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Um nichts für dich selbst? Dein verwehendes Leben vielleicht? Wer den Mut hat, auf den Tod zu trinken, soll mit einem Kelch seines besten Weines belohnt werden!

Die Dunkelheit schien an ihm zu zerren. Krasus fiel das denken und Atmen schwer. Die Versuchung sich hin und her zu wälzen und die dargebotene, tröstende Decke des Vergessens entgegenzunehmen, wurde stärker.

Trotzdem zwang er sich zu einer Antwort. Sie. Ich bitte nur für sie.

Plötzlich fühlte er, wie er nach oben gezogen wurde zu einem Ort des Lichts und der Farben, wo er wieder atmen und denken konnte.

Bilder überfluteten ihn, Bilder, die nicht aus seinen eigenen, sondern aus den Träumen anderer stammten. Er sah die Wünsche und Sehnsüchte von Menschen, Zwergen, Elfen, sogar von Orks und Goblins. Er durchlitt ihre Albträume und genoss ihre süßen Gefühle. Die Bilder waren schier unendlich, doch sobald sie an ihm vorbei gezogen waren, stellte Krasus fest, dass er sich nicht mehr an sie erinnern konnte, so wie es ihm fast unmöglich war, sich seiner eigenen Träume zu entsinnen.

Inmitten dieser schwebenden Landschaft entstand eine weitere Vision. Während alle anderen wie Nebel verwehten, behielt diese ihre Form – mehr oder weniger – und wurde größer, bis sie weit über den kleinen Körper des Zauberers hinausragte.

Eine elegante, drachenhafte Gestalt, halb Wirklichkeit, halb Phantasie, spreizte ihre Flügel, als erwache sie gerade. Verwaschene Flecke in einem Grün, wie man es bei Anbruch der Nacht im Wald findet, bedeckten den Rumpf des Leviathan. Krasus sah auf, um dem Drachen in die Augen zu blicken, doch dieser hielt sie fest geschlossen, als schlafe er. Krasus zweifelte jedoch nicht daran, dass die Herrin der Träume ihn sehr wohl wahrnahm.

Ein solches Opfer verlange ich nicht von dir, Korialstrasz, denn du warst stets ein sehr interessanter Träumer …Die Mundwinkel des Drachen zuckten leicht. Ein sehr interessanter Träumer.

Krasus suchte nach einem sicheren Halt, nach irgendeinem Halt, aber der Boden um ihn herum blieb diffus, erschien beinahe flüssig, so dass er zum Schweben gezwungen war, was ihm nicht gefiel. Ich danke dir, Ysera.

Stets höflich, stets diplomatisch, selbst zu meinen Begleitern, die deine Wünsche in meinem Namen mehr als einmal abgelehnt haben.

Sie haben den Ernst der Lage nicht ganz verstanden, antwortete er.

Du meinst, ich habe ihn nicht verstanden. Ysera ließ sich zurücktreiben. Ihr Hals und ihre Flügel waberten, als spiegelten sie sich in einem plötzlich unruhig gewordenen See. Ihre Augenlider blieben geschlossen, aber ihr Gesicht war trotzdem zweifelsfrei auf den Eindringling in ihr Reich gerichtet. Es wird nicht einfach sein, deine geliebte Alexstrasza zu befreien und selbst ich kann nicht sagen, ob der Preis es wert ist. Wäre es nicht besser, die Welt ihren Weg gehen zu lassen? Wenn die Geberin des Lebens befreit werden sollte, würde es dann nicht ohnehin geschehen, auch ohne Einmischung?

Ihre Apathie – die Apathie ihrer drei Teilaspekte, die er besucht hatte – ließ brennenden Ärger im Geist des Magiers erwachen. Soll Deathwing wirklich am Ende des Weges stehen, den diese Welt geht? Genau das wird nämlich geschehen, wenn ihr euch alle nur zurücklehnt und träumt!

Die Schwingen falteten sich zusammen. Erwähne ihn nicht!

Krasus verstärkte sein Drängen. Warum nicht, Herrin der Träume? Beschert er dir etwa Albträume?

Obwohl die Lider immer noch geschlossen waren, erkannte er die Angst in Yseras Augen. Er ist jemand, dessen Träume ich nie wieder betreten werde. Er ist jemand, der schlafend noch schrecklicher ist als wach.

Der belagerte Zauberer versuchte nicht, das Gehörte zu verstehen. Ihn interessierte nur, dass keine dieser großen Mächte den Mut zusammen nehmen wollte, um sich gegen das Kommende zu stellen. Auch wenn sie wegen der Dämonenseele nicht mehr waren, was sie einst gewesen waren, verfügten sie doch immer noch über einen gewaltigen Einfluss. Und es blieb nicht nachvollziehbar, dass alle drei zu glauben schienen, das Zeitalter der Drachen sei vorbei oder die Welt es nicht wert, sich aus dem selbst gewählten Schlummer zu erheben.

Ich weiß, dass ihr, du und die deinen, noch immer auf die jüngeren Völker achtet. Ich weiß, dass du die Träume der Menschen, Elfen und …

Bis zu einem gewissen Grad, Korialstrasz! Es gibt selbst Grenzen für meinen Herrschaftsbereich.

Aber heißt das nicht, dass du die Welt noch nicht gänzlich aufgegeben hast? Anders als Malygos und Nozdormu verbirgst du dich nicht hinter Wahnsinn oder den Relikten vergangener Zeiten. Gibt es nicht auch Träume, die die Zukunft weisen?

Ebenso wie solche über die Vergangenheit, daran solltest du dich erinnern!

Das verschwommene Bild einer menschlichen Frau, die einen Säugling in den Armen hielt, trieb vorbei. Ein kurzer Blick auf einen kleinen Jungen, der epische Schlachten gegen die Ungeheuer seiner Phantasie kämpfte, flackerte auf und verschwand. Krasus achtete einen Moment auf die verschiedenen Träume, die sich um ihn herum bildeten und wieder vergingen. Es gab viele dunkle, doch ebenso viele, die hell und freundlich waren. So war es schon immer gewesen. Ein Gleichgewicht.

In seinem Geist jedoch brachten die ständige Gefangenschaft seiner Königin und Deathwings Drang, die Welt den jüngeren Völkern zu entreißen, dieses Gleichgewicht zum Kippen. Es würde keine weiteren Träume, keine Hoffnungen mehr geben, wenn beide Situationen nicht geklärt wurden.

Mit oder ohne deine Hilfe werde ich weitermachen, Ysera. Ich muss es tun!

Du kannst dies gerne tun … Die Traumgestalt des Drachen waberte.

Krasus wandte sich ab und ignorierte die verworrenen Bilder, die seine Bewegung hinterließ. Dann schicke mich entweder zurück oder stoße mich in den Abgrund! Vielleicht wäre es besser, wenn ich das Schicksal der Welt – und das meiner Königin – nicht miterleben müsste!

Er erwartete, dass Ysera ihn in die Arme des Vergessens schleudern würde, damit er nicht länger über das Thema Alexstrasza und die anderen, damit verbundenen Belange reden konnte. Stattdessen fühlte der Drachenmagier eine leichte, fast schon zärtliche Berührung an der Schulter.

Krasus drehte sich um und sah eine dünne, blasse Gestalt, die ihm schön, aber unwirklich erschien. Sie war in hellgrünen dünnen Stoff gehüllt, einen Schleier, der alles unterhalb ihres Gesichts verbarg. In mancherlei Hinsicht erinnerte sie ihn an seine Königin – und auch wieder nicht.

Die Augen der Frau waren geschlossen.

Armer, leidender Korialstrasz. Ihr Mund bewegte sich nicht, aber Krasus erkannte ihre Stimme. Yseras Stimme. Ein nachdenklicher Ausdruck lag auf ihrem blassen Gesicht. Du würdest alles für sie tun.

Er wusste nicht, weshalb sie sich die Mühe machte zu wiederholen, was sie beide wussten. Krasus wandte sich erneut von der Herrin der Träume ab und suchte nach einem Weg, um dieses unwirkliche Reich zu verlassen.

Geh noch nicht, Korialstrasz.

Und warum nicht?, fragte er, während er sich umdrehte.

Ysera starrte ihn an. Ihre Augen waren vollständig geöffnet. Krasus erstarrte, konnte nur in diese Augen blicken. Es waren die Augen von jedem, den er je gekannt, je geliebt hatte. Es waren Augen, die ihn kannten, die alles über ihn wussten. Sie waren blau, grün, rot, schwarz und golden – jede Farbe, die Augen haben konnten.

Es waren sogar seine eigenen.

Ich werde nachdenken über das, was du gesagt hast.

Er konnte ihr kaum glauben. Du wirst …?