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Es war kein Körnchen Unsicherheit in Walkers Stimme. Er klang wie jemand, der jedes Wort meinte, das er sagte, auch die, die er nur andeutete. Georgie Gutzeit zögerte. Seine Wut verblasste angesichts Walkers Sicherheit. Georgie sah sich um. Eine Menge Leute hatten aufgehört mit dem, was sie taten, um zu sehen, was vor sich ging, aber keiner von ihnen sah aus, als hätte er die Absicht, sich einzumischen. Immerhin handelte es sich hier um Walker. Georgie drehte sich abrupt um und stakste davon. Walker nahm einen Schluck Perrier, seinen kleinen Finger abgespreizter denn je. Und jeder machte sich wieder daran, das zu tun, was er gerade tat.

»Furchtbarer Kerl«, murmelte Walker. »Ich hätte ihn schon vor Jahren einkassiert, aber dann würden zehn andere seine Stelle einnehmen. Für die, die hierherkommen, um Sünden für wenig Geld zu erstehen, wird es hier immer einen Markt geben.«

»Ich glaube, das haben Sie sehr elegant gedeichselt«, sagte ich.

»Danke. Ich habe viel Übung.«

»Wie lange glauben Sie, können Sie so weitermachen, bevor die Leute sicher wissen, dass Sie wegen Ihrer Stimme bluffen?«

»Warum glauben Sie, dass ich bluffe?«, fragte Walker.

Ich sah ihn nicht an. »Darf ich Sie was fragen? - Sie haben Ihre Stimme ursprünglich im Krieg gegen Lilith verloren? Lilith wie die biblische Lilith?«

»Ja.«

»Vergessen Sie's. Ich glaube nicht, dass ich das wirklich wissen will.«

»Sehr weise«, sagte Walker.

Hinter der Bar gab die Tragbare Zeitanomalie ein höfliches Zirpen von sich, um uns wissen zu lassen, dass die Ladezeit vorbei war. Die blonde Barkeeperin zog die Taschenuhr aus etwas, was wie ein Batterieladegerät auf Steroiden aussah, und knallte die Uhr mit so einem lauten Peng vor Walker auf die hölzerne Bar, dass wir beide zusammenzuckten. Walker lächelte höflich, tippte zum Abschied an seine Melone, nahm die Uhr und wandte sich mir zu.

»Das müssen wir draußen machen«, sagte er. »Hier in der Bar sind zu viele Schutzschilde und Verteidigungen eingebaut.«

»Um die Gläubiger draußen zu halten?«, fragte ich. »Das hab ich gehört!«, rief die Barkeeperin.

»Ich stelle fest, dass Sie es nicht abstreiten, Carol«, sagte Walker. »Also los, Eddie.«

Draußen vor der Bar konnte ich einen ersten wirklichen Blick auf die Nightside werfen. Walker gab mir ein paar Augenblicke Zeit, um mich umzusehen und mich mit der Umgebung vertraut zu machen. Die Nightside war alles, was ich immer dachte, dass sie sei: laut, schmierig, knallbunt und sie steckte tief in ihrem eigenen gefährlichen Glamour. Es war, als stünde man auf einem Boulevard der Hölle. Grellbunte Lichter blinkten über den halb geöffneten Türen von Nachtklubs, die nie schlossen, zusammen mit jeder Art von Musik, zu der man je bis zum Umfallen tanzen wollte, bis die Füße bluteten und einem das Herz brach. Läden und Kaufhäuser, die alles verkauften, wovon man selbst in seinen schlimmsten Albträumen träumte. Alle Sünden wurden angeboten, jede Sehnsucht ermutigt. Die Bürgersteige waren gepackt voll mit möglichen Kunden, die heiß auf Vergnügungen, Geheimnisse und in der Außenwelt verbotenes Wissen waren. Ungeheuer und Monster bewegten sich offen unter ihnen. An jedem anderen Ort hätte ich meine Sicht benutzen müssen, um so viel so klar zu sehen, aber das hier war die Nightside. Und das, alles das, war einfach nur Alltag.

Jeder weiß, dass es in der Nightside kein Gesetz gibt. Nur ein paar Aufseher, wie Walker, um die Dinge in Schach zu halten, bevor sie außer Kontrolle geraten. Alles ist erlaubt, alles ist zu verkaufen. Alles und jeder ist käuflich, man kann alles und jedes machen und tun, und keiner wird Sie aufhalten oder Sie zur Verantwortung ziehen. Oder Sie retten, wenn es mies läuft. Ein Platz für die beiläufige Sünde und unüberlegten Appetit, und keiner kümmert sich, weil es das ist, wofür die Nightside da ist. Mir juckte es in allen Fingern, aufzurüsten, mich zu mir selbst zu bekennen und Recht und Ordnung in die einzige Stadt zu bringen, in der die Nacht nie endet.

»Jetzt wissen Sie, warum wir hier drin keine Droods erlauben«, sagte Walker. »Sie sind wirklich viel zu einfach gestrickt und direkt für einen Ort wie diesen. Wir gehen hier anders mit den Dingen um.«

»Man kann die Sünde nicht ohne ein Opfer haben«, sagte ich. »Wer kümmert sich um die?«

»Und außerdem nehmen Sie die Dinge so unglaublich persönlich. Jeder, der in die Nightside kommt, weiß, was er zu erwarten hat, Eddie. Hier gibt es keine Unschuldigen.«

»Sie haben meine Frage nicht beantwortet.«

Er seufzte kurz. »Es gibt ein paar, die tun, was sie können. Und das ist mehr als die meisten von denen, die hierherkommen, verdienen.«

»Wie halten Sie das aus?«, fragte ich. »In einer moralischen Jauchegrube wie dieser zu arbeiten?«

»Das ist mein Job«, sagte Walker. »Und ich bin sehr gut darin. Nun, es ist an der Zeit, dass wir gehen.«

Seine Finger hantierten sehr geschickt mit der Taschenuhr, bis die Finsternis darin hoch- und dann heraussprang. Sie bildete eine große, dunkle Decke über uns. Sie schoss herunter wie eine Fliegenpatsche und ich hatte nicht einmal mehr die Zeit, irgendwie zu reagieren, als wir plötzlich woanders waren.

Das Innere von Place Gloria sah genauso aus, wie ich es im Gedächtnis hatte: kitschige, knallbunte Erinnerungen aus einem Jahrzehnt, dessen Geschmack nicht meiner war. Ich sah mich schnell um, während Walker seine Taschenuhr wegsteckte, aber alles war ruhig und still. Ich kannte diesen Raum, es war der, in dem wir zu Beginn des Spiels alle versammelt gewesen waren, als wir alle noch dachten, wir hätten eine faire Chance zu gewinnen. Ich erwischte Walker dabei, wie er mich gedankenverloren ansah und zwang mich, meine Fäuste zu entspannen.

»Ich glaube nicht, dass wir einfach so auf gut Glück in der Hoffnung durch die Räume hetzen sollten, zufällig auf Alexander und Peter zu treffen«, murmelte Walker. »Höchstwahrscheinlich gibt es für die Unaufmerksamen und die, die es eilig haben, Schutzmechanismen, Alarmanlagen und vielleicht sogar Sprengfallen.«

»Diesen Ort gründlich zu durchsuchen könnte ewig dauern«, sagte ich. »Ich habe eine bessere Idee. Eine Menge Krach machen, damit sie zu uns kommen.«

Ich zog meinen Revolvercolt, die Waffe, mit der man nicht zielen muss und der nie die Munition ausgeht, und feuerte sie wieder und wieder ab. Kalt und ruhig zerstörte ich alles von Wert in diesem Raum. Alles, was wichtig aussah. Oder teuer. Oder schwer ersetzbar. Antikes Porzellan zerbarst, Glas und Spiegel zersprangen und der Raum war voll rachsüchtigem Krach. Fotos von Alexanders alten Fällen und Triumphen fielen von der Wand, kostbare Erinnerungen, in einem Moment zerstört. Die Fotos, die ihn zeigten, wie er mit den Mächtigen posierte, den Großen, den Guten, den Berühmten und den Berüchtigten. Lächelnde Gesichter, einfach in die Luft gejagt. Ich schoss Löcher in die Objekte von historischer Bedeutung und künstlerischem Wert und es kümmerte mich nicht. Ich zerstörte antike und moderne Möbel und zertrampelte die Stücke unter meinen Füßen, als ich durch den Raum wütete. Der pausenlose Lärm der Waffe in dem beengten Raum war beinahe unerträglich.

Einige Dinge hatten ihre eigenen Schutzmechanismen. Eine übergroße Uhr, deren Zeiger kontinuierlich rückwärtsgingen, wurde unsichtbar, bevor meine Kugel sie erreichte. Ein antikes Runenschwert, das man an der Wand befestigt hatte, begann bedrohlich in einer nichtmenschlichen Sprache zu singen. Meine Kugeln konnten es nicht berühren, also ging ich zum nächsten Stück. Und eine große Steinhand in einer undurchdringlichen Glasvitrine zeigte mir den Mittelfinger. War mir egal. Es gab noch andere tolle Sachen, die ich kaputt machen konnte.