zu, der sich schleunigst entfernte.

»Hast du Angst vor mir? Dann habe ich wohl die Cholera?«

»Das nicht, Caballero, aber ich fürchte, Ihr parfümiert mich auch.«

»Aber wo soll ich denn nur bleiben? Ich jage alle in die Flucht, selbst den Kommandanten!«

»Erst müßt ihr ausgeräuchert werden«, sagte der Spanier, der sich das Lachen verbiß.

»Etwa wie ein Hering?«

»Ja, nicht mehr und nicht weniger, Caballero!«

»Stinkt das nicht nach verfaultem Knoblauch? Ich habe das Gefühl, als ob mir der Schädel zerspringt!«

»Das glaube ich Euch. Es war der Surriljo, ein Stinkmarder, wohl der schlimmste der Sorte! Nicht einmal die Hunde können den Geruch vertragen.«

»Und woher hat das Tier diesen verdammten Geruch?«

»Aus einigen Drüsen unter dem Schwanz. Habt Ihr auch Flüssigkeit abbekommen?«

»Nein, dazu war ich zu weit ab!«

»Dann hattet Ihr Glück! Denn hätten Eure Kleider auch nur einen einzigen Tropfen dieses öligen Saftes abbekommen, so würdet Ihr die Reise unweigerlich nackt wie Vater Adam fortsetzen müssen!«

»Ich rieche schlimmer als ein Dunghaufen.«

»Laßt nur gut sein, wir räuchern Euch schon aus!«

»Zum Teufel mit allen Surriljos der Erde! Konnte mir etwas Schlimmeres passieren? Wir werden schön angesehen werden bei unserer Rückkehr! Man erwartet uns mit Wild, und statt dessen bringe ich eine Wolke von Gestank mit!«

Der Spanier lachte jetzt bei dem Jammer des Flibustiers aus vollem Halse. Er hielt sich immer von ihm entfernt und wartete, bis die Luft den armen Jäger etwas reinigte.

Stiller kam ihnen entgegen, in der Hoffnung, beim Schleppen des Wildbrets helfen zu können.

Als er aber in Carmaux' Nähe kam, ergriff er schleunigst die Flucht.

»Alle fliehen mich wie die Pest«, sagte Carmaux melancholisch. »Es wird mir nichts anderes übrigbleiben, als mir im Sumpf das Leben zu nehmen!«

»Ihr werdet nichts tun«, sagte der Katalonier energisch, »als eine Weile hierbleiben, bis ich zurückkehre!«