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»Ja«, stimmte Nozdormu zu. »Ich freue mich darauf, diese lächerliche Behauptung zu widerlegen.«

Deathwing wurde von allen vier Elementarkräften gleichzeitig angegriffen. Er kämpfte nicht mehr gegen die Schatten seiner Rivalen – ein jeder von ihnen war ihm jetzt ebenbürtig, und alle zusammen waren sie ihm weit überlegen.

Malygos lenkte Wolken zu ihm, die seinen Rachen und seine Nase verstopften und ihm den Atem raubten. Nozdormu beschleunigte die Zeit für Deathwing, reduzierte die Stärke seines Gegners, indem er ihn Wochen, Monate und Jahre ohne Ruhe durchleiden ließ. Nach diesen Angriffen konnte dieser sich kaum noch verteidigen und so fiel es Ysera leicht, in seinen Geist einzudringen und die Gedanken auf seine schlimmsten Albträume zu lenken.

Erst dann erhob sich seine schlimmste Gegnerin, Alexstrasza, vor ihm. Der Blick, den sie Deathwing zuwarf, zeigte immer noch Mitleid. »Das Leben ist mein Aspekt, dunkler Herrscher, und ich kenne wie jede Mutter die Schmerzen und die Wunder, die es mit sich bringt. In den letzten Jahren musste ich zusehen, wie meine Kinder als Kriegswerkzeuge aufwuchsen und umgebracht wurden, sobald sie nutzlos oder unabhängig wurden. Ich habe in der Marter gelebt, dass viele starben, denen ich nicht helfen konnte.«

»Deine Worte bedeuten mir nichts!«, schrie Deathwing, während er vergeblich versuchte die Angriffe der anderen abzuwehren. »Nichts!«

»Nein, wahrscheinlich stimmt das … Und deshalb wirst du nun am eigenen Leibe erleben, was ich erlitten habe.«

Sie ließ es ihn spüren.

Gegen jeden anderen Angriff, sogar gegen Yseras Albträume, kannte Deathwing eine geeignete Methode der Verteidigung, aber gegen Alexstraszas Waffe war er hilflos. Sie griff ihn mit Schmerz an, aber es war ihr Schmerz. Sie griff ihn nicht mit einer Qual an, die er kannte, sondern mit dem Leid einer liebenden Mutter, die mit jedem Kind, das man ihr wegnahm und das man in etwas Schreckliches verwandelte, immer stärker litt.

Mit jedem Kind, das starb …

»Du wirst alles erleiden, was ich erlitten habe, dunkler Herrscher. Wir werden sehen, ob es dir dabei besser ergeht als mir.«

Aber Deathwing hatte keine Erfahrung mit solchem Leid. Es riss an ihm in einer Weise, wie es keine Kralle und kein Zahn vermochte. Es bohrte sich in sein tiefstes Inneres.

Der Schrecklichste aller Drachen schrie so entsetzt, wie nie ein Drache zuvor geschrien hatte.

Das rettete ihm vielleicht das Leben, denn die anderen waren so überrascht, dass sie ihre eigenen Zauber unterbrachen. Deathwing konnte sich endlich losreißen, drehte sich um und floh, so schnell er nur konnte. Sein ganzer Körper zitterte, und er brüllte immer noch, als er zwischen den Wolken verschwand.

»Wir dürfen ihn nicht entkommen lassen!«, rief Nozdormu.

»Wir müssen ihm folgen, folgen!«, stimmte Malygos zu.

»Einverstanden«, fügte die Herrin der Träume ruhig hinzu. Ysera sah Alexstrasza an, die überrascht von ihrer eigenen Macht, neben ihr schwebte. »Schwester?«

»Ja«, antwortete die rote Königin nickend. »Beeilt euch. Ich stoße gleich zu euch.«

»Ich verstehe.«

Die anderen drei Aspekte wandten sich ab und nahmen Geschwindigkeit auf, während sie dem Flüchtenden nacheilten.

Alexstrasza sah ihnen hinterher und hätte sich ihnen beinahe selbst angeschlossen. Trotz ihrer wiederhergestellten Kräfte wusste sie nicht, ob die Kräfte Deathwings Zerstörungswut endgültig ersticken konnten, aber er musste wenigstens gefangen werden. Doch es gab noch andere Angelegenheiten, denen sie sich zuerst widmen musste.

Die Drachenkönigin ließ ihren Blick über die Erde und den Himmel gleiten, bis sie den entdeckte, den sie gesucht hatte.

»Korialstrasz«, flüsterte sie. »Du warst also doch keiner von Yseras Träumen …«

Auf sich allein gestellt, hätten die Zwerge vielleicht ein anderes Schicksal erlitten. Sicherlich hätten sie eine Weile durchgehalten, aber die Orks waren nicht nur zahlenmäßig überlegen, sondern auch in einem besseren Zustand. Die Jahre des unterirdischen Lebens hatte Roms Männer in mancher Weise abgehärtet, in anderer jedoch geschwächt.

Deshalb war es gut, dass sie Verstärkung von einem Kriegszauberer, einer erfahrenen Elfen-Waldläuferin und einem ihrer wahnsinnigen Cousins auf einem Greifen mit messerscharfen Krallen und tückischem Schnabel bekommen hatten. Denn nach der Zerstörung der Dämonenseele hatte sich dieses Helfer-Trio zu den Hügelzwergen gesellt und die Wende in der Schlacht herbeigeführt.

Natürlich hatte auch der rote Drache das Seine beigetragen, indem er immer wieder über die Orks hergefallen war, wenn diese versuchten, Ordnung in ihre Reihen zu bringen.

Die Überreste von Grim Batols Ork-Streitkräften ergaben sich schließlich. Geschlagen knieten sie vor ihren Gegnern nieder und erwarteten den Tod. Rom, der den Arm in einer Schlinge trug, hätte ihnen das sicherlich gewährt, denn viele aus seinem Volk – unter anderem auch Gimmel – waren gefallen. Allerdings fügte sich der Anführer der Zwerge den Wünschen eines anderen – und wer ignorierte schon die Bitte eines Drachen?

»Sie werden nach Westen gebracht zu den Schiffen der Allianz, die sie in die vorbereiteten Enklaven bringen wird. Für heute ist genug gestorben worden, und im Norden Khaz Modans wird gewiss noch weiter gekämpft.« Korialstrasz sah sehr müde aus. »Ich habe in den zurückliegenden Stunden mehr als genug Blut gesehen.«

Als Rom versprach, sich an die Bitte des Leviathans zu halten, wandte dieser seine Aufmerksamkeit Rhonin zu.

»Ich werde niemandem die Wahrheit über Euch verraten, Krasus«, flüsterte der junge Zauberer, ohne danach gefragt worden zu sein. »Ich glaube, ich verstehe, warum Ihr so gehandelt habt.«

»Aber ich selbst werde mir meine Fehler nie vergeben. Ich hoffe nur, dass meine Königin Verständnis dafür aufbringt.« Dem Reptil gelang ein fast menschlich wirkendes Schulterzucken. »Was meinen Platz bei den Kirin Tor angeht, wird es darüber wohl unterschiedliche Meinungen geben. Zum einen weiß ich selbst nicht, ob ich bleiben möchte, zum anderen wird die Wahrheit über die Ereignisse zumindest teilweise ans Licht kommen. Sie werden erkennen, dass ich dich nicht nur auf eine Aufklärungsmission geschickt habe.«

»Und was geschieht jetzt?«

»Vieles, viel zu vieles. Die Horde hält noch immer Dun Algaz, aber das wird bald vorbei sein. Danach werden wir die Welt wieder aufbauen und hoffen, dass sie diese Chance nutzt.« Er machte eine Pause. »Darüber hinaus gibt es einige politische Konstellationen, die sich nach den heutigen Geschehnissen ändern müssen.« Korialstrasz betrachtete die kleinen Wesen vor sich mit spürbarem Unbehagen. »Und ich muss dir gestehen, dass mein Volk wohl mehr Schuld an den herrschenden Verhältnissen trägt als alle anderen.«

Rhonin wäre gerne weiter auf dieses Thema eingegangen, aber er erkannte, dass Korialstrasz keine weiteren Fragen beantworten würde. Seit der Zauberer erfahren hatte, dass sich Korialstrasz und Deathwing als Menschen getarnt hatten, zweifelte er nicht mehr daran, dass das uralte Volk sich nicht nur in die Geschicke der Menschen, sondern auch in die der Elfen und anderer Völker eingemischt hatte.

»Du hast dich sehr gut verhalten, Rhonin«, sagte der Drache. »Du warst schon immer ein ausgezeichneter Schüler.«

Die Unterhaltung fand ihr abruptes Ende, als ein riesiger Schatten über die Gruppe hinwegglitt. Für einen Augenblick befürchtete der Magier, Deathwing sei seinen Verfolgern entkommen und wolle sich nun an denen rächen, die seinen Niedergang verschuldet hatten.

Aber der Drache, der über ihnen schwebte, war nicht schwarz, sondern rot wie Korialstrasz.

»Der Dunkle flieht! Seine Bösartigkeit wurde vielleicht nicht ausgelöscht, aber doch erst einmal eingegrenzt!«

Korialstrasz schaute auf. In seiner Stimme lag Sehnsucht. »Meine Königin …«

»Ich hatte geglaubt, du seiest tot«, sagte Alexstrasza zu ihrem Begleiter. »Ich trauerte eine lange Zeit um dich.«