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»Fünfundachtzig Prozent der Abgewiesenen ziehen die Sterilisierung dem Exil vor«, wisperte Remler.

Ein seltsames Zusammenwirken von Freude und Traurigkeit beengte Ferics Brust, denn in den Abgewiesenen, die einer nach dem anderen in stoischer Ergebenheit durch die rechte Tür gingen, um sich ihrer Fortpflanzungsfähigkeit berauben zu lassen, hatte er den letzten und höchsten Beweis der Rechtmäßigkeit seiner Sache vor Augen.

Feldmarschall Lar Waffing erhob sich ein wenig schwerfällig, blickte auf die große Übersichtskarte hinter Ferics erhöhtem Platz, nickte den im Lagerraum des Generalkommandos versammelten Generälen zu, richtete den Blick auf Feric und erstattete seinen Bericht.

»Mein Führer, es ist mir eine Ehre und ein Vergnügen, Ihnen zu melden, daß die Erneuerung und der Ausbau der Armee nunmehr als abgeschlossen betrachtet werden können. Unsere Streitkräfte verfügen über dreihundert Panzer und mehrere Dutzend weitere verlassen wöchentlich die neuen Rüstungswerke. Wir besitzen über zweihundert Jagdflugzeuge und Stukas, und auch hier kommen wöchentlich neue Maschinen aus der Serienfertigung hinzu. Die Ausbildung der neuen Rekruten ist abgeschlossen, die Engpässe in der Aufstellung geeigneter Kader der unteren Führung sind behoben, und ich bin stolz darauf, melden zu können, daß wir mehr als sechshunderttausend Mann unter Waffen haben. Die Munitionsversorgung ist gesichert, und wir haben genug Treibstoffvorräte für einen Monat motorisierter Kriegführung. Die Wissenschaftler in den Entwicklungslaboratorien der Rüstungswerke sind dabei, Lenkraketen und viele andere Waffen der Alten neu zu konstruieren.

Mit einem Wort, mein Führer, Sie haben jetzt eine Streitmacht zu Ihrer Verfügung, die nur Ihre Befehle erwartet, um in Aktion zu treten!«

»Gut gemacht, Waffing«, sagte Feric anerkennend, als der Feldmarschall sich wieder setzte. Armee und SS brauchen nur Aktion, um ihre Kampfkraft zu stählen. Die einzige Frage war jetzt, wo und wie.

»Meinen Sie, daß wir schon bereit sind, Zind auszulöschen, Waffing?« fragte er.

Waffing dachte eine Weile nach. »Ich zweifle nicht daran, daß wir Zind besiegen könnten, wenn wir jetzt angriffen«, sagte er. »Aber der Krieg würde lang und schwierig sein. Geben Sie uns sechs Monate, und unsere Armee wird noch um einiges größer und stärker sein. Vor allem aber werden wir bis dahin über Tausende von Panzern und Flugzeugen verfügen, und die Geschwindigkeit unseres Vormarsches durch Zind wird hauptsächlich von den Marschleistungen unserer Panzer bestimmt werden. Dann können wir den Gegner in einem Blitzkrieg niederwerfen.«

Feric überdachte diese Einschätzung der Lage. Es würde sicherlich besser sein, einige Monate zu warten, bis die Armee ihre volle vorgesehene Stärke erreicht und ihre Ausrüstung ebenso wie den Ausbildungsstand weiter verbessert hätte, bevor sie zum entscheidenden Schlag gegen Zind ausholte. Auf der anderen Seite brauchte die neugeschaffene Armee Aktion, um sich zu beweisen und Selbstvertrauen zu gewinnen.

»Würde es möglich sein, daß Zind uns innerhalb der nächsten sechs Wochen angreift?« fragte er.

»Kaum«, erwiderte Waffing. »Seine Logistik ist sehr schwerfällig. Wir würden von einem solchen Angriff lange im voraus unterrichtet sein. Zur Zeit sind keine derartigen Vorbereitungen im Gange.«

Feric stand auf. Er hatte seinen Entschluß gefaßt. Er verließ seinen Platz, trat an die große Übersichskarte und richtete das Wort an die versammelte Generalität.

»Innerhalb von zwei Wochen werden wir marschieren. Eine Heeresgruppe wird durch Borgravia vorgehen, Gormond nehmen und westwärts nach Vetonia vorstoßen. Zur gleichen Zeit wird eine zweite Heeresgruppe weiter nördlich durch Feder nach Vetonia vordringen. Diese Heeresgruppe Nord wird sich bei der Hauptstadt Vetonias mit der Heeresgruppe Süd vereinigen. Beide Heeresgruppen werden dann auf breiter Front gegen Husak vorgehen, allen Widerstand brechen und die Reste der feindlichen Streitkräfte in die westlichen Wildnisse treiben, um sie dort dem Untergang zu überlassen. Während dieser Operationen wird die Luftwaffe jede Lehmhütte in Cressia, Arbona und Karmak dem Erdboden gleichmachen und das Ungeziefer in die südlichen Ödländer jagen. Auf diese Weise werden wir uns für die endgültige Auseinandersetzung mit Zind den Rücken freihalten. Ich würde enttäuscht sein, wenn diese gesamte Operation länger als einen Monat dauern sollte.«

Die alten Generäle waren sprachlos ob der Kühnheit dieses Planes; Waffing aber schlug mit der Faust auf den Tisch und blickte strahlend in die Runde. »Sollten die Operationen länger dauern als einen Monat, mein Führer«, erklärte er, »so werde ich mich selbst zum Rang eines gemeinen Soldaten degradieren und mich eigenhändig wegen Hochverrats hinrichten.«

Feric schmunzelte gutmütig über das komische Talent seines treuen Feldmarschalls; auch Waffing konnte nicht länger an sich halten und brach in Gelächter aus. Augenblicke später schlossen sich sogar die sauertöpfischen alten Generäle der allgemeinen Heiterkeit an.

Feric aber verstand, daß eben derselbe Geist, der Waffing dazu brachte, ein so extremes Gelöbnis abzulegen, ihn veranlassen würde, es in dem unvorstellbaren Fall, daß solche Sühne notwendig werden sollte, auch einzulösen. Es war in der Tat eine Ehre für ihn, solche heldenhaften Männer zu befehligen!

Als die Mitternachts stunde heranrückte, setzte sich Feric Jaggar auf den Beobachterplatz des Führungspanzers der heldonischen Panzerspitze. Ludolf Best hatte den Fahrersitz neben ihm eingenommen. Dieser Feldzug versprach im wesentlichen ein Wettlauf mit der Zeit zu werden, weil die borgravische Armee als Gegner kaum in Betracht kam. Die von Feric geführte Vorhut der Heeresgruppe Süd war am südöstlichen Rand des Smaragdwaldes zusammengezogen und bestand aus einhundertfünfzig Panzern. Im Verein mit der verheerenden Zerstörungskraft von hundert Sturzkampfbombern, die um diese Stunde zum Angriff auf die borgravische Hauptstadt starteten, genügten die Panzer dieser Vorhut, um allen organisierten Widerstand in Borgravia innerhalb weniger Stunden zu brechen. Die nachfolgenden Verbände der Heeresgruppe, die überwiegend aus motorisierter Infanterie und SS bestanden, brauchten nur noch Säuberungsaktionen durchzuführen, und zu dem Zeitpunkt, da die Panzerspitzen nach dem Feldzugsplan die Grenze Vetonias erreichen sollten, würde Remler im Hinterland bereits die ersten Lager zur Überprüfung und Registrierung errichten.

Feric hatte sich entschlossen, die Vorhut der Heeresgruppe Süd selbst nach Borgravia hineinzuführen und diese Senkgrube zu säubern, bis Gormond erreicht und dem Erdboden gleichgemacht wäre; dies ebenso aus persönlichen Gründen wie aus Erwägungen der allgemeinen Moral. Er konnte sich kaum etwas vorstellen, was ihn mehr erfreuen würde als der Anblick der elenden borgravischen Hauptstadt, in der er seine Jugend vergeudet hatte, wie sie in Flammen aufging und dem Erdboden gleichgemacht wurde.

Best sah fast alle dreißig Sekunden auf die Uhr. Dann war es endlich soweit, daß er den Panzermotor starten konnte. Er wandte den Kopf mit jungenhaftem Grinsen zu Feric und sagte: »Es ist Zeit, mein Führer.«

Mit einem Lächeln über Bests jugendlichen Enthusiasmus schaltete Feric das Funkgerät ein und erteilte der Vorhut den Angriffsbefehl. Abrupt belebte sich die Nacht mit dem stotternden Donnern von hundertfünfzig spuckenden, anspringenden und blubbernden Panzermotoren. Das machtvolle Vibrieren der Maschine, das sich dem ganzen Panzer mitteilte, durchdrang Ferics Wesen mit erwartungsvoller Erregung, als wäre es mitreißende Marschmusik. Er verriegelte das Turmluk über seinem Kopf, schnallte sich an und nickte Best zu. »Vorwärts!«

Erdbrocken und Grasbüschel unter den massiven Stahlketten zermahlend, rumpelte der Panzer von der Lichtung, die als Bereitstellungsraum gedient hatte. Während Best allmählich beschleunigte, spähte Feric durch sein Periskop zurück und sah einen breiten Strom von Panzern, die sich zur Marschkolonne formierten, während sie über die Lichtung und auf die Straße brandeten, die zur Furt über die Ulm führte. Die motorisierten Verbände sollten nach dem Plan erst zwei Stunden später der gepanzerten Vorhut folgen.