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»Was ist?« fragte Skudder.

»Die Rakete«, erklärte sie. »Sie ist eintausendfünfhundert Meter vor und ein Stück unter uns. Sie wird MacDonald nicht treffen, aber sie wird nah herankommen. Nah genug, um uns anzukündigen.«

»Wieso?«

»Wenn da unten irgend jemand den Himmel beobachtet und ein paar gute Detektoren besitzt, dann sieht er sie, sobald sie über den Horizont ist. Oder die seismischen Sensoren registrieren ihren Einschlag auf dem Boden.« Sie fluchte laut. »Das ist so, als würden wir anklopfen, bevor wir die Tür eintreten. Oder als würden wir eine große Leuchtreklame an den Himmel hängen.«

»Sie wissen sowieso, daß wir kommen«, versetzte Bender. »Denken Sie an das Moroni-Schiff, das uns abgefangen hat.«

»Sie wissen nicht, daß wir noch da sind«, erwiderte Charity mißmutig. »Dubois, machen Sie den Sprengkopf wieder scharf. Vielleicht ist uns das verdammte Ding wenigstens noch als Deckung nützlich oder als Ablenkung.«

»Verstanden.« Dubois löste sich von den Geräten. In diesem Moment erinnerte sich Charity an ihr Gesicht. »Noch vierzig Sekunden«, sagte die Frau, als Charity gerade ihren Mund öffnete. Im nächsten Moment schrillte ein neuer Alarm in ihren Ohren und übertönte ihren überraschten Aufschrei.

»Wir sind vom Radar erfaßt worden«, rief Bender. »Das ist MacDonald.«

Der Computer zeichnete die Umrisse der Basis auf die Mondkarte, nahe am Horizont. Die Mondoberfläche nahm inzwischen über die Hälfte des großen Bildschirms ein. Die HOME RUN passierte gerade in einhundert Kilometern Höhe eine Kratergruppe, deren größter Krater, wie sie sich flüchtig erinnerte, nach Ernst Mach benannt worden war. Ein blinkender Lichtfleck markierte den Standort der starken Radaranlage, die sie erfaßt hatte. Zwei weitere Lichtflecken erschienen, als weitere Radaranlagen aktiviert wurden. Eines der auf Empfang geschalteten Funkgeräte plärrte plötzlich mit einer wirren Tonfolge los, irgendeine Anforderung, die vermutlich nur ein Moroni verstehen konnte oder ein Computer. Wie hypnotisiert betrachtete sie die kurze, schnurgerade Markierung des großen Massetreibers, der ziemlich genau in ihre Richtung zeigte, während Bender die HOME RUN mit ständig sinkender Geschwindigkeit auf ihrer Fallkurve hielt. Im Funkkanal herrschte plötzlich Stille. Die Ortungsgeräte entdeckten neue Aktivität in dem Gebiet, das sie anflogen, Maschinen, die hochgefahren wurden, Energie erzeugen und sammelten, zweifellos, um sie unter Beschuß zu nehmen, solange sie noch ein deutlich sichtbares Ziel abgaben.

»Vielleicht doch ganz gut, daß wir auf den Überflug verzichten«, sagte sie zu Skudder, der anscheinend die Übersicht verloren hatte. »Verdammt viel los da unten.«

Die Höhe verringerte sich auf zwanzig Kilometer, die Entfernung betrug nur noch knapp zweihundert Kilometer. Die Warnung oder Aufforderung, die sie über Funk empfangen hatten, wurde wiederholt. Bender schaltete den Antrieb ab, und das tonnenschwere Gewicht, das gerade noch auf ihrer Brust gelastet hatte, verschwand von einem Augenblick auf den anderen. Ihr angespannter Körper katapultierte sich halb in den Gurten nach oben, ein Reflex, den sie nach all den Jahren immer noch nicht ganz abgelegt hatte. Die unsichtbaren Finger des Radars, die nach ihnen griffen, wurden kräftiger und länger, schossen sich ein, wie um den eigentlichen Schüssen den Weg zu bereiten.

Dubois ergriff ungewohnte Initiative und schaltete den Alarm aus, ganz ohne Aufforderung. Im nächsten Moment gellte ein weiterer Alarm.

»Kollisionswarnung«, rief Charity verblüfft. »Was soll das?«

Sie waren nur noch achtzig Kilometer vom Ziel entfernt, und der Himmel vor, über und hinter ihnen war vollkommen leergefegt. Dann erkannte Charity die gelbe Markierung, die ihnen entgegenkam.

»Entfernung sechzig Kilometer«, meldete Bender. »Teufel, ist der schnell.«

»Ich sehe keinen Antrieb«, schnappte Charity, die auf die Infrarotwiedergabe starrte. Der charakteristische Wärmeschweif eines eingeschalteten Rückstoßtriebwerks fehlte völlig. Trotz des verkürzten Winkels hätten sie irgend etwas sehen müssen.

»Da ist keiner. Wie haben die das Ding ohne Antrieb hochbekommen?« Bender schaltete um, und auf seinem Bildschirm erschien etwas, das wie die Umrißzeichnung eines Schuhkartons aussah.

»Was ist das überhaupt?«

»Erzcontainer«, antwortete Charity im selben Moment, in dem sie es erkannte. »Da kommt noch einer.« Ein zweiter Punkt bewegte sich hinter dem ersten. »Sie haben den Massetreiber in Betrieb genommen. Das sind Computer für aufbereitetes Uranerz, so ungefähr fünfzigtausend Bruttoregistertonnen pro Kiste.«

»Sieht so aus, als hätte Goliath dem David die Schleuder weggenommen«, spottete Skudder. »Allerdings, wenn die Moroni jetzt schon mit Steinen schmeißen, dann geht ihnen wohl langsam die Puste aus.«

»Wenn einer dieser Brocken trifft, steht ein wenig Asthma gegen unseren Tod«, erwiderte Charity. Tatsächlich war sie nicht ernsthaft besorgt. Die Container beschrieben eine vorgeplante Bahn, und sie konnten kaum manövrieren. Die Korrekturtriebwerke waren für langsame Drift über einen Zeitraum von Monaten gedacht. Ursprünglich waren diese Container für den Transport zur Orbit-Station und zu den geplanten L5-Basen im Raum zwischen Erde und Mond gedacht gewesen. »Vielleicht sind wir nur in eine Verladeoperation hineingeplatzt«, fügte sie hinzu, gerade als der erste Container explodierte. Der Blitz blendete nicht nur sie, und Bender, der über die Sichtkontrolle der Laserkanonen gebeugt gewesen war, schrie schmerzerfüllt auf.

»Sie haben ihn gesprengt«, rief Dubois, obwohl sie vermutlich auch nicht viel sehen konnte.

»O verdammt«, rief Charity und rieb sich die Augen. »Geben Sie Dekompressionsalarm, rasch.« Sie drehte den Kopf in die Richtung, in der sie die Bordsprechanlage vermutete. »Harris, die Helme zu. Zieht die Köpfe ein, Leute.« Was sie noch sagte, ging im dumpfen Grollen des Deko-Alarms unter. Ein weiterer Blitz leuchtete auf ihrer schmerzgepeinigten Netzhaut, und sie preßte hastig die Fäuste vor das Gesicht. »Das war der zweite Container«, rief jemand im allgemeinen Lärm. Etwas prasselte gegen die Außenhülle, wie ein Hagelschauer, die kleineren Trümmerstücke, die schneller waren. Charity griff nach hinten, nahm den Druckhelm von der Befestigung hinten am Sitz und schloß das Visier. Dann koppelte sie den Luftschlauch des Sitzes an. Ohne Tornister waren sie von den Bordsystemen abhängig, ein Umstand, der sich in den nächsten Minuten als verhängnisvoll erweisen mochte. Ein weiterer Blitz, der wieder den Strahlungsalarm auf den Plan rief. Wieder einmal fragte sie sich, wem das lähmende, infernalische Getöse verschiedener Alarmsirenen eigentlich nützen sollte. Sie konnten schließlich nicht mehr als einmal sterben. Der Hagelschauer ließ nach, gewann dann aber plötzlich wieder an Kraft. Vermutlich waren sie in die Trümmerwolke des zweiten Erzcontainers hineingeraten. Sie konnte schwach die Kontrollen erkennen und die sich vor den Lichtern hektisch bewegenden Silhouetten von Dubois und Bender, die halb blind versuchten, die HOME RUN von den Explosionen wegzudrehen. Ein vierter Blitz warf Schlagschatten in einen Teil des Schiffes, in dem sich niemand befand. Der Strahlungsmonitor zeigte ein furchterregendes Rot. Dann traf der erste große Brocken, und ein mörderischer Schlag schüttelte Menschen und Ausrüstung durcheinander wie Würfel in einem riesigen Becher. Der zweite Treffer war noch schlimmer als der erste. Durch den Lärm konnte Charity das grauenhaft pfeifende Geräusch entweichender Luft hören. Die Zentralachse brach knirschend auseinander, und die Brückenbefestigung gab unter der Wucht einer weiteren Kollision nach. Die Lichter gingen für zwei, drei Sekunden aus, und als sie wieder aufflackerten, explodierte unter Deck eine der Energiezellen in einer Wolke aus hellweißem Licht und pechschwarzem, öligem Rauch. Wieder kollidierte die HOME RUN mit einem Trümmerstück. Charity fühlte sich wie eine Fliege, die im Inneren einer riesigen, dröhnenden Glocke aus Gußeisen verzweifelt versuchte, Wänden und Glockenklöppel auszuweichen. Munitionsbehälter und Ausrüstungsgegenstände hatten sich in den Wandnischen gelöst und bewegten sich mit absurd geringer Geschwindigkeit majestätisch durch ihr Blickfeld.