Feric vermochte nicht wirklich ärgerlich zu sein. Wer konnte anders als frohlocken, wenn er die letzte Bastion des gefährlichsten Feindes der wahren Menschheit in Flammen aufgehen sah? Neben der großen Freude und Genugtuung, die jeder wahre Mensch bei diesem Anblick empfinden mußte, war seine Enttäuschung, nicht in der Lage zu sein, den letzten Dominator auf Erden eigenhändig zu töten, schließlich eine triviale Angelegenheit.
Die Feuersbrunst über der Stadt schien plötzlich zuzunehmen. Die ausgedehnten Flächenbrände, die Bora verzehrten, schienen auf einmal in einem enorm auflodernden Feuer zu verschmelzen, das sich über der Mitte der Stadt zu erheben schien und dem auszuweichen, die Kampfflugzeuge sich beeilten. Dieser wilde Feuerschein schwebte einen langen, grellen Augenblick über der zum Untergang verurteilten Stadt; dann stieg er aufwärts, als suche er seinen rechtmäßigen Platz im Himmel wiederzugewinnen. Unter ihm hob sich eine enorme Feuersäule von wenigstens eineinhalb Kilometern Durchmesser empor, genährt von den Flächenbränden ringsum, die sich wie unter einem furchtbaren Luftzug nach innen orientierten. Erstaunlicherweise blieb diese Feuersäule stabil, als der Wagen weiterrollte,
»Unsere Flugzeuge haben einen Feuersturm ausgelöst!« rief Waffing aus. »Unsere Wissenschaftler sagten eine solche Möglichkeit voraus — daß, wenn die Brände einen bestimmten Umfang annehmen, von allen Seiten Frischluft angesogen wird, die schließlich Orkangeschwindigkeit erreicht und das Feuer weiter anfacht, bis es sich zu einem einzigen Brandherd vereint, dessen erhitzte Abluft wie durch einen Schornstein in die Wolken geblasen wird. Bisher kam mir das ziemlich theoretisch und unwahrscheinlich vor.«
»Es sieht wie das Feuer der Alten aus«, flüsterte Bogel.
Waffing nickte. »Es ist das Zweitbeste«, sagte er.
»Für mich hat der Anblick eine schreckliche Schönheit«, sagte Remler mit leuchtenden Augen. Er tat einen Trunk aus seinem Bierkrug, ohne den Blick von der gigantischen Feuersäule zu wenden, die gelbe und orangerote Glut himmelwärts schleuderte.
Feric konnte gut verstehen, wie der SS-Kommandeur empfand. In ihm selbst löste der Anblick des Feuersturms zwei verschiedene Reaktionen aus, die beide angenehm waren: die patriotische und die ästhetische. Die totale Zerstörung des letzten Widerstandsnestes gegen die Herrschaft Heldons über die bewohnbare Welt in einem reinigenden Inferno aus Feuer und Glut war etwas, das das Herz eines wahren Menschen nur höher schlagen lassen konnte. Zugleich ließ das abstrakte Schauspiel dieser prachtvollen, unglaublich großen Feuerfontäne, die das ganze umliegende Land in orangefarbenes Licht tauchte, eine Saite seines ästhetischen Empfindens anklingen. So nahm er den Feuersturm über Bora als ein wahres und großes Kunstwerk wahr: edel und erhebend in seiner inneren Bedeutung für den wahren menschlichen Geist, und ästhetisch anregend in Stil und Form. Nur eine Kleinigkeit fehlte, und man konnte ein visuelles Epos daraus schaffen, das das Volk von Heldon begeistern und diesen Gipfelpunkt der Menschheitsgeschichte für alle Zeiten unsterblich machen würde.
»Bogel, haben Sie Flugzeuge mit Filmkameras über Bora?« »Selbstverständlich, mein Führer! Was wäre ich für ein Minister für Volksaufklärung, wenn ich mir die Gelegenheit entgehen ließe, den Höhepunkt der Menschheitsgeschichte zu filmen? In diesem Augenblick haben wir Fernseh-Direktübertragungen zu jedem öffentlichen Platz in Heldon! Gleichzeitig wird das Schauspiel natürlich für die Nachwelt festgehalten.«
»Sehr gut, Bogel. Ich werde Ihren Kameras etwas geben, was der Würde und Bedeutung des Augenblicks angemessen ist und zugleich das Auge erfreuen wird!«
Feric beschloß, das Schauspiel gemeinsam mit Bogel von einem kamerabestückten Flugzeug aus zu betrachten, denn dies würde der bestmögliche Aussichtspunkt sein, um das Kunstwerk zu betrachten, das er geschaffen hatte; außerdem sollte diese Draufsicht das Bild zeigen, welches für alle Zeit in Geschichte und Überlieferung der wahren Menschheit eingebrannt bleiben würde.
Die Maschine schraubte sich in schwindelerregenden Spiralen aufwärts, hoch über die Feuersäule hinaus, was Feric kein geringes Unbehagen verursachte und Bogels Gesicht zu einer krankhaft grünlichen Farbe verhalf. Endlich erreichte die Maschine eine Höhe von annähernd dreitausend Metern, ging in Geradeausflug über und begann den Feuersturm zu umkreisen, die Kameras auf das Schauspiel tief unter ihnen gerichtet.
Feric hatte Motorradabteilungen der SS, Panzerverbände und Infanterieeinheiten in Schützenpanzern in einer riesenhaften Hakenkreuzformation um die im Feuersturm brennende Stadt antreten lassen. Aus dieser gewaltigen Höhe bot sich ein atemberaubender Anblick: ein metallisch schimmerndes Hakenkreuz mit kilometerlangen Achsen, angeordnet um einen Feuerkreis, aus dem sich die Flammensäule zum Himmel erhob und ihren orangegelben Widerschein vom schwarzbrünierten Metall der massierten Militärfahrzeuge blitzen ließ.
»Ein schöner Anblick, mein Führer«, sagte Bogel andächtig. Feric schaltete sein Mikrophon ein, um Waffing, der die Schaustellung an Ort und Stelle lenkte und überwachte, die letzten Anweisungen zu geben. »Wir sind noch nicht ganz fertig«, sagte er zu Bogel. Dann erteilte er den angetretenen Truppenteilen Marschbefehl.
Tief unter ihnen begann das schimmernde schwarze Hakenkreuz langsam um die Mittelachse der Feuersäule zu rotieren. Eine riesige Armee, formiert zum geheiligten Emblem der Rasse, führte einen Triumphzug um die brennende Hauptstadt des letzten Feindes der wahren Menschheit aus.
»Feuer!«
Von dem riesigen, die Brandstätte umkreisenden Hakenkreuz eruptierten Blitz und Rauch, als alle Kanonen gleichzeitig das Feuer eröffneten und alle Handfeuerwaffen Lichterketten von Leuchtspurmunition verschossen, alles einwärts gerichtet, um den im Herzen des großen Schauspiels tobenden Feuersturm zu nähren.
Nun war die unglaubliche Inszenierung des Triumphes vollständig und der höchste Ruhm dieser Stunde angemessen begangen. In der Tiefe drehte sich ein Hakenkreuz aus Rauch und Feuer majestätisch langsam um den Scheiterhaufen der Dominatormutation, und in einem erweiterten Sinne jeder großen oder kleinen Entwürdigung des menschlichen Genreservoirs. Das ungeheure funkelnde Hakenkreuz aus Zehntausenden von aufblitzenden Mündungsfeuern vor schimmerndem schwarzem Metall und seine feierliche Rotation um die Hunderte von Metern emporschießenden orangegelben Flammen bot einen Anblick, der allein mit seiner schieren Größe und physikalischen Schönheit die Seele anrührte. Aber die Symbolik erfreute eine noch edlere Ebene des menschlichen Geistes: das große kreisende Hakenkreuz aus Feuer und Metall war die für jedermann erkennbare Verkörperung von Idealismus und Macht; in gleicher Weise konnte niemand die gefangene Feuerfontäne für etwas anderes nehmen, als was sie war, der Scheiterhaufen von Zind. In dieser Weise symbolisierte das Schauspiel gleichermaßen vollkommen den Endsieg der Streitkräfte Heldons über die Verderbtheit von Zind und den tatsächlichen historischen Augenblick des Sieges ; einen Höhepunkt der Menschheitsgeschichte und die Feier dieses Ereignisses in einem großen Kunstwerk, alles in einem.
Tränen füllten Ferics Augen, als er dieses Schauspiel erblickte. Seine kühnsten Träume hatten sich erfüllt. Er hatte Heldon zum totalen Sieg geführt und das Fortleben des reinen menschlichen Genotyps für immer gesichert; bald würde das Zuchtwahlprogramm die Rasse der Helder in eine Rasse von Übermenschen fortentwickeln. Er hatte die Menschheit auf die Ebene ihrer früheren genetischen Reinheit emporgehoben und würde eines Tages die beispiellose Ehre haben, den nächsten Schritt in der menschlichen Evolution einzuleiten, dessen Ziel eine wahre Herrenrasse sein sollte. Kein Sterblicher konnte hoffen, Größeres zu leisten.