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Ein Profi. Wie wir.

»Wer weiß denn, dass wir hier sind?«, fragte Honey schließlich. »Wer weiß, wer wir sind? Zum Teufel, selbst wir wussten nicht, dass wir hier sein würden, bis wir dann kamen!«

»Alexander King hat es gewusst«, sagte ich. »Er könnte arrangiert haben, das Gerücht zu verbreiten. Und wir waren ja nicht immer unauffällig. Es war klar, dass wir früher oder später die Aufmerksamkeit von Leuten oder Organisationen auf uns ziehen, selbst von bestimmten Personen mit Einfluss. Verdammt, das ist unheimlich. Ich spioniere Leute aus, ich werde nicht ausspioniert.«

»Benutzen Sie doch Ihre Sicht«, sagte Walker.

»Nein«, sagte ich sofort. »Wenn er so gut ist, wie er selbst glaubt, und er muss wirklich verdammt gut sein, wenn er sich vor mir verstecken kann, dann wird er in dem Moment Bescheid wissen, in dem ich mein Gesicht hebe. Und dann wird er sicher wissen, dass er entdeckt wurde.«

»Er muss das schon wissen, so, wie wir uns benommen haben«, sagte Honey.

»Nein«, sagte ich. »Er vermutet es, aber er weiß es nicht. Und solange er nicht sicher ist, haben wir die Oberhand.«

»Vielleicht«, meinte Walker. »Wer auch immer das ist, er muss denjenigen repräsentieren, der weiß, was hier vor sich geht - oder vor sich gehen wird. Gott, ich hasse Sätze wie diesen. Aber bedenken Sie: Wenn man in einer Kleinstadt irgendetwas Größeres plant und plötzlich fallen einem ein Drood, eine CIA-­Agentin und der Mann auf, der die Nightside beherrscht, die einfach so interessiert herumspazieren und ihre Nase in Dinge stecken - dann wollte man doch mehr darüber wissen, oder?«

»Soll er doch beobachten«, sagte ich. »Soll er uns folgen. Er kann nichts tun, ohne sich selbst zu verraten, und wenn er dumm genug ist, das zu tun, dann werde ich diesen Blödmann an die nächste Wand knallen und ihm ein paar dezidierte Fragen stellen.«

»Klingt nach einem guten Plan«, sagte Honey.

Unsere Aufmerksamkeit richtete sich auf eine kleine Gruppe Touristen, die sich vor einem Schaufenster versammelt hatten. Sie schienen mehr als nur ein wenig aufgeregt. Wir schlenderten hinüber, um uns zu ihnen zu gesellen und bemerkten, dass sie einen Nachrichtenkanal in einem Fernseher sahen, der im Schaufenster stand. Der Sprecher der Lokalnachrichten, ein kleiner Mann in einem zu großen Anzug, mit einer tiefen Stimme und einem deutlich zu sehenden Toupet, las zunehmend aufgeregt eine Geschichte von seinem Teleprompter ab.

»Viehverstümmelungen sind bekannt«, sagte er, und seine Stimme wurde vom Schaufenster nur wenig gedämpft. »Vieh, das ohne erkennbare Todesursache verendet aufgefunden wurde, Vieh mit Verletzungen und vielfachen Schnitten, die mit geradezu chirurgischer Präzision durchgeführt wurden. Es gibt viele Menschen und auch andere, die dieser Taten bereits beschuldigt wurden: Außerirdische, wahnsinnige Wissenschaftler, Regierungsbehörden, die mit allgegenwärtigen schwarzen Helikoptern auftauchen - selbst Teufelsanbeter oder extreme Vegetarier wurden bereits verdächtigt. Aber jetzt haben die Dinge hier in Roswell eine neue und verstörende Wendung genommen.«

Ich sah Honey an. »Schwarze Hubschrauber?«

»Hat nichts mit mir zu tun«, sagte sie. »Viehverstümmelungen sind so völlig unter unserem Niveau. Wir waren nie in irgendetwas verwickelt, das derart eklig und so offensichtlich ist.«

Sie brach ab, als einige Leute in der Menge ihr bedeuteten, still zu sein. Wir alle hörten wieder dem Nachrichtensprecher zu.

»Heute früh wurden sieben tote und verstümmelte Rinder auf der Ranch des bekannten Geschäftsmannes Jim Thomerson aufgefunden, die sich etwa zwanzig Meilen außerhalb von Roswell befindet«, sprach er weiter. »Bei jedem Rind fehlten wichtige Organe, die den Kadavern professionell entnommen worden waren. In der Nähe des verendeten Viehs wurden am Boden Brandspuren vorgefunden. Doch wie die örtlichen Polizeibehörden versicherten, deutet bisher kein Zeichen darauf hin, wie die Angreifer sich dem Tatort nähern oder sich wieder von ihm entfernen konnten. Man sollte glauben, das allein sei verstörend genug, aber die neueste Entwicklung ist nun, dass auch Jim Thomerson selbst tot und verstümmelt in der Nähe seines Viehs aufgefunden wurde. Seine Leiche wurde bereits zu weiteren Untersuchungen in die neue Leichenhalle gebracht, um dort forensisch untersucht zu werden.«

Der Nachrichtensprecher zwang sich ein Lächeln für die Kamera ab. »Sind unsere kleinen, grauen Freunde vielleicht diesmal zu weit gegangen? Wir hoffen, dass wir später in der Lage sein werden, Ihnen aktuelle Tatort-Bilder zeigen zu können. Wir müssen allerdings darauf hinweisen, dass diese Bilder sicher überaus anschaulich sein werden. Ihre Umsicht als Zuschauer wird hier gefragt sein.«

»Übersetzung: Versammelt euch alle um den Bildschirm, das wird klasse!«, meinte Honey. »Ja, weiß schon: schsch.«

Und dann wurde der Bildschirm schwarz. Die vier anderen Fernseher im Fenster, die andere Kanäle gezeigt hatten, allerdings ohne Ton, gingen ebenfalls aus. Die Menge war nervös, teilte sich in Paare und Familien auf und lief aufgeregt miteinander schwatzend auseinander. Walker, Honey und ich sahen einander an.

»Das war seltsam«, meinte Honey. »Alle Lokalsender beenden ihr Programm gleichzeitig? Wenn das nur ein technischer Fehler war, dann würden die Sender die üblichen Variationen von Bitte entschuldigten Sie die Störung, wir sind bald wieder auf Sendung zeigen, zusammen mit einer Menge vonDon't worry, Be happy-Musik. Nein, diese Übertragungen werden gestört, genau wie unsere. Was mit anderen Worten heißt, dass das eine Menge Energie kostet. Jemand will nicht, dass diese Nachrichten Roswell verlassen.«

»Also sind es nicht nur unsere Kommunikationswege, die torpediert wurden«, sagte ich. »Die ganze Stadt wurde von der Außenwelt abgeschnitten. Isoliert. Also, was auch immer passieren wird - oder auch schon angefangen hat, keiner wird davon erfahren, bis es vorbei und zu spät ist, um irgendwas zu unternehmen.«

»Selbst wenn das so ist - Viehverstümmelung?«, meinte Walker. »Das sind doch nur urbane Legenden, oder?«

»Nicht, wenn es um Menschen geht«, sagte ich. »Ich glaube, wir müssen annehmen, dass wir uns um dieses Rätsel kümmern sollen.«

»King wusste also, dass das passieren würde?«, fragte Walker.

»Wer sonst?«, fragte Honey zurück. »Der Mann hatte und hat die besten Verbindungen.«

»Der Leichnam des Farmers dürfte bereits in die Stadt gebracht worden sein«, sagte Walker. »Ich glaube, es steht uns gut an, wenn wir dieses neue Leichenschauhaus aufsuchen und selbst in Augenschein nehmen.«

»Ich liebe es, wenn Sie Worte wie ›gut anstehen‹ verwenden«, sagte ich. »Oh bitte, Walker, bringen Sie mir bei, so korrekt zu sprechen wie Sie, damit ich wie ein echter Agent klinge!«

»Seien Sie still, Eddie«, sagte Walker.

»Wir können gehen und einen Blick darauf werfen«, meinte Honey. »Und dann können Sie dafür sorgen, dass dieser arme Kerl sich auf seinem Seziertisch hinsetzt und uns erzählt, was passiert ist. Richtig, Walker?«

»Das war nur das eine Mal!«, sagte Walker. »Ich wünschte wirklich, alle würden aufhören, davon zu reden!«

»Irgendeine Idee, wo sich die örtliche Leichenhalle befinden könnte?«, fragte ich. »Man kann ja als Wildfremder nicht einfach hingehen und danach fragen. Dann wird man in der Regel schräg angeschaut.«

»Vielleicht sollten wir nach einem Gesetzeshüter Ausschau halten«, schlug Walker vor.