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Aber was war es dann?

Die Maschinen flogen sehr langsam in östliche Richtung an der Flammenwand entlang.

»Was tun die da?« fragte Cord. »Es sieht aus, als... suchten sie etwas.«

Kara begriff, was der Sinn dieser Demonstration war, noch bevor die beiden Libellen endgültig in der Luft still standen. Vor der lodernden Feuerwand wurden sie zu schwarzen Schemen, deren Konturen sich in den Tränen aufzulösen schienen, die das grelle Licht in Karas Augen trieb. Trotzdem erkannte sie einen dritten, viel größeren Schatten, der im Inneren der Feuerwand heranwuchs - und sie plötzlich durchbrach.

Es war nicht das erste Ungeheuer, das die Feuerbarriere überwand, aber wahrscheinlich bisher das größte - ein riesiges, gepanzertes Insektenwesen mit einem zweifach unterteilten Körper, der länger war als ein Haus, und mannsdicken, behaarten Beinen, unter deren stampfenden Schritten das Straßenpflaster zu Staub zerfiel. Das Feuer hatte eines seiner gewaltigen Facettenaugen geblendet, hier und da schwelte sein Panzer oder war von häßlichen Brandflecken bedeckt. Aber die Flammen hatten es nicht aufhalten können.

Die beiden Libellen hatten sich dem Ungeheuer bis auf dreißig oder vierzig Meter genähert. Der Kopf des Ungeheuers pendelte hin und her, als es versuchte, mit seinem einzigen verbliebenen Auge die beiden Angreifer zugleich zu beobachten.

»Was zum Teufel - ?« begann Gendik, und im gleichen Moment blitzte es grell unter den Köpfen der beiden Libellen auf. Eine Perlenkette aus Tausenden winziger giftgrüner Funken spannte sich für eine Sekunde zwischen den Libellen und der Dinosaurier-Ameise. Dann explodierte das Ungeheuer in einem grellen Blitz aus Flammen.

»Sie helfen uns?« murmelte Gendik. »Mein Gott, seht euch... seht euch das an - sie helfen uns!«

Kara warf ihm einen nachdenklichen Blick zu, schwieg aber ansonsten. Es machte im Grunde keinen Unterschied, ob die Verteidiger Schelfheims es nun mit einem Ungeheuer mehr oder weniger zu tun hatten. Und Gendik hatte nicht gesehen, was sie gesehen hatte auf der anderen Seite der Feuerbarriere. Aber der Sinn dieser Demonstration war so klar gewesen, daß sich jedes weitere Wort erübrigte.

Die beiden Libellen gewannen wieder an Höhe - und Kara war nicht überrascht, als sie nach einigen Augenblicken erkannte, daß sie direkt auf sie und die anderen zuhielten.

»Cord, Donay«, flüsterte sie, ohne die beiden bizarren Gebilde aus den Augen zu lassen. »Verschwindet! Tut, was ich gesagt habe!«

»Aber -«

»Auf der Stelle! Zurück zum Hort. Wenn hier... irgend etwas passiert, dann hat Aires das Kommando.«

Die beiden entfernten sich gehorsam, und noch bevor die Libellen herangekommen waren, hörte Kara ein mächtiges Rauschen; ein gewaltiger Schatten legte sich über sie und die anderen, als die beiden Drachen abhoben und sich nach Osten wandten.

Die Männer wichen zu einem Halbkreis vor der Klippe zurück, während die beiden Libellen aufsetzten und der Sturmwind der Rotoren in ihre Gesichter schlug. Auch Kara schloß die Augen und drehte das Gesicht weg, widerstand aber der Versuchung, wie die anderen zwei, drei Schritte zurückzuweichen, obwohl ihr die kreischenden Sturmböen den Atem nahmen. Erst als das infernalische Heulen ebenso wie der künstliche Orkan zu verebben begannen, wagte sie es, den Kopf wieder zu drehen und die beiden Maschinen anzublicken.

Selbst jetzt, als sie wußte, daß sie nichts weiter als Maschinen waren, hatte ihr Anblick nichts von seiner unheimlichen Wirkung verloren. Die riesigen Rotoren mit ihren scharfgeschliffenen Kanten drehten sich wie tödliche Messer, und die Läufe der gläsernen Waffen glichen den tödlichen Stacheln wirklicher Riesenlibellen.

Hinter ihnen begannen sich einige der Drachen unruhig zu bewegen. Kara war nicht sicher, ob es Zufall war, oder ob die Tiere tatsächlich die Fremdartigkeit dieser Maschinen spürten.

Sie verlängerte die Linie, die die Zwillingsläufe der beiden Geschütze bildeten, in Gedanken, und war nicht überrascht festzustellen, daß die Waffen auf die beiden am nächsten stehenden Drachen deuteten. Eine Sekunde lang fragte sie sich, ob diese beiden Maschinen allein wohl in der Lage waren, mit ihnen und ihren geflügelten Reittieren fertig zu werden. Noch vor zehn Minuten hätte sie diese Frage mit einem klaren Nein beantwortet. Aber dann dachte sie daran, mit welcher spielerischen Leichtigkeit die Libellen das Rieseninsekt vernichtet hatten. Entweder waren diese beiden Maschinen sehr viel besser bewaffnet als die, mit denen sie es bisher zu tun gehabt hatten, oder sie hatten die wahre Macht der Libellen bisher noch nicht zu spüren bekommen.

Die Rotoren der Maschinen kamen endgültig zur Ruhe, und im gleichen Moment verstummte auch das schrille Geräusch der Triebwerke. Kara überlegte, ob sie auf die beiden Libellen zugehen sollte, aber die Entscheidung wurde ihr abgenommen: Lautlos klappten die durchsichtigen Kugelköpfe der Maschinen nach oben, und zwei Männer stiegen ins Freie. Sie trugen eine dunkelblaue, einteilige Uniform, die mit Schwarz abgesetzt war, und mattsilberne Helme, deren getönte Glasvisiere ihre Gesichter zur Hälfte verbargen. Sie kletterten ohne jedes Zögern heraus. Offensichtlich fühlten sie sich sehr sicher - und warum auch nicht? dachte Kara bitter. Sie waren zwar nicht unverwundbar, aber im Besitz von Körpern, die sie nach Belieben austauschen und erneuern konnten. Plötzlich wurde ihr bewußt, daß sie einen einzigen, winzigen Trumpf in diesem ungleichen Spiel besaß. Das Wissen um die einzig verwundbare Stelle dieser unheimlichen Angreifer von den Sternen.

Und sie war sehr froh, daß außer ihr, Donay und Cord - die sich schon zehn Meilen entfernt auf dem Rückflug zum Drachenhort befanden - niemand hier um das Geheimnis der Blaugekleideten wußte.

Ihr fiel auf, daß die beiden Männer unbewaffnet waren. Die Halfter an ihren breiten Instrumentengürteln waren leer; eine Geste, die ziemlich bedeutungslos war - es hätte ihnen auch nicht viel genutzt, bewaffnet hierher zu kommen.

Sie überwand endlich ihre Erstarrung und wollte etwas sagen, aber wieder kamen ihr die Fremden zuvor. »Du bist Kara?« fragte der eine Mann sie und löste den Blick seiner hinter getöntem Glas verborgenen Augen von ihrem Gesicht, noch ehe sie antworten konnte. »Wer von euch ist Gendik? Ist er hier?«

Kara war sehr sicher, daß er Gendik ebenso zweifelsfrei erkannt hatte wie sie selbst. Sie glaubte, das Vorgehen der Fremden allmählich zu durchschauen. Nichts von dem, was sie taten, war Zufall. Ihre Art, sich zu bewegen, die Fragen, die sie stellten, selbst die Ausdrücke auf ihren Gesichtern. Und sie würde sich diese Erkenntnis zunutze machen. Es war immer gut, ein wenig unterschätzt zu werden. Sie würde nicht den Fehler begehen und die Idiotin spielen, aber sich ein wenig dümmer anstellen, als sie war.

»Ich bin Gendik«, antwortete Gendik und trat mit zwei schnellen Schritten neben Kara. Sie wandte den Kopf und konnte sehen, wie sich Angst und eine kaum unterdrückte Hoffnung auf seinem Gesicht einen stummen Zweikampf lieferten. Er versuchte, gelassen und so unbeeindruckt auszusehen, wie Kara ihn fast immer erlebt hatte, aber es gelang ihm nicht. Seine Hände zitterten zu sehr.

»Ich bin Gendik«, wiederholte Gendik. »Wer seid ihr? Ihr habt uns geholfen. Wieso -«

»Unser Kommandant wünscht Euch zu sprechen«, unterbrach ihn der Fremde in einem Ton, der so beiläufig war, als rede er über das Gebell eines Straßenköters hinweg. Er deutete auf die noch immer offenstehenden Kanzeln der beiden Libellenmaschinen. Gendik zögerte.

»Wir garantieren für freies Geleit«, fuhr der Fremde fort. Mit der anderen Hand deutete er zuerst auf seinen Kameraden, dann auf sich. »Wir beide werden im Austausch für dich und das Mädchen hierbleiben.«

Gendik war offensichtlich noch immer nicht überzeugt; vielleicht hatte er auch einfach nur Angst vor der fremdartigen, bizarren Maschine. Auch Karas Herz begann etwas schneller zu schlagen. Obwohl sie ganz genau wußte, wie dumm dieser Gedanke war, erinnerte sie der Anblick der aufgeklappten, durchsichtigen Halbkugeln an aufgerissene Mäuler, die nur darauf warteten, daß sie so dumm waren, auch noch von selbst hineinzumarschieren. Und trotzdem war sie es, die nach einigen Augenblicken als erste ihr Zögern überwand und mit langsamen, aber festen Schritten auf die beiden stählernen Kolosse zuzugehen begann.