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»Ich habe keine Lust, dieses Loch zu durchsuchen«, sagte Harris, und seine Stimme klang plötzlich ein wenig belegt.

»Ziemlich warm hier unten«, bemerkte Skudder gelassen. Die Metallwände reflektierten das Lampenlicht, und sein Gesicht wirkte vollkommen konzentriert.

»Stimmt«, sagte Charity. »Ich habe es nicht so warm in Erinnerung.«

»Die Maschinen laufen schon eine Weile«, versetzte Harris. »Vielleicht haben sich ein paar Streben verspannt.«

»Eine Verspannung macht nicht solche Geräusche«, erwiderte Charity. Kurz entschlossen stieß sie sich von der Decke ab und zog sich an einen der Durchstiege in die tiefergelegenen Zwischenräume heran. »Leuchtet mal hierher.«

Skudder folgte ihr. »Was ist da unten?«

»Energiespeicher«, erklärte Harris hinter ihnen. »Ich habe während der Umbauten gesehen, wie sie da unten herumgemacht haben. Diese Blasebälge hier sind neu, Teil der Luftversorgung, glaube ich.«

»Wie ist das, erwärmen sich Moroni-Energiespeicher, wenn man sie entlädt?« Charity warf Skudder einen Blick zu; der Indianer schüttelte stumm den Kopf.

»Keine Ahnung«, antwortete Harris überflüssigerweise.

»Schade«, sagte Charity.

»Wieso?«

»Weil wir jetzt nachsehen müssen«, stellte sie mit mehr Enthusiasmus fest, als sie empfand. »Gebt mir Deckung.« Sie wartete die Antwort nicht ab, sondern wand sich durch den engen Durchlaß. Mehrmals blieb sie an einem Vorsprung hängen. Irgendwie schaffte sie es, den Gedanken an eine plötzliche Bedrohung aus der Dunkelheit zu verdrängen.

Dann war sie auf der anderen Seite. »Du hast zu viele schlechte Filme gesehen«, murmelte sie.

»Was?« fragte Skudder besorgt.

»Nichts«, antwortete sie laut. »Sieh zu, daß du hinterherkommst.« Sie gestattete sich ein Grinsen. Tatsächlich schaffte er es rascher als sie und mit mehr Eleganz. Sie hatte sich kaum umsehen können, als er schon neben ihr war. Das Lampenlicht tanzt über ein paar Gebilde, die wie metergroße Korallenfächer aussahen, und ein paar großer Tanks, die in der Mitte des freien Raumes hingen.

»Die Energiezellen«, sagte Harris, der ihnen mühsam gefolgt war, und deutete auf die pilzförmigen Tanks. Charity näherte sich vorsichtig und berührte die Oberfläche mit der Hand.

»Angenehm kühl«, sagte sie. »Woher kommt diese verdammte Wärme?«

»Hier drüben«, sagte Skudder. Der Indianer kauerte über einer ineinander verwobenen Masse von mindestens zwei Dutzend dicken Schläuchen, die aussahen, als seien sie mit Spinnenweben bedeckt, und die sich zu einer Handvoll Blasen von bis zu einem halben Meter Durchmesser verdickten. Bei näherer Betrachtung erkannte sie, daß die Spinnweben feine Kapillaren waren, die die einzelnen Schläuche miteinander verbanden. Sie streckte die Hand aus. Die Stränge waren ekelerregend weich, und sie pulsierten unregelmäßig. Eine deutlich spürbare Hitze lag über den gummiartigen Windungen.

»Was ist das?« fragte sie angewidert.

»Ich weiß es nicht«, sagte Harris. »Vielleicht die Wasseraufbereitung.«

Der Gedanke ließ Übelkeit in ihr emporsteigen. »Noch andere Vorschläge?«

»Ich habe dieses Bauteil noch nie gesehen«, meinte Skudder. Er faßte ein unscheinbares, daumendickes Rohr, das hinter dem Schlauchgewirr senkrecht nach oben zog, und wollte sich näher heranziehen. Als sich seine Finger halb geschlossen hatten, schrie er unwillkürlich auf und zog hastig den Arm zurück.

»Verdammt«, sagte er verblüfft. »Das ist ja glühend heiß.«

Charity verkniff sich eine schadenfrohe Bemerkung. Vorsichtig streckte sie die Hand aus, berührte das Rohr aber nicht. Es war ein Gefühl wie bei einer heißen Herdplatte, die Hitze strahlte so stark, daß sie es spüren konnte. Plötzlich bemerkte sie, daß die Schläuche die unscheinbare Stange nirgendwo berührten. Es sah beinahe so aus, als sei das Gewebe zurückgewichen. Unwillkürlich zog sie sich in den freien Raum zurück. Die fünf großen Blasen, die traubenförmig in der großen Nische angeordnet waren, erinnerten sie an etwas.

»Hier sind noch zwei Stangen«, sagte Harris zwei Meter hinter ihr. »Die eine ist eiskalt, und die andere lauwarm.«

»Großartig«, murmelte Skudder undeutlich. »Warum habe immer ich soviel Glück.«

Charity ignorierte das Geplänkel. Sie starrte die großen Blasen an, die im Strahl von Skudders Scheinwerfer so wirkten, als sei das Material beinahe lichtdurchlässig. Die Behälterwände, die die Nische bildeten, waren aus mattschimmerndem Metall, dunkel und unregelmäßig, aber von ganz anderer Beschaffenheit als die weiche Masse, die zwischen ihnen angeklebt worden war. Sie sah sich um und entdeckte in zwei kleineren Nischen drei weitere Ballons.

»Ich weiß, was das ist«, sagte sie plötzlich. »Das sind Eier.«

»Moroni-Eier.« Harris fluchte laut. »Diese Idioten haben beim Umbau die verdammte Fracht übersehen.«

Skudder murmelte einen weiteren Fluch.

»Wie?« fragte Charity.

»Na, schau dich doch mal um.« Skudder breitete die Hände aus. »Wie willst du in diesem Chaos erkennen, was überhaupt hierher gehört? Das ganze Gerümpel gehört zum Antrieb oder vielleicht auch zur Heißwasserbereitung. Vielleicht haben sie die Eier für Batterien gehalten oder für Mikrowellenherde. Der Ort ist jedenfalls ideal. Hier haben sie es gemütlich warm und dunkel. Sollte mich nicht wundern, wenn wir bald ein paar Mäuler mehr zu stopfen haben.«

»Im wahrsten Sinne des Wortes«, murmelte Harris.

Charity dachte an das Nest in Köln zurück. Die Eier dort hatten anders ausgesehen, erinnerte sie sich.

»Und was machen wir jetzt?« fragte Skudder.

»Über Bord damit«, schlug Harris vor. Charity sah ihn scharf an, ohne daß er es bemerkte.

»Sehen Sie hier herüber«, sagte sie laut und deutete auf die andere Nische. »Und dort drüben. Da sind noch mehr, und vielleicht sind unten noch weitere Gäste untergebracht.«

»Mist«, lautete sein Kommentar.

»Wir werden Tage brauchen, bis wir das alles ausgeräumt haben.«

»In zwei Tagen sind wir in der Mondumlaufbahn«, versetzte sie. »Und ich habe keine Lust, mich in der Zwischenzeit mit irgendwelchen Sicherungen und Fallen auseinanderzusetzen.«

»Sicherungen?« fragte Skudder verständnislos.

»Den Moroni ist zuzutrauen, daß sie diese Eier in irgendwelche Schaltkreise eingebaut haben«, meinte Harris rasch.

»Und wer weiß, vielleicht gehören sie tatsächlich zu den Maschinen.«

Skudder nickte zögernd, während Charity wieder auf das bizarre Gelege blickte. »Aber wir können diese Dinger doch nicht einfach hier herumliegen lassen.«

»Warum nicht?« Sie näherte sich drei von den anderen Eiern und betrachtete sie aus der Nähe.

»Ja«, sekundierte Harris erleichtert. »Warum eigentlich nicht?«

»Was soll das heißen?«

»Ich habe keine Ahnung, wie kleine Moroni aussehen, Skudder, aber sie sind Kinder. Bestenfalls.«

»Verfressene, rauflustige Kinder«, schnappte Skudder. Sie sah ihn an. Er war ernsthaft wütend, und so brauchte er ein paar Sekunden, ehe er begriff.

»Im Moment sind es doch nur Eier«, sagte Harris aus sicherem Abstand. »Ich habe noch nie davon gehört, daß Eier jemandem etwas getan hätten.«

»Vielleicht«, erklärte Skudder besorgt.

Charity nickte. »Ich glaube auch, wir lassen lieber die Finger davon. Insekteneier sind eine heikle Angelegenheit, und im Moment behindern sie uns nicht.« Sie streckte die Hand aus. »Harris, geben Sie mir Ihre Lampe, und dann gehen Sie nach oben und sagen Dubois Bescheid, was los war. Sie sollen auf die Bildschirme schauen, und nicht auf diese verflixte Luke.«

Harris wirkte nicht besonders glücklich, aber warf gehorsam den Scheinwerfer in ihre Richtung. »Okay«, sagte er. »Ich schätze auch, die Moroni draußen sind gefährlicher als diese Brut hier.«