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»Meinen Sie, wir sollten … etwas hier lassen? Als Bezahlung? Sonst fühlt sich das so nach Stehlen an.«

»Für wen sollten wir es zurücklassen?«, fragte Honey. »Es ist niemand mehr da.«

»Das ist wirklich komisch«, sagte Peter aus den Tiefen seines überdimensionalen Pelzmantels. »Als wären alle einfach aufgestanden und gegangen. Vielleicht haben sie ja ein paar Konservendosen dagelassen. Gibt's auch einen Dosenöffner in dieser Rüstung, Drood?«

»Wie können Sie schon wieder Hunger haben?«, fragte Walker. »Sie hatten doch erst vor ein paar Stunden ein Stück wunderbaren, verkohlten Biber.«

»Ich versuche angestrengt, das zu vergessen«, erwiderte Peter. »Hört zu, ich bin so hungrig: Wenn wir jetzt in dieser Stadt auf ein Monster treffen, werde ich es töten, häuten und es komplett aufessen. Nicht unbedingt in dieser Reihenfolge. Ehrlich, wir sollten verdammt schnell ein Monster finden, weil ihr Jungs zunehmend appetitlich ausseht!«

Mit der neuen Wärme kam auch unsere Kraft wieder zurück, und wir gingen hinaus auf die Straße. Eine Richtung schien so gut zu sein wie jede andere. Ich fragte mich immer noch, wonach wir hier suchen sollten, was das besondere Rätsel war, wegen dessen Alexander King uns hergeschickt hatte. »Wonach genau suchen wir eigentlich?«, fragte Walker.

Ich zuckte mit den Achseln, auch wenn man das unter meinem schweren Mantel kaum sehen konnte. »Wenn wir da sind, wo ich denke, dass wir sind, dann sind wir relativ weit von der Gegend entfernt, in der der Tunguska-Meteor eingeschlagen ist. Also nehme ich an, wir sind hier, um herauszufinden, was mit dieser Stadt, X25, passiert ist. Allerdings denke ich im Großen und Ganzen, dass ich meinen Willi lieber in eine Steckdose stecken würde, als das zu tun.«

»Sie haben immer noch nicht richtig erklärt, was das Problem mit dieser Stadt ist«, sagte Walker. »Warum wurde sie hier draußen gebaut, mitten im Nirgendwo? Ich dachte, die Sowjets haben Sibirien nur für ihre Zwangsarbeitslager gebraucht. Was ist hier passiert, Eddie? Wo sind alle?«

»Naja«, sagte ich widerwillig. »X25 war eine aus einer ganzen Reihe von geheimen Wissenschaftsstädten, die alle keinen offiziellen Namen trugen, nur eine Bezeichnung. Keine von ihnen existierte offiziell, höchstens auf sehr geheimen Karten in sehr geheimen Büros. Das Bauprogramm begann in den Fünfzigern, auf der Höhe des Kalten Krieges. Wissenschaftler auf beiden Seiten waren damals Soldaten, ihre Entdeckungen Munition für den Krieg. Die Wissenschaftsstädte wurden mithilfe der Zwangsarbeit der Lagerinsassen gebaut, absichtlich meilenweit von jeder Zivilisation entfernt. Teilweise aus Sicherheitsgründen, teilweise, weil einige der Experimente so extrem waren, dass nicht einmal die sowjetische Bevölkerung davon hätte erfahren dürfen; aber hauptsächlich aus dem Grund, den Schaden einzudämmen, falls einmal etwas so richtig schiefgehen sollte. Besonders, wenn man die ganze Stadt schließen oder zu Staub zerblasen musste, um unter dem Deckel zu halten, was passiert war. Das ist mehr als einmal vorgekommen, wie ich sicher weiß.«

»Also lebten hier nur Wissenschaftler?«, fragte Peter.

»Wissenschaftler und ihre Familien und genug Leute und Infrastruktur, um ihnen das Leben zu ermöglichen«, sagte ich. »Und natürlich Militär, um alle zu überwachen. Die meisten Leute, die hier lebten, wussten wahrscheinlich nicht einmal, welche Schrecken in den streng abgeschiedenen Laboren stattfanden. Neugier war in Sowjetrussland keine geförderte Tugend.«

»Über welche Art von … Experimenten reden wir hier genau?«, fragte Walker.

»Richtig fiese, wenn man den paar Dossiers glauben darf, die ich gelesen habe«, sagte Honey. »Frühe Organtransplantationen, die an Kriminellen und Dissidenten vorgenommen wurde. Ich habe einmal den verstörenden Schwarz-Weiß-Film eines Mannes gesehen, der zwei Köpfe hatte. Beide waren sehr lebendig und bei Bewusstsein. Andere Subjekte wurden Strahlung in verschiedenen Dosierungen ausgesetzt, nur um zu sehen, was dann passierte. Damals war man noch weit von jeglicher Heilung oder Schutz entfernt. Sie brauchten Informationen, um daran zu arbeiten.«

»Dann gab es die chemische Kriegführung«, sagte ich, »sowie die biologische, psychische und übernatürliche: All die verbotenen Waffen des Krieges. Bis hierher reicht die Genfer Konvention nicht. Aber … die Jahre verstrichen und der Druck des Kalten Krieges verstärkte sich, und deshalb nahm die Forschung in diesen komplett verleugneten Städten seltsamere und gefährlichere Formen an. Stadt X17 beispielsweise bekam den Auftrag, Portale in andere Dimensionen zu öffnen. Irgendwie müssen sie dabei Erfolg gehabt haben, denn die Stadt verschwand 1966 plötzlich. Nur ein Krater blieb zurück. X35 spezialisierte sich darauf, aus gewöhnlichen Menschen Supermenschen zu machen. Dabei verwendete man Drogen, Strahlung, Gewebeverpflanzungen und implantierte außerirdische Technologie. Was bei der ganzen Mühe herauskam, war eine Serie von sehr teuren Monstern. Die am Ende ausbrachen. 1985 machte das Militär die ganze Gegend mit einer Thermonuklearbombe platt. Keiner entkam.

X48 produzierte geklonte Duplikate von wichtigen Personen, denen Bomben in den Bauch implantiert waren. Die ultimativen Bomben und die besten unverdächtigen Killer. Mein Onkel James hat das Programm damals, 1973, mit großem Abscheu terminiert.

Aber X25 war … bei Weitem die Schlimmste.«

»Hat deine Familie die Stadt geschlossen?«, fragte Honey plötzlich. »Wart ihr das?«

»Nein«, sagte ich. »Die Sowjets haben hier sehr erfolgreich versteckt, was sie taten, bis es zu spät war. Als wir endlich Gerüchte über das hörten, was sie hier zu erreichen versuchten, war es ihnen bereits um die Ohren geflogen. Alles, was wir noch tun konnten, war, ein paar Agenten zu schicken, die aus sicherer Entfernung alles beobachteten und Gewehr bei Fuß standen, um im Eventualfall alles auszulöschen. Es war nicht nötig, X25 fraß sich selbst.«

»Was zum Teufel haben sie hier gemacht, das so furchtbar war?«, fragte Peter.

»Ja«, fügte Honey hinzu. »Das wüsste ich selber auch gerne, bevor ich noch einen Schritt weitergehe.«

»X25 spezialisierte sich in genetischer Forschung und Manipulation«, sagte ich. »Sie nahmen menschliche DNA auseinander, um herauszufinden, wie sie funktioniert. Grenzwissenschaftliches Zeug, in den frühen Neunzigern. Sie suchten nach Geheimnissen, nach Wundern und Sensationen. Und haben sie gefunden; die armen Teufel.«

Die anderen warteten, aber das war alles, was ich im Moment sagen wollte.

»Wenn ich mich recht erinnere, wurden die meisten dieser Wissenschaftsstädte in den Neunzigern geschlossen oder verlassen«, sagte Honey. »Zu teuer, um sie in den eher nüchternen Tagen der neuen Ordnung zu unterhalten, wo jedem die Wirtschaft um die Ohren flog. Eine Menge Wissenschaftler wurden nicht mehr bezahlt, also stimmten sie mit den Füßen ab und gingen fort. Die Soldaten haben sie nicht aufgehalten, weil sie selbst monatelang nicht bezahlt worden waren. Ein paar Städte überlebten noch eine Weile, weil sie sich gewöhnlicher Forschung zuwandten, mithilfe von freien Unternehmen oder der Mafia, aber zu Beginn des neuen Jahrtausends waren alle diese Orte verlassen und aufgegeben. Teure Relikte aus dem Kalten Krieg, im neuen Machtgefüge so gut wie vergessen. Keiner kümmerte sich mehr darum. Keiner erinnerte sich mehr daran, woran die meisten gearbeitet hatten.«

Sie hielt an und wandte sich mir zu. Peter und Walker taten das auch. Ich seufzte und fuhr widerwillig fort.

»X25. Genetische Forschung und Manipulation. Und nicht die Art, über die du gestolpert bist, Peter. Kein Frankenfood, kein Goldfisch, der im Dunkeln leuchtet, keine Mäuse mit Menschenohren, die aus ihrem Rücken wachsen. Und auch keine außerirdischen Eindringlinge, die sich frei an unserem Genpool bedienen. Nein. Die Wissenschaftler hier waren ausschließlich daran interessiert, die Geheimnisse der menschlichen DNA zu entdecken. Sie ist es, die uns zu dem macht, was wir sind, aber wir kennen das meiste, was sie tut, immer noch nicht. Wozu sie da ist, was sie machen soll. Die sowjetischen Wissenschaftler näherten sich dem Problem in der üblichen direkten und pragmatischen Weise. Sie experimentierten mit Leuten herum. Verbrecher und Dissidenten, Juden und Homosexuelle, jeder, der sich öffentlich äußerte oder einfach nicht vermisst werden würde. Es gab niemals zu wenig Unpersonen in den schlechten alten Tagen Sowjetrusslands. Keiner weiß genau, wie viele Leute in den geheimen Laboratorien von X25 gelitten haben und gestorben sind. Hunderte, Tausende, Hunderttausende … keiner weiß es.«