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»Ist das denn möglich?«

»Laß dich von Chenar nicht einwickeln. Wenn er dich zum Vizekönig von Nubien ernennen läßt, dann nur, um dich loszuwerden. Seine Schandtaten werden vergessen sein, und er wird freie Hand haben in Ägypten.«

»Das ist mir bewußt, Ameni, aber ich hebe Nubien. Du wirst mit mir kommen und ein herrliches Land kennenlernen, fern von all der Falschheit und Mißgunst bei Hof.«

Ameni verzichtete auf eine Antwort, denn er war überzeugt, daß sich hinter Chenars Wohlwollen nur eine neue Falle verbarg. Solange er in Memphis weilte, würde er nicht ablassen, der Wahrheit auf den Grund zu gehen.

Dolente, Ramses’ ältere Schwester, rekelte sich träge am Wasserbecken, wo sie in der Mittagshitze zu baden pflegte, bevor sie sich einölen und massieren ließ. Seit ihr Mann befördert worden war, faulenzte sie den lieben langen Tag und fühlte sich zunehmend matter. Die aufwendige Schönheitspflege, die Anweisungen, die sie dem Hausverwalter und dem Koch zu erteilen hatte – all das strengte sie unsagbar an.

Trotz all der vom Arzt verordneten Salben blieb ihre Haut fettig. Sie hätte die Behandlung wohl gewissenhafter durchführen müssen, doch ihre gesellschaftlichen Verpflichtungen verschlangen den Großteil ihrer Zeit. Wollte man über die tausenderlei kleinen Geheimnisse bei Hof im Bilde sein, mußte man bei sämtlichen Empfängen und Festlichkeiten, die das Leben der Leute von Stand ausmachten, zugegen sein.

Seit Wochen schon war Dolente beunruhigt, weil Chenars Vertrauensleute sich mit Auskünften zurückhielten, als mißtrauten sie ihr. Daher hatte sie es für unumgänglich gehalten, Ramses ihr Leid zu klagen.

»Da ihr den Frieden wiederhergestellt habt, muß man deinen Worten jetzt wohl mehr Gehör schenken«, bemerkte sie.

»Was erhoffst du dir von mir?«

»Wenn Chenar erst König ist, wird er über uneingeschränkte Macht verfügen und mich, wie ich fürchte, an den Rand drängen. Schon jetzt schließt man mich von so manchem aus, bald werde ich keinerlei Beachtung mehr finden.«

»Was kann ich daran ändern?«

»Erinnere Chenar an mich, an meine gesellschaftlichen Beziehungen, die ihm in Zukunft nützlich sein werden.«

»Er wird mich verspotten. Für ihn bin ich bereits Vizekönig von Nubien und weit weg von Ägypten.«

»Eure Versöhnung ist also nur schöner Schein?«

»Chenar hat mich mit einem hohen Amt betraut.«

»Und du gibst dich zufrieden mit der Verbannung unter die Barbaren?«

»Ich liebe Nubien.«

Dolente ereiferte sich. Ihre Trägheit schien verflogen.

»Wehre dich dagegen, ich bitte dich! Dem Verhalten ist unannehmbar. Verbünden wir uns, du und ich, um Chenars Pläne zu durchkreuzen. Dieses Ungeheuer soll sich gefälligst daran erinnern, daß er eine Familie hat, die er nicht einfach verwerfen kann.«

»Bedaure, liebe Schwester, aber ich verabscheue Verschwörungen.«

Wütend sprang sie auf.

»Du darfst mich nicht im Stich lassen.«

»Ich traue dir zu, dich allein zu verteidigen.«

Nachdem sie die Abendriten vollzogen und den Gesängen der Priesterinnen gelauscht hatte, verharrte Königin Tuja noch ein Weilchen in der Stille des Hathor-Tempels, um nachzudenken. Wenn man der Gottheit diente, entfernte man sich aus den menschlichen Niederungen und vermochte über die Zukunft des Landes mehr Klarheit zu gewinnen.

In langen Gesprächen mit ihrem Gemahl hatte die Königin ihre Zweifel an der Tauglichkeit Chenars für das Amt des Königs geäußert und wie gewöhnlich bei Sethos ein offenes Ohr gefunden. Er wußte, daß man Ramses nach dem Leben getrachtet hatte und daß der wahre Schuldige, sofern es nicht der in den Türkisbergen zu Tode gekommene Wagenlenker war, noch immer unerkannt und ungestraft herumlief. Obwohl Chenars Feindseligkeit gegenüber dem Bruder erloschen schien, mußte man sich doch fragen, ob er als unschuldig gelten durfte. Solange es keine Beweise gab, mochten derartige Verdächtigungen ungeheuerlich erscheinen. Aber hatten Machtgelüste nicht schon häufiger einen Menschen in ein blutrünstiges Tier verwandelt?

Sethos ließ nichts außer acht. Die Ansichten seiner Gemahlin waren wertvoller als die der Höflinge, die Chenars Aufstieg nur allzu auffällig befürworteten oder dem Herrscher schmeichelten. Gemeinsam prüften Sethos und Tuja das Verhalten ihrer beiden Söhne und zogen ihre Schlußfolgerungen.

Gewiß, es war der Verstand, der sichtete und zergliederte, aber für die rechte Entscheidung war er ungeeignet. Sia, die pfeilschnelle Eingebung, das von Pharaoherz zu Pharaoherz unmittelbar überlieferte Wissen, würde den Weg weisen.

Als Ameni das Tor zum Garten des Prinzen öffnete, verstellte ihm ein seltsames Ding den Weg. Bei näherer Betrachtung erkannte Ameni es als ein prachtvolles Bett aus Akazienholz. Die meisten Ägypter schliefen auf Matten, und ein Möbelstück wie dieses war ein kleines Vermögen wert.

In seiner Verwunderung lief der junge Schreiber zu Ramses und weckte ihn.

»Ein Bett? Das ist unmöglich.«

»Komm und schau dir’s an, es ist ein Meisterwerk!«

Auch der Prinz vermochte nur Worte der Bewunderung zu finden. Der Tischler mußte ein Künstler sein.

»Tragen wir es ins Haus?« fragte Ameni.

»Bloß nicht! Bewache es gut.«

Ramses sprang auf sein Pferd und galoppierte zum Haus der Eltern von Iset, der Schönen. Er mußte sich gedulden, bis die junge Frau sich zurechtgemacht hatte und sich dem Königssohn in vollendetem Putz, geschminkt und duftend, zeigte.

Ihre Schönheit rührte Ramses.

»Ich bin bereit«, sagte sie lächelnd.

»Iset, warst du es, die das Bett in meinen Garten bringen ließ?«

Strahlend umarmte sie ihn.

»Wer sonst hätte das gewagt?«

Mit dieser Gabe zwang Iset den Prinzen, ihr ein noch prächtigeres Geschenk darzubieten. Er mußte sie bitten, seine Gemahlin zu werden. Brautleute sollten sie sein, fürs Leben Verbundene.

»Hast du mein Geschenk angenommen?«

»Nein, es steht noch im Garten.«

»Das ist eine Schmähung«, stammelte sie schelmisch, »warum willst du das Unabwendbare hinausschieben?«

»Ich brauche meine Freiheit.«

»Ich glaube dir nicht.«

»Würdest du in Nubien leben wollen?«

»In Nubien? Das ist ja grauenvoll!«

»Mir ist es bestimmt.«

»Du mußt sofort ablehnen!«

»Das ist unmöglich.«

Sie löste sich von Ramses und lief davon.

Ramses und eine ganze Schar Würdenträger waren geladen zur Verlesung der vom Pharao verfügten Ernennungen in neue Ämter. Der Audienzsaal war voll, die Alteingesessenen trugen geheuchelte Gelassenheit zur Schau, während die Neulinge ihre Aufregung nur schlecht zu verbergen vermochten. Viele fürchteten das strenge Urteil des Pharaos, der keinerlei Aufschub duldete bei der Erledigung der von ihm übertragenen Aufgaben. Für die weitschweifigen Rechtfertigungen derer, die versagt hatten, zeigte er sich unzugänglich.

Schon wochenlang vor dieser Zeremonie hatte helle Aufregung geherrscht. Jeder Würdenträger hatte sich als eifriger und bedingungsloser Diener der Politik des Pharaos dargestellt, um seine eigenen Vorteile und die seiner Schützlinge zu wahren.

Als der beauftragte Schreiber im Namen des Königs mit der Verlesung des Erlasses begann, wurde es still. Ramses, der noch abends zuvor mit seinem Bruder gespeist hatte, verspürte keinerlei Besorgnis. Da sein Weg feststand, konnte er frohen Herzens die anderen in ihrer Unruhe betrachten. Einige Gesichter erstrahlten, andere verdüsterten sich, und wieder andere schmollten verärgert. Doch die Entscheidung stammte vom Pharao, und jeder fügte sich.

Endlich kam die Reihe an Nubien, für das sich niemand sonderlich interessierte. Nach den jüngsten Ereignissen und den wiederholten Vorstößen Chenars galt Prinz Ramses als Anwärter für das Amt des Vizekönigs.