»Die Herren des Generalkommandos würden dem Aufbau einer solchen Privatarmee nicht gleichgültig oder tatenlos zusehen«, sagte Dugel.
Feric lächelte. »Ich zweifle nicht einen Augenblick am fanatischen Patriotismus unserer Berufsoffiziere«, erwiderte er. »Wir kämpfen für dieselbe Sache, die der Armee am Herzen liegt, und es sollen Wege gefunden werden, um das Generalkommando davon zu überzeugen. Ihre eigene Erfahrung und Ihre Kenntnisse auf diesem Gebiet werden sich ohne Zweifel als unschätzbar wertvoll erweisen.«
Dugels Besorgnis schien ein wenig zerstreut, obwohl eine gewisse Skepsis in seiner Miene zurückblieb. Was die anderen anging, so hatte Haulmann überhaupt keine Reaktion gezeigt, während die beiden Parteiredner Bluth und Decker in stummer Ablehnung verharrten; Parmerob und Marker schienen beeindruckt und sogar enthusiastisch, Bogel war natürlich in absoluter Loyalität auf seiner Seite, und Stopa hing in unbedingter Ergebenheit an seiner Person. Wie die Dinge standen, könnte er mit Leichtigkeit alle feindseligen Elemente aus dem Parteivorstand entfernen, wenn er es wollte; es würde aber besser aussehen, wenn er die Ablehnenden und Schwankenden überzeugte und für sich gewänne.
Als keiner sich zu Wort meldete, fuhr Feric fort: »Als nächstes möchte ich mit Ihnen über die Organisation unserer ersten Massendemonstration beraten.«
Aber an diesem Punkt ergriff Heermark Bluth mit lauter kriegerischer Stimme das Wort. »Wie steht es mit der Frage der Führerschaft?« verlangte er zu wissen. »Wir haben darüber nicht abgestimmt. Seph Bogel ist gegenwärtig unser Generalsekretär und gewählter Vorsitzender; Sie, Rechtmann Jaggar, haben überhaupt kein Parteiamt.«
»Ich bin auf der Stelle bereit, von den Ämtern des Vorsitzenden und des Generalsekretärs zugunsten von Feric Jaggar zurückzutreten«, sagte Bogel. »Ich würde mich mit der Funktion eines geschäftsführenden Vorsitzenden unter seiner Führung zufriedengeben.«
»Wir haben Jaggar noch nicht zu unserem Parteiführer gewählt«, beharrte Bluth. »Ich verlange eine Abstimmung.«
Feric überlegte. Bogel, Parmerob und Marker würden unzweifelhaft für ihn stimmen; Bluth und Decker würden wahrscheinlich gegen ihn stimmen; die Positionen von Haulmann und Dugel waren schwierig einzuschätzen, obwohl er meinte, sich im Notfall wahrscheinlich auf den pensionierten Brigadegeneral verlassen zu können. Überdies war er entschlossen, eine Stimme für sich selbst zu beanspruchen, und was das anging, auch für Stopa. Er konnte eine Abstimmung nicht verlieren.
Nichtsdestoweniger würde er ein gewisses Maß von absoluter Autorität einbüßen, wenn er dem Parteivorstand erlaubte, ihn zum Vorsitzenden zu wählen, und zuzulassen, daß ein solches Abstimmungsergebnis weniger als einstimmig zustande käme, würde verhängnisvoll sein. Er mußte durch unangreifbares Recht führen, nicht durch die Erlaubnis eines Rates von Notabein.
»Sie werden den Titel des Generalsekretärs behalten, Bogel«, sagte er. »Er paßt besser zu Ihrem Stil als dem meinigen. Was mich betrifft, so gebe ich mich damit zufrieden, einfach als Führer bekannt zu sein.«
Die Herausforderung lag auf der Hand: Feric beanspruchte den Titel eines Führers der Söhne des Hakenkreuzes und alles, was das einschloß, kraft eines höheren Rechts, nicht durch Wahl. Bluth geriet in heftige Erregung, und auch Decker schien zu schäumen. Bogel, Marker, Parmerob und Stopa waren offensichtlich einverstanden, während Haulmann seine Position noch immer nicht verriet, und Sigmark Dugel schien zumindest von der Idee absoluter Führerschaft beeindruckt.
Endlich stellte Decker die Frage, auf die Feric gewartet hatte: »Kraft welchen Rechts beanspruchen Sie die Führerschaft der Partei, ohne sich einer Wahl zu stellen?«
Wieder stand Feric auf, die Rechte wie zufällig auf dem Griff des Großen Knüppels von Held. Ein Windstoß blies durch die offenen Flügel der Balkontür hinter Feric in den Raum und brachte die Fackelbrände entlang den Wänden in heftig flakkernde Bewegung. Der Abendhimmel hinter ihm war von einem tiefen Blaugrau, gestreift mit Rot und Orange, und die große Zentralebene von Heldon lag jenseits der Bastionen des Waldes ausgebreitet vor ihnen. Eingerahmt von diesem eindrucksvollen Fernblick und beleuchtet vom flackernden Fackelschein, die Hand auf dem mythischen Reichszepter, schien Feric die Inkarnation des legendären Helden aus ferner Vergangenheit, und selbst Bluth und Decker konnten nicht umhin, etwas davon zu spüren.
»Wer diesen Großen Knüppel des Gründers Stal Held tragen kann, ist kraft genetischen Rechts der wahre Herrscher über ganz Heldon; dieses Recht ist älter und geht viel tiefer als jeder Beschluß und jede Satzung einer Partei oder eines Rates«, sagte Feric. »Ist jemand unter Ihnen, der glaubt, daß der Große Knüppel von Held von Rechts wegen ihm zukomme?«
Alle schwiegen eingeschüchtert.
Langsam schloß Feric seine Hand um den Griff des Stahlkommandeurs. Dann schwang er den Großen Knüppel mit einer mühelosen Bewegung empor und hielt ihn hoch über seinen Kopf.
Darauf ließ er ihn auf die schwere eichene Tischplatte niedersausen, zerschmetterte sie zu Splittern.
Bluth war der erste, der aufsprang, den rechten Arm gegen Feric ausstreckte und rief: »Heil Jaggar!«
6
Eine gewaltige Kolonne brauste über die Ebene, den Vororten von Walder entgegen. Ihre schneidige Disziplin, ihre Farbigkeit und das Motorengebrüll, das sie begleitete, waren dazu angetan, dem Betrachter das Herz höher schlagen zu lassen: zwei lange Reihen Motorräder donnerten mit achtzig Stundenkilometern im Gefolge eines eleganten schwarzen Motorwagens. Verschwunden war der barbarische Aufputz der Schwarzen Rächer, ersetzt durch die elegant geschnittene braune Lederuniform der Ritter des Hakenkreuzes, vervollständigt durch spitze Waldläufermützen mit Bronzemedaillons des neuen Parteiabzeichens: einem Adler, der ein Hakenkreuzschild in den Fängen hielt. Hinter jedem der Fahrer bauschte sich ein roter Umhang, geschmückt mit einem kühnen schwarzen Hakenkreuz in weißem Kreis; dies wiederholte sich auf der roten Armbinde, die jeder am Ärmel trug. Umhänge und Armbinden waren Miniaturen der vier riesigen roten, schwarzen und weißen Parteiflaggen, deren Stangen an den Rahmen der Motorräder befestigt waren. Diese im Fahrtwind knatternden Flaggen waren beherrscht von den schwarzweißen Hakenkreuzemblemen in ihrer Mitte und überragt von dem bronzenen Parteischild auf den Spitzen der Fahnenstangen. Auch die Motorräder waren nach einem einheitlichen Plan umgestaltet worden: die Rahmen waren jetzt leuchtendrot, die Treibstofftanks trugen Farbe und Zeichen der Parteiflagge, und die verchromten Heckflossen hatten die Gestalt stilisierter Blitze. Feric hatte die Gesamtwirkung darauf angelegt, daß sie den Geist und das Auge eines jeden wahren Helder aufrütteln und fesseln sollte.
Der schwarze Motorwagen war bis auf zwei kleine Parteistander auf den vorderen Kotflügeln schmucklos. Im Fahrerhaus saßen zwei uniformierte Ritter des Hakenkreuzes: ein Fahrer auf dem linken Platz, und neben ihm, um der Symmetrie willen, ein Begleiter. Auf den vorderen Plätzen des Fonds, dessen Faltdach zurückgeschlagen war, saßen Seph Bogel und Sigmark Dugel. Hinter ihnen, auf einem etwas erhöhten Sitz, thronte Feric. Die drei waren in die Uniformen gekleidet, die Feric für die Elite der Partei entworfen hatte. Sie war aus schwarzem Leder, eng anliegend geschnitten, mit verchromten Knöpfen, und wurde mit roten Halstüchern getragen, die von schwarzweißen Hakenkreuzspangen zusammengefaßt wurden. Armbinden und Umhänge waren vom gleichen Schnitt wie diejenigen der Ritter des Hakenkreuzes, aber die schwarzen Mützen waren schmaler geformt, mit einer Silberborte um den Schirm und dem Parteiwappen in Silber, mit schwarz ausgeätztem Hakenkreuz.