Выбрать главу

Als die Motorwagen der Ratsmitglieder am Haupteingang des Staatspalastes vorfuhren, war die Bühne bereitet für einen wahrhaft historischen Augenblick. Die erste Versammlung eines neugewählten Nationalrates war immer ein Ereignis von größter Bedeutung, aber diese besondere erste Versammlung sollte die erste direkte Konfrontation des abgewirtschafteten alten Systems mit dem Helden des heraufkommenden Neuen Zeitalters bringen. Es war kaum eine Übertreibung zu sagen, daß die Bevölkerung von Heldon den Atem anhielt.

9

Der Palast selbst war ein geeigneter Rahmen für ein solches Drama: ein eindrucksvolles Bauwerk aus schwarzem Marmor, an der Frontseite verziert mit vier riesigen Basreliefs aus Bronze, die große Schlachten in der Geschichte Heldons darstellten. Der Haupteingang ging auf den Heldon Boulevard und war von diesem durch eine breite Rasenfläche mit kunstvoll angelegten Baumgruppen und Gebüschen getrennt. Eine lange, gebogene Auffahrt zog sich anmutig die sanfte Steigung der Grünanlage zum Säulenvorbau hinauf, um dann in einer ähnlichen Kurve wieder zum Boulevard hinabzuführen, wo sich eine große Menschenmenge auf dem Gehsteig versammelt hatte. Eine Kette von Soldaten in feldgrauen Uniformen und mattierten Stahlhelmen hinderte die Schaulustigen am Betreten des Palastgeländes.

Die ziemlich einfachen Wagen der Ratsmitglieder trafen einer nach dem anderen ein, begleitet von einer Ehreneskorte der Armee auf Motorrädern. Die ebenso unauffällig aussehenden Politiker stiegen aus und verschwanden im Gebäude, bis alle außer Feric eingetroffen waren. Die dramatische Spannung unter den Zuschauern auf dem Boulevard wie auch unter dem Publikum, das das Geschehen vor den Fernsehempfängern auf den öffentlichen Plätzen des Landes verfolgte, näherte sich einem Höhepunkt, als alle des Auftritts von Feric Jaggar harrten.

Endlich war das Donnern zahlreicher Motorräder zu hören, die mit hoher Geschwindigkeit den Boulevard zum Palast des Staates heraufkamen, und einen Augenblick später erschien Ferics blitzender schwarzer Kommandowagen hinter einer Motorradabteilung von zehn SS-Männern, prachtvoll anzusehen in ihren schwarzen Lederuniformen und den roten Hakenkreuzumhängen. Die zwei vordersten Fahrer hielten zwei Parteistandarten. Feric selbst, eine großartige Gestalt in seiner schwarzen und scharlachroten Uniform, von deren blanken Knöpfen die Nachmittagssonne blitzte, stand aufrecht im Fond des offenen Wagens, die linke Hand an der Lehne des Sitzes vor ihm.

Als der Konvoi vom Boulevard in die Zufahrt einbog, brachen die guten Leute auf dem Trottoir in spontane Heilrufe aus und erwiesen ihm den Parteigruß mit ausgestrecktem Arm. Dieser Jubel dauerte an, bis der Kommandowagen den Säulenvorbau erreicht hatte. Feric erwiderte den Gruß mit erhobenem Arm, bis der Wagen zum Stillstand gekommen war.

Die Motorradeskorte saß ab, als Feric aus dem Wagen stieg, und während sechs der Männer in strammer Haltung vor den Marmorstufen blieben, sehr zum Unbehagen der Armeefunktionäre, gingen die beiden Standartenträger vor Feric die Stufen hinauf, während die letzten zwei SS-Leute eine Ehrenwache hinter ihm bildeten. Unmittelbar vor dem Betreten des Gebäudes machte Feric halt, beschrieb eine zackige Kehrtwendung und begünstigte die Zuschauermenge mit einem weiteren Parteigruß. Zum antwortenden Gebrüll von »Heil Jaggar! Heil Jaggar!« betraten Feric und seine Eskorte dann den Palast des Staates.

Feric marschierte durch eine lange Halle mit weißen Marmorwänden, einem Boden aus schwarzen, weißen und roten Fliesen und einer üppig bemalten Decke zu einer riesenhaften, mit reichem Schnitzwerk und Bronze bedeckten Flügeltür, die zu beiden Seiten von Soldaten der regulären Armee bewacht wurde. Die eisenbeschlagenen Stiefelabsätze der SS-Ehrenwache schlugen einen forschen, kriegerischen Rhythmus auf den schimmernden Fliesenboden, als die Truppe sich diesen Ehrenwachen näherte. Die Standartenträger kamen hackenknallend vor den Soldaten zum Stillstand, stießen die Stangen ihrer Standarten auf den Boden und entboten den Wächtern den Parteigruß und ein herzhaftes »Heil Jaggar!« Feric verhielt einen Moment lang hinter diesen erlesenen SS-Männern, während die zwei Soldaten, hinund hergerissen zwischen ihrer natürlichen Neigung, den Gruß zu erwidern, und ihren kleinmütigen Befehlen, aus Verwirrung zögerten. Schließlich gaben sie sich damit zufrieden, die Türflügel zu öffnen, und Feric, angekündigt von seinen Standartenträgern und gefolgt von zwei anderen SS-Wachen, marschierte in den Sitzungssaal.

Dieser war eine kleine Rotunde mit hoher Kuppel, in deren Mitte ein großer Tisch aus glänzend poliertem Ebenholz stand, eingelegt mit Ornamenten aus weißem Elfenbein und rotem Rosenholz. Neun Lehnstühle in passendem Stil waren gleichmäßig um den Tisch verteilt; alle bis auf einen waren besetzt von wahrhaft widerlichen Gestalten. Diese verhielten sich wie Wanzen, die plötzlich dem Tageslicht ausgesetzt werden, als Feric und seine Wachen in den Raum marschierten, rückten unbehaglich auf ihren Plätzen und stellten offen eine unmännliche Bestürzung zur Schau. Umgeben von seiner Ehrenwache, marschierte Feric zu dem leeren Stuhl und setzte sich, während die vier SS-Leute hinter seinem Platz hackenknallend Haltung annahmen, salutierten und brüllten: »Heil Jaggar!«

»Entfernen Sie Ihre Raufbolde unverzüglich aus dem Sitzungssaal«, keuchte ein triefäugiger alter Mann, in welchem Feric Larus Krall erkannte, den senilen Führer der Liberalen.

»Im Gegenteil«, erwiderte Feric. »Die SS-Elite wird zur rechten Zeit Ihre nutzlosen Kadaver aus diesem Etablissement werfen.« »Es gibt keinen Präzedenzfall für private Leibwächter in diesem Sitzungssaal, Rechtmann Jaggar«, winselte ein geckenhaftes Individuum in auffallender blaugoldener Kleidung. Das war Rossback, einer der drei Traditionalisten, ein widerwärtiger Kretin.

»Ich habe diesem Mangel jetzt abgeholfen«, erwiderte Feric trocken.

»Ich verlange, daß Sie Ihre Männer sofort entfernen!« beharrte Guilder, ein notorischer Speichellecker von Krall.

»Wir müssen über diese Frage abstimmen«, nuschelte Lorst Gelbart, der Universalist. Dieser war ein wahrhaft abstoßender Haufen Protoplasma, aber wenn er den Mund öffnete, um Wind zu machen, zeigten die anderen Lumpen eine seltsame Ehrerbietung, verstummten sofort und lauschten Gelbarts Worten mit gespannter Aufmerksamkeit. Und kein Wunder, denn es bedurfte nur eines raschen Blicks von Ferics erfahrenem Auge, um zu erkennen, daß dieser Gelbart mit seinem fettigen schwarzen Haar, der fleischigen Nase und den schwarzglänzenden, unsteten Augen tatsächlich ein Dominator war! Seine grobporige, teigige, ungewaschene Haut dünstete es förmlich aus. Wenn die niederträchtige Kreatur den Nationalrat noch nicht völlig in ein Dominanzmuster verstrickt hatte, dann war es offensichtlich nur noch eine Frage der Zeit, und nicht von langer Zeit, wie die Dinge sich darstellten!

Daher war es sinnlos, mit Nettigkeiten Zeit zu verlieren. »Ich bin nicht zu dieser Sitzung gekommen, um Scherze auszutauschen oder um Fragen des Protokolls zu feilschen, so sehr ein solcher Zeitvertreib auch nach dem Geschmack von Leuten wie Ihnen sein mag«, sagte Feric mit klarer Stimme und richtete seinen geringschätzigen Blick nacheinander auf jeden der menschlichen Nationalräte, so daß kein Zweifel an seiner Verachtung für sie aufkommen konnte. Als seine Augen Gelbarts unstetem Blick begegneten, schien es einen seltsamen Augenblick beiderseitigen Erkennens zu geben, obgleich der stinkende Dom klug genug war, daß er keinen Versuch machte, Feric in sein psychisches Netz zu ziehen.

»Ich bin hier, um das Grundsatzprogramm der Söhne des Hakenkreuzes vorzulegen und seine völlige und sofortige Verwirklichung zu verlangen«, fuhr Feric fort. »Der Wille des Volkes verlangt es.«

Natürlich blieb den alten Windbeuteln der Mund offenstehen, als sie diese unverblümte Erklärung vernahmen, und sie schnappten nach Luft wie Fische auf dem Trockenen. Nur Gelbart wahrte seinen inhuman kalten Ausdruck, ohne eine Miene zu verziehen. Ohne die impotenten stummen Proteste zu beachten, zählte Feric die grundsätzlichen Forderungen der Partei auf.