Hinter den Panzern kamen Motorradabteilungen der SS mit den neueingeführten Beiwagenmaschinen, und dann ähnliche Abteilungen der regulären Armee, ein eindrucksvolles Schauspiel von Macht und gezügelter Geschwindigkeit. Auf jeden der Beiwagen war ein Maschinengewehr montiert, und das tiefe Grollen der ungezählten Maschinen war ein Schlachtruf, der die Erde erzittern machte.
Nach den Motorrädern rollte eine Gruppe schneller Lastwagen für den Truppentransport vorüber. Der Schlüssel zu der neuartigen Armee, die Feric aufbaute, war Feuerkraft und Geschwindigkeit. Eine Armee, welche die Fähigkeit hatte, eine überwältigende Feuerkraft gegen ein gegebenes Ziel einzusetzen, bevor der Feind reagieren konnte, würde imstande sein, einen zahlenmäßig zehnfach überlegenen Gegner zu zerschlagen.
Auf die Lastwagen folgte eine große Formation marschierender SS-Truppen, dann die zweite Formation regulärer Infanterie, die den Abschluß der Parade bildete. Als die ersten Reihen dieser feldgrauen Männer im Parademarsch an der Tribüne vorbeizogen, sah Feric einen SS-Hauptmann aufgeregt die Treppe heraufspringen und Remler einige kurze Worte zuraunen. Sofort verließ Remler seinen Platz auf der Tribüne, trat zu Feric und salutierte.
»Nun, Remler, was gibt es?« fragte Feric, das Gesicht der paradierenden Truppe zugewandt, den ausgestreckten Arm zum Gruß erhoben.
»Mein Führer, die Horden von Zind haben die Grenze nach Wolack überschritten. Sie überschwemmen die östlichen Teile dieses Landes mit unwiderstehlicher Macht.«
Obwohl diese Nachricht Feric bis ins Innerste traf, zeigte er nicht die geringste Reaktion. Nicht das leiseste Zittern ging durch seine ausgestreckte Hand. Er war sich bewußt, daß alles andere als eisige Ruhe bei einem öffentlichen Anlaß wie diesem verhängnisvoll für die Autorität der Führerschaft sein würde. Er zog Waffing und Remler näher zu sich und ließ den SS-Hauptmann von rückwärts herantreten, wobei die Menschenmenge unter ihnen durch kein äußeres Zeichen auf die Vorgänge aufmerksam gemacht wurde.
»Wie ist die gegenwärtige Situation, Hauptmann?« fragte Feric.
»Mein Führer, nach den letzten Meldungen stehen die Vorhuten einer starken, von Zind eingedrungenen Armee nur noch fünf Tagesmärsche vor Lumb.«
»Wenn sie erst die Hauptstadt überrennen, wird es zwischen ihnen und unseren Grenzen keinen Widerstand mehr geben«, sagte Waffing. »In neun Tagen können sie auf uns sein. Wir sollten unsere Grenze zu Wolack augenblicklich mit unseren besten SS-Einheiten besetzen und die Horden von Zind dort abwehren, bis unsere neuen Armeen bereit sind.«
Nach Ferics Kenntnis waren die westlichen Teile von Wolack ausgezeichnetes, unverseuchtes Bauernland, das nach heldonischer Besiedlung und Kolonisation geradezu verlangte. Daß solches, von Rechts wegen Heldon zustehendes Territorium von Kreaturen wie den Wolacken bewohnt wurde, war schlimm genug; dem Eiter von Zind zu erlauben, ein solches Land zu überschwemmen, war für einen wahren Patrioten undenkbar, ganz abgesehen von der militärischen Bedrohung, die eine solche Besetzung durch Zind darstellen würde.
»Es kommt nicht in Frage, daß wir eine defensive Haltung einnehmen, während Wolack von Zind überrannt wird«, erklärte Feric mit Entschiedenheit. »Wir müssen angreifen, sofort, mit überraschender Schnelligkeit und erdrückender Kraft.«
»Aber mein Führer, wir sind noch nicht bereit, gegen Zind zu kämpfen; in einem halben Jahr ...«
»Meine Entscheidung steht fest, Waffing!« erwiderte Feric. »Wir können Zind einfach nicht erlauben, in Wolack einzumarschieren, ohne auf Widerstand zu stoßen. Wir werden sofort angreifen, mit allem, was wir haben.«
Sechsunddreißig Stunden später stand eine heldonische Armee an der Grenze, bereit, in das westliche Wolack einzudringen. Feric hatte die besten Divisionen der Armee und SS aufgeboten und beabsichtigte, sie selbst in den Kampf zu führen. Da der Schlüssel zur Situation Überrumpelung des Gegners durch konzentrierte Feuerkraft und überlegene Geschwindigkeit war, hatte Feric eine vollständig motorisierte Streitmacht versammelt und in zwei Kolonnen geteilt.
Lar Waffing führte das aus zwei Divisionen motorisierter Infanterie bestehende Heereskontingent. Es war in sämtliche Motorlastwagen gepackt, die Heldon aufbieten konnte, und wurde von einer dreitausend Mann starken Motorradtruppe sowie zwanzig der riesigen Dampfpanzerwagen eskortiert. Diese Streitmacht sollte gerade durch die westlichen Teile Wolacks vorrücken und den Vorhuten der Horde von Zind irgendwo in der Nähe der Hauptstadt Lumb am Westufer des Flusses Roul entgegentreten. Wegen ihrer hoffnungslosen zahlenmäßigen Unterlegenheit würden Waffings Truppen kaum eine Möglichkeit haben, das Gros der Angreifer aus eigener Kraft aufzuhalten.
Feric jedoch, mit dem treuen Best an seiner Seite, würde eine motorisierte Division der besten SS-Sturmtruppen, verstärkt durch einige Dutzend der neuen schnellen Panzer, in einem weiten Flankenmanöver nach Nordosten führen. Wenn alles planmäßig verlief, würde Ferics Streitmacht die östlich des Roul stehenden Streitkräfte Zinds überraschend im Rücken fassen, während die schwerfällige Hauptmasse der feindlichen Armee im Begriff wäre, den Fluß auf einer vergleichsweise schmalen Brücke zu überschreiten. Der Plan erforderte, daß die SS-Truppen in kürzester Zeit Streitkräfte vernichteten, die ihnen zahlenmäßig hundert zu eins überlegen waren, aber der Überraschungseffekt würde die Chancen verbessern, und die qualitative Überlegenheit der SS, angefeuert von dem inspirierenden Bewußtsein, daß ihr Oberkommandierender an der Spitze der Angriffskolonne focht, sollte den Ausschlag geben.
Eine wäßrige Morgensonne schien matt vom bleigrau überzogenen Himmel, als Feric in seinem Befehlswagen an der Spitze der SS-Division saß und beobachtete, wie seine Uhr die letzten Sekunden zur Stunde Null abtickte.
Best saß neben ihm, das Gesicht in jugendlicher Erregung gerötet.
»Meinen Sie, die Wolacken werden unserem Vorstoß Widerstand leisten?« fragte er.
»Ich rechne kaum damit, Best«, versetzte Feric. »Die wolackische Armee ist ohnehin nichts als ein Mutantengesindel, und wie ich die Lage beurteile, hat sie im Osten alle Hände voll zu tun.«
Da es nichtsdestoweniger auf Schnelligkeit ankam, empfahl es sich, mögliche Widerstandslinien in kürzester Zeit zu durchbrechen. Geschützbatterien, die fünf Kilometer vor der Grenze in einer Senke aufgefahren waren, würden die wolackischen Grenzbefestigungen pulverisieren, bevor die motorisierten Streitkräfte sie erreichten. Weiterer Widerstand im Landesinneren mußte von Fall zu Fall zerschlagen werden. Erst wenn ganz Wolack in Panik und Verwirrung gestürzt wäre, unfähig zu organisiertem Widerstand, würde Feric seine verstärkte SS-Division nach Nordosten führen können.
Hinter Feric und Best war die hundertköpfige SS-Leibstandarte kampfbereit auf fünfzig Beiwagenmaschinen, bewaffnet mit Maschinengewehren und Knüppeln. Hinter dieser Leibwache warteten die Panzer, die vom Rest der Motorradabteilungen begleitet wurden. Ihnen schloß sich die auf Lastwagen verladene SS-Division an. Waffings Streitmacht stand einige hundert Kilometer weiter südlich und sollte gleichzeitig losschlagen.
»Ein großartiges Schauspiel!« sagte Feric und ließ den Blick über die hinter ihm wartende Fahrzeugkolonne schweifen.
Best nickte. »Ehe die Woche um ist, werden die Dominatoren einen Vorgeschmack von der Macht des Hakenkreuzes bekommen, mein Führer!« antwortete er.